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EU- Stabilitätsmechanismusgesetz: Interview mit dem Menschenrechtler Volker Reusing.

unser-politikblog.blogspot.de/…/sagt-es-allen-w…
Volker Reusing ist Kreisverositzender der ÖDP Bergisches Land.
Eine ältere Klage zur EU- Politik:
sites.google.com/site/euradevormwald/home

Interview mit Volker Reusing:

Radio Utopie:
Am 6. April 2012 habt ihr wiedermal mit einer Verfassungsklage das Bundesverfassungsgericht hochgescheucht.

Volker:
Hochgescheucht, wachgerüttelt, sofern das noch nötig war. Es ging diesmal darum, dieser Europäische Finanzierungsmechnismus enthält ja drei Stufen, Griechenlandhilfe war die Testversion, dann kam EFSM als EU- Verordnung, dann EFSF, das haben sie gemacht über eine Bank oder Zweckgesellschaft, wo sich die Staaten daran beteiligen und einen völkerrechtlichen Vertrag, den EFSF- Rahmenvertrag. Danach wollen sie dann den ESM als dritte Stufe machen als eigene völkerrechtliche Organisation, wie EFSF, nur praktisch der Turbo, noch ein bisschen undemokratischer, noch unsozialer, noch teurer. Und uns geht es darum: Es gibt ein Gesetz, das heißt Stabilitätsmechanismusgesetz oder STABMACHGE und dieses Gesetz ist eingeführt worden im Mai 2010, im damaligen Gesetzblatt verkündet worden, wir haben damals am 29. Mai schon dagegen geklagt. Es haben auch andere geklagt, z.B. Dr. Gauweiler, Professor Schachtschneider. Die haben damals geltend gemacht, der Bundestag muss mehr beteiligt werden und man darf da nicht so viel Geld hingeben. Da hat das Verfassungsgericht schon mal gesagt, damals wäre es noch nicht so viel Geld gewesen und es hat auch klar gemacht, da muss mehr Beteiligungsrecht in das Gesetz rein. Das war ein Urteil zum Pilotverfahren am 7. 9.2011. Dann ist man hergegangen und hat das Gesetz geändert, durch den Bundestag und den Bundesrat geschickt und das ist am 9.10.2011 verkündet worden. Es wurden da einige Verbesserungen aber auch Verschlimmbesserungen eingebaut.

Radio Utopie:
Welche da wären?

Volker:
Die Verbesserungen: Einige der grundlegensten Dinge müssen durch den Bundestag entschieden werden, dass kann die Regierung nicht auf der Ebene dieses ESFM Grundlage des völkerrchtlichen Vertrages EFSF- Rahmenvertrag alleine machen oder die Vertreter der Regierung, das ist zum Beispiel wenn man den EFSF- Rahmenvertrag ändert, muss da zugestimmt werden, dass muss der Bundestag machen, das Plenum wohlgemerkt. Das Plenum muss auch machen, wenn da Finanzhilfen an ein Land vergeben werden und einige Grundlegende Dinge mehr. Einen Teil muss der Haushaltsausschuss zustimmen. Das Plenum sind akut 620 Leute, Haushaltsausschuss 41. Und man hat ein Sondergremium geschaffen, das sind nur 9 Leute. Dagegen haben im Oktober 2011 zwei SPD- Abgeordnete geklagt und haben fast vollständig Recht bekommen damit, dass das Sondergremium nicht sein darf, dass da auf nur 9 Leute viele Entscheidungen hin deligieren darf. Das wäre ein intransparentes Sondergremium im Vergleich zu einen Haushaltsausschuss oder dem Plenum des Bundestages, die wesentlich transparenter sind. Und jetzt hat das Verfassungsgericht am 28.02.2011 entschieden und jetzt am 29.03.2012 haben die einen Gesetzentwurf gemacht, um das Ganze wieder zu ändern.

Radio Utopie:
Wer hat das gemacht?

Volker:
Beim Bundestag war das auf der Tagesordnung. Ich weiß jetzt nicht genau, ob es von der Regierung oder den Fraktionen kommt. Es ist eine Verbesserung. Nur, uns ging es darum, sie haben damals außer dem Sondergremium eine weitere Verschlimmerung eingebaut, nämlich §3 Absatz 2 Nr. 3 dieses STABMACHGE und es enthält nicht nur das für die Zustimmung zu Änderungen des EFSF- Rahmenvertrages der Bundestag zuständig ist, sondern auch, dass man da per einfachen Beschluss zustimmen darf. Das ist ein riesiger Unterschied, ob man ein Gesetz dafür braucht, oder ob man ein Gesetz macht, was ermöglicht, einen intransparenten Beschluss zuzustimmen.

Radio Utopie:
Und dieses Gesetz, dieses Stabilisierungsmechanismusgesetz, indem also dieser kleine typische Fangarm eingebaut wurde von Regierungen und Fraktionen – man weiß ja das ist mittlerweile alles das Gleiche – das geschah am 28. September 2011?

Volker:
Ich glaube, das ist eingebracht vom Bundestag am 29.9., Bundesrat am 30.09., beschlossen am 9.10.2011 verkündet. Da es kein Zustimmungsgesetz selber ist, konnte man ja nach Verkündung klagen. Nur, wenn jetzt die zweite Änderung beschlossen wird, können wir nicht mehr von der Form her wirksam klagen gegen das, was bei der ersten Änderung rein kam. Und dieser Intransparente Beschluss, man weiß nicht, ob ein einfacher Beschluss auf der Tagesordnung des Bundestages erscheint, so dass mögliche Verfassungskläger vorher Bescheid wissen, man weiß nicht, ob der Bundespräsident bei einem Beschluss – anders als bei einem Gesetz – dann vorher, bevor es verkündet würde, dies juristisch zu prüfen hat und prüfen darf und das dem Verfassungsgericht vorlegen darf oder auch muss, wenn der die Verfassungsmäßigkeit bezweifelt. Dann ist dieser Beschluss nur im Bundestag und nicht im Bundesrat - werdenn da nicht die Rechte der Länder übergangen? Bei Zustimmungsgesetzen, die auch die Länder berühren, müssen Bundestag und Bundesrat ran. Und wird es überhaupt im Gesetzblatt verkündet oder kriegt man es erst mit, wenn die Veränderungen ratifiziert ist? Das hat bei uns auch dazu geführt, moment mal, dieses STBMACHGE ist kein Zustimmungsgesetz. Deutschland hat diesen ganzen Rahmenvertrag überhaupt nicht zugestimmt, es hat nur diesem Gesetz die Ermächtigung gegeben zu riesigen Bürgschaften, damit die Gläubiger anderer Staaten pünktlich bezahlt werden und damit die Staaten ganz viel Auflagen kriegen für Sozialabbau und hat aber selber nicht zugestimmt mit diesem Gesetz, sondern versucht, an Artikel 59 Absatz 2 Grundgesetz, der eindeutig die Gesetzesform dafür vorschreibt, vorbei einen Beschluss zu machen, dass die Leute es nicht mitkriegen.

Radio Utopie:
Darf ich nochmal zusammenfassen: Es geht also um im Stabilisierungsmechanismus STABMECH- Gesetz eingebaute quasi- Ermächtigungen, eine Selbstermächtigung, einen Automatismus der immer wieder die gesetzgebungskompetenz, festgeschrieben im Artikel 59 Grundgesetz des Bundestages zu umgehen.

Volker:
Nicht des Bundestages, der Bundestag würde schon da zustimmen, aber der Bundesrat wird umgangen und der Bundespräsident wahrscheinlich und die Öffentlichkeit wird nicht rechtzeitig informiert. Es ist so, bei Zustimmungsgesetzen zu internationalen Verträgen oder Änderungen von denen kann man normaler Weise klagen, wenn beide Parlamentskammern zugestimmt haben, Bundestag und Bundesrat, aber nur vor Verkündung. Hier weiß man gar nicht, findet die Verkündung statt? Und wenn die Verkündung stattfindet und es an den gleichen Maßstäben zu messen ist, wie bei Gesetzen, ist es bei Verkündigung des Gesetzes bereits zu spät, zu klagen. Deshalb verstößt das nach unserer Rechtsauffassung nicht nur gegen Artikel 59 Absatz 2 Grundgesetz, was ja eher abstraktes Verfassungsrecht ist – da kann ein einzelner ja nur dann gegen klagen, wenn gleichzeitig Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte verletzt sind – sondern auch gegen das grundrechtsgleiche Wahlrecht – hier werden wir ja auch als Wähler bei Landtagswahlen völlig ausgehebelt, weil Bundesrat nichts mehr zu sagen hat – und es verstößt auch dagegen, wir kriegen es ja gar nicht mit was da gemacht wird – wenn das ein intransparenter Beschluss ist, aber die heftigste Verletzung ist vor allem gegen die Rechtsweggarantie: Die Wollen den Sachen zustimmen können, ohne das einer dagegen klagen kann, Artikel 19 Absatz 4 Grundgesetz, und der Wernike- Kommentar nennt doch gerade Artzikel 19 Absatz 4 Grundgesetz die Königin unter den Grundrechten und in einer Randnummer des Lissabonurteils steht, dass die Rechtsweggarantie in der Rechtsstaatlichkeit wurzelt und sowohl Demokratie als auch Rechtsstaatlichkeit sind nach Randnummer 216 und 217 des Lissabonurteils unantastbar, wie die Menschenwürde.

Radio Utopie:
Sehe ich das richtig, gehört die auch im Urteil zum Vertrag von Lissabon zu den festgezurrten, nicht verhandelbaren Grundrechten und der Verfassungsidentität, die Beteiligung der Länder?

Volker:
Der Föderalismus als solcher ist auch unantastbar. Da gibt es auch die Gesetzgebung, die sagt, wenn es die Länderinteressen berührt und Bundesgesetzgebung ist und Bundesgesetzgebung ist ja auch die Zustimmung zu völkerrechtlichen Verträgen, dann muss der Bundesrat mit ran. Als Landtagswähler wird man da auch ausgehebelt. Das schlimmste ist aber, auch die Tragweite dessen, die wollen den EFSF, die zweite Stufe im Euro- Rettungsschirm wollen sie umbauen können in einen Ersatz- ESM, wenn der ESM abgelehnt wird. Dieser EFSF- Rahmenvertrag enthält in Artikel 10 Absatz 5 Buchstabe C die Möglichkeit, EFSF zeitlich zu verlängern und alle Vorschriften von EFSF zu ändern. Und darauf passt dieser §3 Absatz 2 Nummer 3 , der Bundestag muss zustimmen, aber nur per Beschluss, damit das Volk das bloß nicht mitkriegt und Verfassungskläger. Und die können das umgestalten wie sie wollen, wenn die Mehrheit des Bundestages mitspielt, wenn das Verfasungsgericht dann klagen zum ESM ablehnt und dann kommen die einfach und ändern den EFSF- Rahmenvertrag, gestalten den genau so um, wie den ESM, ohne das rechtzeitig jemand das mit einer Verfassungsklage dass verhindern kann. Und deswegen haben wir gesagt, wir müssen jetzt klagen, dass dieser Beschluss nicht gefällt wird. Und sollte er schon gefällt worden sein, dann muss da jetzt sichtbar gemacht werden, denn wir haben Antrag auf einstweilige Anordnung gestellt. Das ist es was wir zu allererst erreichen wollen, einstweilige Anordnung, diese Beschlussmöglichkeit zu untersagen. Es gibt da etwas, Barosso hat gesagt, am 28.09.2011 in der Rede vorm Europaparlament, der EFSF- Rahmenvertrag ist ratifizierungsbedürftig, und – das findet man auch wenn sich anschaut wie die Anlage 3 zum EFSF- Rahmenvertrag gestaltet ist – wie im Formular, wo man ganz klar ratifiziert mit ausdrückt, wenn man das einschickt, nachdem das Parlament …