Ich bin selber Psychotherapeut und bin von diesem Buch begeistert. Selten habe ich ein Buch über die Paarbeziehung gelesen, das so modern und fundiert ist wie das vom Wiener Psychiater Raphael Bonelli. Bonelli schafft den schweren Spagat zwischen Lesbarkeit und Wissenschaftlichkeit und ist auch ob seines Humors mit Paul Watzlawick verglichen worden.
Im ersten Teil interpretiert er Freud mit der Verdrängung und dem Unbewussten auf eine originelle, neurowissenschaftliche Weise ganz neu und holt ihn somit direkt in das 21. Jahrhundert. Eine Vielzahl von grundlegenden Studien über das Sexualverhalten, die Attraktivität und die somatische, emotionale und kognitive Verschiedenheit schafft er zu einem leicht lesbarem Ganzen zu verknüpfen.
Im zweiten Teil analysiert er die Irrungen und Wirrungen des 19. Und 20. Jahrhunderts mit Biologismus und Genderismus, denen der Mediziner Bonelli beiden eine gewisse Geltung einräumt, ihnen andererseits klar und wissenschaftlich-objektiv widerspricht und gekonnt die Synthese zwischen den beiden herleitet, zu der es im 21. Jahrhundert kommt: die Gender-Medizin. Außerdem entwickelt er aufgrund naturwissenschaftlicher Studien ansatzlos das männliche und weibliche Unbewusste, ohne in Stereotypen und dümmlichen Rollenbildern steckenzubleiben. Meisterhaft arbeitet er schließlich die starke gegenseitige Bezogenheit und Ergänzungsbedürftigkeit heraus.
Der dritte Teil ist psychotherapeutisch der eigentliche Hammer. Bonelli entwickelt aus Teil 1 und Teil 2 die „vier Liebestöter“, die alle aus einer Verdrängung hervorkommen. Entweder die Verdrängung der eigenen Ergänzungsbedürftigkeit, andererseits die Verdrängung der eigenen Talente und Fähigkeiten (als Mann oder Frau). Die Fallbeispiele sind so anschaulich, dass man nur gratulieren kann. Im letzten Kapitel löst er die Spannung auf: Eros – die kurzfristige, begehrende Liebe – kann nur dort überleben, wo ihm Agape – die langfristige, schenkende Liebe – zur Seite gestellt wird. Und das gelingt, wenn sich die Geschlechter auf Augenhöhe begegnen, den anderen in seiner Andersartigkeit respektieren und die eigenen Bedürftigkeit wahrnehmen lernen. Bonelli endet bezeichnenderweise mit einem Freud-Zitat: das Es muss Ich werden. Das bedeutet, dass echtes Selbstbewusstsein Beziehung erst möglich macht.
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Produktbeschreibung des Verlags
Psychiater haben eine faszinierende Perspektive auf den Menschen. Sie blicken auch ganz anders auf die Beziehung zwischen Mann und Frau als das strenge, fordernde und oft urteilende Auge der Öffentlichkeit. Raphael M. Bonelli zeigt an verschiedenen Fallgeschichten aus seiner Praxis warum das moderne Beziehungsleben zwischen den Geschlechtern so häufig in eine Schieflage gerät.
Fallbeispiel: Der Arsch mit dem Sex-Appeal
Frau Denise Ü. ist seit zehn Jahren mit dem gleichaltrigen Büroangestellten Michael zusammen. »Er ist ein sehr guter Mensch. Aber ich begehre ihn nicht mehr. Wir haben eine freundschaftliche Basis, aber ich will nicht mehr. Seit Monaten haben wir keinen Sex. Vor zehn Jahren war alles anders. Aber da waren wir auch 22. Wir haben keine Kinder – das habe ich immer hinausgezögert.«
Dann wird sie leiser: »Ich habe seit zwei Jahren eine Affäre mit meinem Ex-Freund Klaus. Der ist verheiratet und hat zwei Kinder, drei und fünf Jahre alt. Wir verstehen uns gar nicht, aber es gibt eine immense körperliche Anziehung: Er braucht mich nur anzufassen, und ich bin erregt. Was er alles mit mir macht, ist schlichtweg atemberaubend. Er hat mich total in der Hand.
Ich habe meinem Lebensgefährten gesagt, dass ich eine Auszeit brauche. Deswegen ist er vor drei Wochen zu seiner Schwester gezogen. Michael tut mir sehr leid. Er liebt mich sehr und ist zu allem bereit. Es fehlt mir, Dinge mit ihm gemeinsam zu unternehmen. Mit Klaus streite ich oft. Er ist ein richtiger Macho und seine Frau schluckt alles runter. Ich lasse mir das nicht gefallen. Wir haben deswegen schon öfter Schluss gemacht. Meine zwei besten Freundinnen habe ich eingeweiht: sie raten mir dringend von Klaus ab. Er ist ein Arsch – aber er hat Sex-Appeal. Leider …
Michael hingegen ist sehr wertschätzend. Ich kann mich nach zehn Jahren nicht beklagen. Aber er ist leider zu wenig männlich. Er kann nicht auf den Tisch hauen. Vielleicht brauche ich das. In unserer Partnerschaft bin ich die Dominante – ich sag, wo es lang geht. Das ist furchtbar. Seit zwei Tagen bin ich jetzt wieder von Klaus getrennt. Er ist nach zwei Wochen mit mir wieder zu seiner Frau zurückgegangen, angeblich weil seine Kinder fragen, wann er wiederkommt. Er sagt, er braucht noch Zeit.
Er hat mich schon so verletzt: wie er mit mir redet, wie er mit mir umgeht. Das ist respektlos. Er ist ein unglaublich negativer und unglücklicher Mensch. Er unternimmt nie etwas mit seiner Frau, ist immer alleine unterwegs. Mit Michael habe ich im Grunde ein Superleben, es fehlt uns nur mehr ein Kind. Viele Freunde beneiden uns wegen unserer harmonischen Beziehung.«
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Spitzenbewertungen aus Deutschland
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Rezension aus Deutschland vom 30. November 2020
Rezension aus Deutschland vom 21. September 2018
Rezension aus Deutschland vom 9. April 2022
Rezension aus Deutschland vom 30. August 2020
