Das Facebook-Dilemma

19. Januar 2015


Das Facebook-Dilemma besteht – kurz gesagt – darin: Ein Wirrkopf stellt eine krude Behauptung auf. Das haben Wirrköpfe so an sich, das ist völlig in Ordnung. Es gibt dann genau zwei Möglichkeiten – entweder, man geht auf die krude Behauptung ein, oder, man lässt sie stehen. Und schon befinden wir uns mitten im Dilemma: Lässt man die krude Behauptung stehen, dann könnte man bei Dritten den Eindruck erwecken, man stimme ihr zu. Das geht nicht. Also geht man darauf ein und widerlegt sie. Das kostet einige Zeit und Mühe.

Jetzt ist der Wirrkopf jedoch in seinem eigentlichen Element, weil er (endlich?) mal ernst genommen wird. Er schmeißt kurzerhand fünf andere krude Behauptungen in den Raum, die man dann auch Punkt für Punkt widerlegen muss – aussteigen geht nicht, denn dann entstünde erst Recht der Eindruck, man stimme ab der zweiten kruden Behauptung tatsächlich zu, denn warum sonst widerlegt man sie nicht ebenso? Hm? Na, bitte!

Die Folge: Man ist eine Weile beschäftigt. Und jetzt kommt das eigentliche Problem, welches dem Eingangs erwähnten Dilemma zusätzliche Brisanz verleiht: In der Zeit, in der man sich eine gut recherchierte Antwort überlegt, kann jeder durchschnittliche Wirrkopf zwei krude Behauptungen aufstellen. Wirrköpfe mit Sendungsbewusstsein schaffen sogar drei, Wirrköpfe, die im Namen einer überlegenen Vernunft krude Behauptungen aufstellen, bis zu 17.

Also: Irgendwann kann man nicht mehr mithalten. Dann erklimmt man eine weitere Stufe des Facebook-Dilemmas: Aussteigen (und damit – in den Augen der Wirrköpfe – als Verlierer gelten) oder mit ebenso kruden Behauptungen aufwarten (und damit genau das mitproduzieren, was eine typische Facebook-Debatte ausmacht: eine Abfolge kruder Behauptungen zu sein). Im ersten Fall sind die Wirrköpfe qualitativ, im zweiten Fall quantitativ gestärkt.

Fazit: 1. Wirrköpfe sind im Facebook eindeutig im Vorteil. 2. Ihnen allein gehört die Zukunft. Im Facebook. Nur im Facebook.

(Josef Bordat)

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