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Frankfurter Stadtdekan greift Papst Franziskus an

Pope Francis Leads A Meeting of Prayer With Families At St. Peter's Square Pope Francis Leads A Meeting of Prayer With Families At St. Peter's Square
Papst Franziskus Entscheidung zur Suspendierung des Limburger Bischofs zieht deutliche Kritik auf sich
Quelle: Getty Images/Franco Origlia
Johannes zu Eltz, der zum Limburger Domkapitel gehört, beanstandet die „merkwürdige Entscheidung“ von Franziskus im Fall Tebartz-van Elst. Denn in Limburg wolle man den Bischof nicht mehr sehen.

Der Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz, gleichzeitig Mitglied des Limburger Domkapitels, hat Papst Franziskus in einem vertraulichen Brief an seine Mitarbeiter kritisiert. In dem Schreiben, das der „Welt“ vorliegt, beanstandet zu Eltz, dass Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst nur von seinen Pflichten entbunden, aber nicht aus Limburg abberufen wurde. Wörtlich heißt es: „Am vergangenen Mittwoch hat der Papst eine merkwürdige und denkwürdige Entscheidung getroffen.“

Es ist das erste Mal, dass führende Amtsträger des Bistums den Vatikan offen kritisieren. Noch bei einer Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch hatten die Mitglieder des Domkapitels zwar berichtet, im Vorfeld nicht über die Entscheidung des Papstes informiert worden zu sein, sich ein Urteil dazu aber verkniffen. Nun verschärfen einige der Geistlichen, die Tebartz-van Elsts Rücktritt fordern, den Ton.

Zu Eltz schreibt, mit der Maßnahme, den Bischof erst einmal aus Limburg abzuziehen, habe dieser „in der Regierung des Bistums nichts zu melden“. Und weiter: „Die Ambivalenzen der Regelung deuten in meinen Augen darauf hin, dass der Kampf um den Kurs der Kirche in Deutschland, in dem unserem Bischof eine wichtige Rolle zugedacht war, noch nicht entschieden und noch nicht zu Ende ist.“

Ein neuer Bischof soll gewählt werden

Er gehe davon aus, dass man mehrheitlich seine Überzeugung teile, „dass es mit Franz-Peter Tebartz-van Elst im Bistum Limburg keinen Meter mehr weiter geht, und dass eine Rückkehr ins Bischofsamt deshalb überhaupt nicht infrage kommt. Ich werde alles, was in meinen Kräften steht, dafür tun, dass auch die Verantwortlichen in Rom das einsehen können, und dränge darauf, dass wir bald einen neuen Bischof von Limburg wählen dürfen, der uns vertraut und dem wir vertrauen können.“

Gleichwohl geht zu Eltz einen Schritt auf jene Gläubige und Kleriker im Bistum zu, die für eine Rückkehr von Tebartz-van Elst plädieren: „Mir liegt sehr daran, dass auch sie sich geachtet fühlen, ihre Meinung ungehindert äußern und für ihre Auffassung öffentlich werben dürfen.“ Am Ende des Briefs gibt der Frankfurter Stadtdekan einen Einblick in seine Gefühlswelt: „Ich selber fühle mich wie beim Erwachen nach einem Albtraum: zugleich erleichtert und zerschlagen.“

Keine „Frechheit“, den Papst zu kritisieren

Im Gespräch mit der „Welt“ rechtfertigte zu Eltz seine Kritik an Papst Franziskus: „Es ist keine Frechheit, Kritik am Papst anzubringen. Auch der Papst ist ein Mensch, der Fehler machen darf. Als merkwürdig erachte ich seine Unentschiedenheit. Er steht unter dem Druck streitender Parteien. Aber bei aller päpstlichen Väterlichkeit hätte ich mir gewünscht, dass er robuster und klarer agiert und sagt: Der Bischof wird nicht mehr zurückkommen.“

Die „objektive Schwierigkeit“, sich als Stadtdekan in dieser Sache so deutlich zu positionieren, erkennt auch zu Eltz selbst. Er sagte: „Mein Amt versteht sich so, dass ich über den Fraktionen stehe und nicht Partei ergreife. In diesem Fall muss ich mich aber positionieren. Den Gläubigen, die eine andere Meinung vertreten, kann ich sagen: Ich bin trotzdem für sie da.“

Zu Eltz und seine Mitstreiter aus dem Domkapitel fordern seit Anfang Oktober den Rücktritt Tebartz-van Elsts. Dabei geraten auch sie immer stärker in den Fokus. Das Domkapitel war es, das den Bau des Diözesanen Zentrums vor dem Amtsantritt des Bischofs genehmigte, obwohl es nicht dazu befugt war. Nun weisen sie jede Verantwortung von sich.

Ein Kleriker sagte der „Welt“: „Das Domkapitel nimmt sich zu wichtig. Es wählt zwar den Bischof, ist aber sonst nur ein Beratungsgremium. Und wenn ich der Meinung bin, dass sich jemand nicht beraten lässt, muss ich zurücktreten. Das ist nicht geschehen.“

Verantwortliche haben nicht gehandelt

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Hubertus Janssen, ehemaliger Sprecher von „Wir sind Kirche“ und pensionierter Limburger Pfarrer, kritisiert Tebartz-van Elst seit Jahren für seine Amtsführung. Er fordert seinen Rücktritt, sagte der „Welt“ aber auch: „Die Verantwortlichen in den unterschiedlichsten Gremien, haben es sträflich versäumt, rechtzeitig die Bremse zu ziehen.“

Und weiter: „Um neues Vertrauen im Bistum Limburg zurück zu gewinnen, braucht das Bistum nicht nur ein neues Gesicht, sondern mehrere neue Gesichter. Auch das Domkapitel und der Vermögensverwaltungsrat müssen Konsequenzen ziehen und sollten den Weg für einen Neuanfang freimachen. Nur so kann, wenn überhaupt, allmählich neues Vertrauen zurückgewonnen werden.“

Bevor die Prüfungskommission der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) die Prüfung des Baus auf dem Limburger Domberg nicht beendet hat, sind keine endgültigen Entscheidungen zu erwarten. Danach wird Papst Franziskus entscheiden, ob er Tebartz-van Elst nach Limburg zurückbeordert. Er könnte per Dekret auch dafür sorgen, dass die Mitglieder des Domkapitels von ihren Ämtern enthoben werden.

Noch keine Klarheit im Verfahren

Unterdessen zeichnen sich im Verfahren gegen Franz-Peter Tebartz-van Elst unterschiedliche Positionen der Hamburger Justiz ab. Wie Pressesprecherin Nana Frombach von der Staatsanwaltschaft Hamburg am Dienstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) sagte, hält die Staatsanwaltschaft „beim derzeitigen Sachstand“ am Antrag auf Strafbefehl gegen den Bischof fest. Hingegen habe das Amtsgericht Hamburg vorgeschlagen, das Verfahren einzustellen.

Frombach betonte, der Ausgang des Verfahrens sei weiter offen. Auch eine Sprecherin des Amtsgerichts Hamburg wies einen Bericht des Berliner „Tagesspiegel“ zurück, wonach das Amtsgericht das Verfahren gegen den Limburger Bischof gegen eine Geldauflage einstellen wolle. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hatte beim Amtsgericht einen Strafbefehl gegen Tebartz-van Elst beantragt, weil er im Zusammenhang mit einem Erste-Klasse-Flug nach Indien eine falsche eidesstattliche Erklärung abgegeben haben soll.

Bischof Lehmann „beschämt“

Die Affäre um die extreme Kostensteigerung für den Bischofssitz hat beim Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann Beschämung ausgelöst. „Man darf gespannt sein, wie viel und was nach dem Abschluss der Untersuchungen noch deutlicher wird. Vieles beschämt mich jetzt schon tief“, schreibt Lehmann in einem Beitrag für die Bistumszeitung „Glaube und Leben“, der am Dienstag veröffentlicht wurde. Allerdings habe er sich bei den Berichten über die Kirche und ihre Finanzen auch über falsche Angaben und diskriminierende Untertöne geärgert, kritisierte der Mainzer Bischof.

„Ich habe viel über die Einnahmen der Kirche gelesen, aber so gut wie nie habe ich Hinweise gefunden über das, was die Kirche mit diesen Einnahmen anfängt und leistet“, schreibt Lehmann. „So entsteht leicht der Verdacht, wir würden diesen „Reichtum“ anhäufen und darauf sitzen bleiben.“ Dies sei ungerecht und ärgerlich.

mit KNA/dpa

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