Suche
Close this search box.

Rabbi Weiss von „Neturei Karta“ zum Treffen im Kanzleramt

JERUSALEM (inn) – Rabbi Yisroel Dovid Weiss, Sprecher der extremistischen Sekte „Neturei Karta“, ist zusammen mit dem Journalisten und Verschwörungstheoretiker Christoph Hörstel am 29. Januar im Bundeskanzleramt von einer „Referentin“ empfangen worden. Der Rabbiner erklärte nun, dass seine Organisation bei dem Treffen selbstverständlich ihre „Vorstellungen über das wahre Judentum“ dargestellt habe.
Vertreter von "Neturei Karta" vor dem Holocaust-Mahnmal in Berlin - die radikale Gruppe sieht den Holocaust als eine Strafe Gottes für das zionistische Streben nach einem jüdischen Staat Israel an.

Ein Regierungssprecher bestätigte die Zusammenkunft in teils widersprüchlichen Erklärungen. Zunächst wurde mitgeteilt, Weiss sei „persönlich und nicht als Vertreter einer Organisation“ empfangen worden. Einen Tag später war von dem Rabbi als „Mitglied der jüdischen Geistlichkeit“ die Rede. Weiter hieß es: „Der Referentin war die Verbindung des Rabbis zu einer extremen Organisation bedauerlicherweise nicht bekannt, sonst hätte das Treffen nicht stattgefunden.“
Dem widerspricht Hörstel auf seiner Facebook-Seite: „Die Kontaktperson des Termins im Bundeskanzleramt war von mir am Vorabend per mail um 17:54 mit angehängter NK-Broschüre informiert, wer NK ist und was NK will. Der Mail-Eingang wurde um 18:02 persönlich bestätigt.“
Sollten Hörstels Angaben stimmen, bedeutet es, dass die Referentin im Kanzleramt die Verbindung des Rabbis „zu einer extremen Organisation“ ignoriert oder nicht verstanden hat.

Treffen musste vertraulich bleiben

Am Sonntag war Rabbi Weiss telefonisch in New York zu erreichen. Zunächst reagierte er sehr misstrauisch. Er befürchtete, dass ihn ein „Zionist“, noch dazu aus Jerusalem, anrufe. Erst nach der Versicherung, dass er mit einem Deutschen und keinem Israeli spreche, taute er auf.
„Gleich zu Beginn des Treffens habe ich verstanden, dass es vertraulich bleiben müsse“, sagte er am Telefon. Weiss weigerte sich deshalb, Einzelheiten zu nennen, wen er getroffen habe und ob es ein Mann oder eine Frau war. Immerhin gestand er: „Selbstverständlich haben wir unsere Vorstellungen über das wahre Judentum dargestellt. Das war doch der ganze Sinn des Termins. Wir sind gegen jede Form von Besatzung. Juden dürfen keinen Inch Land für sich beanspruchen und schon gar nicht einen eigenen Staat haben.“
„Unverständlich“ sei ihm, wieso Hörstel den Termin im Kanzleramt mit einem Artikel in der sozialistischen Tageszeitung „Neues Deutschland“ publik gemacht habe. Hörstels Veröffentlichung „war vielleicht ein Ausrutscher“, meinte Rabbi Weiss. „Maybe he flipped“.

„Neturei Karta“-Treffen für US-Abgeordnete „politischer Selbstmord“

Auf die Frage, wieso alles so geheim sei, sagte er: „Wir reisen viel und reden mit Politikern in aller Welt. Aber wir wollen sie nicht gefährden. Für amerikanische Kongress-Abgeordnete kommt es einem politischen Selbstmord gleich, mit uns zu reden oder mit der palästinensischen Seite sympathisieren. Der Druck der Zionisten ist enorm.“
In der Online-Ausgabe des „Neuen Deutschland“ ist Hörstels Artikel inzwischen gelöscht worden. In der Printausgabe hat sich die ehemalige SED-Zeitung für die Veröffentlichung entschuldigt. Ein Mitarbeiter der Zeitung teilte mit, dass Hörstels Artikel der Redaktion „durchgeflutscht“ sei.
Ein Video, in dem „Neturei Karta“ vor dem Holocaust-Mahnmal in Berlin eine Erklärung abgibt, findet sich bei YouTube: http://tinyurl.com/nzpe8vl

Hintergrund

Bei der Sekte „Neturei Karta“ handelt es sich um eine antizionistische Bewegung orthodoxer Juden. Ihrer Ansicht nach verbietet es die Torah, einen jüdischen Staat vor Ankunft des Messias zu gründen. Die Erlösung der Juden dürfe nur Gottes Werk sein, menschliches Zutun sei Gotteslästerung. Sie setzen sich außerdem für einen Palästinenserstaat ein und fordern finanzielle Entschädigungen für die Palästinenser.
Die Gruppe ist seit 1935 politisch aktiv. Der Name „Neturei Karta„ bedeutet im Aramäischen „Wächter der Stadt“. Er wurde 1938 zum ersten Mal verwendet und ist eine Anspielung auf den Talmud, wo es heißt, die wahren Wächter einer Stadt seien die Religionsgelehrten, nicht die Soldaten. Die Bewegung tritt außerdem unter dem englischen Namen „Jews United Against Zionism“ („Juden vereint gegen Zionismus„) auf. Die Größe der Gruppe ist nicht genau bekannt. Die Online-Enzyklopädie „Jewish Virtual Library“ spricht von rund 5.000 Mitgliedern.

Bitte beachten Sie unsere Kommentar-Richtlinien

Schreiben Sie einen Kommentar

Offline, Inhalt evtl. nicht aktuell

Israelnetz-App installieren
und nichts mehr verpassen

So geht's:

1.  Auf „Teilen“ tippen
2. „Zum Home-Bildschirm“ wählen