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Kruzifix

Lehrerin hängt Kruzifix im Klassenzimmer ab

Bad Saulgau / Lesedauer: 4 min

Schulleiter stimmt dem Schritt zu – Klassenlehrerin findet Kruzifix nicht schön
Veröffentlicht:10.02.2014, 20:00

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Die Diskussion um Kreuze und Kruzifixe in Klassenzimmern hat Bad Saulgau erreicht: Die Lehrerin einer Schule in Bad Saulgau hat mit Zustimmung der Schulleitung im Raum ihrer Klasse das Kruzifix im Zimmer ihrer Klasse abgehängt. Die Klassenlehrerin gehört keiner der christlichen Konfessionen an. Sie wollte das Kruzifix abhängen, weil es für ihren Geschmack zu überdimensioniert war. Es sei nicht schön gewesen, sagt die Lehrerin.

Zeitweise, so der Schulleiter der Schule, hätten Kollegen Kruzifixe schon früher abgehängt. Etwa, weil sie beschädigt waren oder weil sie kurzzeitig Platz für die Ausstellung von Werkstücken an der Wand machen sollten. Der Fall aber sei anders. Die Kollegin habe ihn gebeten, das Kreuz abhängen zu dürfen, weil es sie stört. „Ich habe ihr gesagt, dass sie es abnehmen soll, wenn sie gar nicht damit klarkommt“, sagt der betroffene Schulleiter. Alle Betroffenen haben darum gebeten, weder ihre Namen noch den der Schule zu nennen.

Vor allem ästhetische Gründe führt die Lehrerin als Grund für ihren Wunsch an, das Kruzifix entfernen zu lassen. „Unser Klassenzimmer ist klein und es war wenig freundlich eingerichtet“, so die Lehrerin. Mit „1,50 Meter“ sei das christliche Symbol mit dem Corpus des leidenden Jesus sehr groß gewesen und habe den Raum zusätzlich verdüstert. Außerdem könne die Darstellung eines sterbenden Menschen in der Grundschule unheimlich auf solche Kinder wirken, die dieses Symbol aus der Familie nicht kennen. Sie selbst gehört einer anderen Religion an. Das Kreuz habe für sie keine religiöse Bedeutung. Eine Rückmeldung von Eltern habe es nicht gegeben. Religion ist für

die Kinder wichtig

Dennoch: Für Menschen, besonders für Kinder, seien Religionen von großem Wert: „Ich bin überzeugt, dass Religion für Kinder wichtig ist.“ Sie vermittle positive ethische Regeln. Das gelte für die christliche Religion genauso wie für den Islam. Die christliche Prägung der Gesellschaft akzeptiert sie, auch im Unterricht. „Ich habe mit den Kindern zu Weihnachten das Klassenzimmer weihnachtlich dekoriert. Einen Adventskalender habe ich selbst gebastelt.“

Es sei den katholischen Kindern schon aufgefallen, dass das Kreuz nicht mehr da ist, sagt die Religionslehrerin. Nach ihrer Ansicht sei das Schulrecht in diesem Fall eindeutig. Sobald sich jemand an einem Kreuz störe, müsse es entfernt werden. Die Klassenlehrerin habe sie gefragt, ob sie das Kreuz brauche. Das habe sie verneint. Das abgenommene Kreuz war für sie Anlass, eine Einheit über Christentum und Islam in ihr Unterrichtsprogramm aufgenommen. Die Einheit wird sie am Mittwoch mit einem Besuch in der Moschee abschließen. Sie nutze andere Symbole für Religionsunterricht: Eine brennende Kerze.

Für Pfarrer Peter Müller ist die Frage des Kruzifixes im Klassenzimmer ein Thema, das die Religionslehrer der Schule klären sollten. Die ästhetische Frage hätte man auch durch ein kleineres schöneres Kreuz regeln können. „Wenn wir das Kreuz an den Schulen hergeben und aufgeben, brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn andere kommen und die Plätze der Religion besetzen“, sagt der Pfarrer.

„Es gibt in Baden-Württemberg keine Vorschrift, die das Aufhängen von Kruzifixen untersagt“, schreibt das Kultusministerium in seiner schriftlichen Stellungnahme auf Anfrage der Schwäbischen Zeitung. Es sei allerdings dann abzuhängen, „wenn Schüler oder Eltern aus ernsthaften und einsehbaren Gründen des Glaubens oder der Weltanschauung widersprechen“. Zwar könne sich auch eine Lehrkraft in Zusammenhang mit Kruzifixen im Klassenzimmer „grundsätzlich auf die Glaubens- und Gewissenfreiheit berufen“. Ihr Recht erfahre aber durch die „beamtenrechtliche Gehorsams- und Loyalitätspflicht“ erhebliche Einschränkungen. Eine Bewertung des Einzelfalles möchte das Ministerium aus mangelnder Kenntnis der Einzelheiten nicht abgeben.

Eine harte Diskussion um dieses Thema möchte die betroffene Lehrerin vermeiden. Falls die Reaktionen auf ihre Aktion der Schule schaden sollte, „dann hänge ich das Kruzifix lieber wieder auf.“