Hrdlicka-Kritik

Wirbel um Abendmahl als sexuelle Orgie

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Weiter riesen Aufregung im In- und Ausland um ein Hrdlicka-Bild, das vom Salzburger Dommuseum entfernt werden musste.

Die Mailänder Tageszeitung "Il Giornale" im Besitz der Familie des italienischen Medientycoons Silvio Berlusconi attackiert die Ausstellung "Religion, Fleisch und Macht" von Alfred Hrdlicka im Dommuseum der Erzdiözese Wien. Die mittlerweile abgehängte große Radierung "Leonardos Abendmahl, restauriert von Pier Paolo Pasolini" von 1984, eine Orgie unter Männern, ergänzt von einer Kreuzigung, löste die Empörung des rechtsorientierten Blattes aus.

Bild wurde entfernt
Hrdlickas Werk im Dommuseum zu zeigen, sei eine "verheerende Wunde für den christlichen Glauben", hieß es in einem Bericht, der vom Vatikan-Experten des Blatts, Andrea Tornielli, verfasst wurde. Die Zeitung kritisierte die Unterstützung, die die Ausstellung von den lokalen Behörden erhalten habe. Das Bild, das an der prominentesten Stelle beim Eingang in die Ausstellung positioniert war, wurde nach "massiven Beschwerden von Besuchern" allerdings mittlerweile auf "Weisung der Diözesanleitung" abgehängt, hieß es aus dem Dommuseum.

Kritik an Schönborn
Für "Il Giornale" nicht schnell genug. "Acht Tage sind vergangen, bis die kirchlichen Behörden die Ernsthaftigkeit der Situation wahrgenommen haben und das Werk entfernen ließen. Es ist undenkbar, dass der Wiener Erzbischof Christoph Schönborn darüber nicht informiert war. Man fragt sich, wo seine Mitarbeiter waren und warum sie nicht gedacht haben, dass ein derartiges Werk in einem Dommuseum zu zeigen, unangebracht war", kritisierte die Mailänder Tageszeitung. In Europa müsse man höchsten "Respekt für alle Religionen haben, mit Ausnahme jener, die am stärksten zur europäischen Zivilisation beigetragen hat", kommentierte "Il Giornale".

Verwunderung im Dommuseum
"Erstaunt über die Hitze der Gefechte" zeigte sich der Direktor des Wiener Dommuseums Bernhard Böhler nach "massiven verbalen Anfeindungen" gegen die Ausstellung vonseiten verschiedener Medien und Websites im In-, vor allem aber im Ausland. "In Österreich bedarf es keiner besonderen Begründung, dass ein kirchliches Museum dem bedeutendsten Bildhauer der Gegenwart eine Ausstellung widmet", so Böhler. Schon am Gründonnerstag habe man allerdings Hrdlickas Version des "letzten Abendmahls" abgehängt - "aus Rücksicht auf die religiösen Gefühle mancher Christen."

Schönborn rudert zurück
Kardinal Christoph Schönborn hat nach den Anfeindungen den Künstler selbst zwar verteidigt, bedauert jedoch, dass dessen Version des "Letzten Abendmahls" in die Ausstellung gelangt ist. In einer schriftlichen Stellungnahme heißt es: "Die Ausstellung bedeutet nicht, dass das Dommuseum sich mit allen Werken Hrdlickas identifiziert. In einzelnen seiner Werke beachtet er die unbedingte Schwelle der Ehrfurcht vor dem Heiligen nicht."

"Ich bedauere"
Schönborn weiter: "Unter seinen (Hrdlickas, Anm.) Werken sind auch solche, die vom Standpunkt des gläubigen Christen klar abzulehnen sind. Selbstverständlich hätte ich der Präsentation von Werken, die blasphemisch oder pornografisch sind, nicht zugestimmt. Ich bedauere es daher ausdrücklich, dass ein Bild dieser Art - ohne mein Wissen - in der Ausstellung zu sehen war. Dieses - Menschen in ihrem Glauben verletzende - Bild wurde auf meine Veranlassung hin am 20. März entfernt."

Der Kardinal verteidigt aber Hrdlicka
Weiters stellt sich der Wiener Erzbischof jedoch klar hinter den Künstler: "Hrdlicka ist einer der bedeutendsten lebenden Künstler Österreichs. Wie kaum ein anderer Künstler hat er sich mit dem leidenden und geschundenen Menschen befasst und zur 'Compassion' mit der 'Passion' eingeladen. Dieses Mitleiden drückt er in seinem Werk in erschütternder Weise aus. Am bekanntesten sind in dieser Hinsicht sein 'Plötzenseer Totentanz' und sein großes Holocaust-Denkmal vor der Albertina in Wien. Deshalb habe ich auch einer Ausstellung im Dommuseum zugestimmt, ohne im einzelnen die auszustellenden Werke zu kennen."

Hrdlicka habe sich zeitlebens intensiv mit biblischen Themen befasst, "besonders mit dem Leiden Christi", so Schönborn. "Er sagt von sich, er sei Kommunist und Atheist. Er hat dennoch ein brennendes Interesse an der Bibel, und er hat nach eigenem Bekunden Sehnsucht nach dem Glauben."

Leonardo da Vincis (1452-1519) Meisterwerk "Das Letzte Abendmahl" ist in Mailand zu bewundern. Das "Letzte Abendmahl" entstand zwischen 1494 und 1498 und gilt als ein Hauptwerk des Renaissance-Genies. Das Wandgemälde im Refektorium der Mailänder Kirche Santa Maria delle Grazie gehört zu den meistkopierten Werken der abendländischen Kunst.

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