Iacobus
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Sexy Vatikan?

„Rückstand“ zu 1789 aufholen

Theologinnen

Aus diesem Umfeld kamen nun die bissigen Worte, dabei bemüht sich Kardinal Gianfranco Ravasi, der Vorsitzende des Päpstlichen Kulturrats nach Kräften, den behaupteten „Rückstand“ der Kirche in Sachen Frauen aufzuholen. Mit „Rückstand“ meinte der frühere Erzbischof Carlo Maria Kardinal Martini von Mailand die 200 Jahre seit der Französischen Revolution, die die Kirche aufzuholen habe.

Für den 4.-7. Februar setzte er eine Vollversammlung seines Dikasteriums zum Thema „Frauenkulturen: Gleichheit und Unterschied“ an. Sie soll über ein Dokument beraten, das von „einer Gruppe von Frauen im Licht der pastoralen Überlegungen von Mitgliedern und Consultoren ausgearbeitet“ wurde. Diese Gruppe sei dabei, zu einer Art „Frauenrat“ zu werden, wie es auf der Internetseite des Päpstlichen Kulturrats mit großer Genugtuung heißt. Das wäre in der Tat eine „noch nicht dagewesene Neuheit“ im Vatikan. Einer der neuen Consultoren des Dikasteriums, die an dem Dokument arbeiten, ist der „erotische Buddhist“ Pablo d’Ors (siehe den Bericht Päpstlicher Kulturrat für Frauenpriestertum? – Der „erotische Buddhist“, den Franziskus zum Consultor machte). D’Ors gab bekannt, daß bei der Vollversammlung im Februar auch über die Zulassung des „Frauenpriestertums“ und die Aufhebung des Priesterzölibats gesprochen werde. Für beides sei, so der spanische Priester, „die Zeit reif“.

Teatro Argentina, „Sexy-Video“ und feministischer Bannstrahl

Exkommunzierte „Priesterinnen“ der Vereinigung „Roman Catholic Women Priests“ drängeln sich um einen „Mahltisch“

Daß Kardinal Ravasi einen Hang für öffentliche Sichtbarkeit hat, ist nicht nur innerhalb der vatikanischen Mauern bekannt. So ist auch für die Eröffnung der Vollversammlung des Päpstlichen Kulturrats eine Neuheit geplant. Sie wird nicht im Vatikan stattfinden, sondern im bekanntesten römischen Theater, dem Teatro Argentina. Der Verweis auf das Heimatland von Papst Franziskus ist dabei ein gern gesehenes Nebenprodukt. Die Veranstaltung ist frei zugänglich. Zur Bewerbung wurde von dem vatikanischen Dikasterium mit der italienischen Theater- und Filmschauspielerin Nancy Brilli ein eigenes Video produziert, das vor Weihnachten im Internet veröffentlicht wurde.

Doch wer gehofft hätte, damit alle zufrieden zu stellen, irrte sich. Noch in der Weihnachtszeit eröffnete die feministische US-Theologin Phyllis Zagano aus den Spalten des National Catholic Reporter (NCR) das Feuer. Das Flaggschiff der progressiven US-Katholiken druckte die Breitseite gegen den Vatikan, Kardinal Ravasi und Nancy Brilli. Zagano schäumte wegen der „Sexy“-Art, mit der im Stil kommerzieller Fernsehsender geworben werde. Ein Stil, der „in den fortschrittlichsten Staaten überholt ist und in mehrheitlich moslemischen Staaten völlig inakzeptabel ist“, so die Feministin.

Statt eines „provokanten“ Werbefilms mit einer hübschen Schauspielerin hätte der Vatikan, laut Zagano, eine Sammlung von Geschichten von mißhandelten, vergewaltigten, gefangenen und ermordeten Frauen veröffentlichen sollen. Um gleich konkret zu werden, listete die feministische Theologin gleich sieben solcher möglicher Themen auf.

Karinal Ravasi in „Sack und Asche“

Das war erst der erste Streich, doch der zweite folgte sogleich. John L. Allen, jahrelang Vatikanist des National Catholic Reporter mit bestem Draht dorthin, wenn auch seit 2014 beim Boston Globe unter Vertrag, suchte Kardinal Ravasi auf für eine Stellungnahme zu Zaganos Angriff.

Der Kardinal „sank in Sack und Asche“, so der Vatikanist Sandro Magister. „Jetzt verstehe ich, daß wir mit der Schauspielerin wahrscheinlich einen Fehler gemacht haben“, konnte Allen den Dikasterienleiter zitieren. Und prompt verschwand die englische Fassung des Werbevideos von der Internetseite des Päpstlichen Kulturrats. Dort läuft nun auch auf der englischsprachigen Seite die italienische Fassung des Videos nach dem Motto: das wird in den USA schon niemand verstehen.

Im Internet ist es allerdings noch in Umlauf, wenn auch nicht mehr vom Herausgeber gewollt. Das Video CALL#LIFEOFWOMEN.

Text: Giuseppe Nardi

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