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Die gemeinsame Sprache der Katholiken. Pfarrer Sterninger über die Sprache der Kirche.Mehr
Die gemeinsame Sprache der Katholiken.
Pfarrer Sterninger über die Sprache der Kirche.
cantate
@ratio
So einfach ist es nicht.
Die Volkssprache im römischen Reich war eigentlich das Koiné-Griechisch, in dem deshalb auch das Neue Testament (und der RÖMER-Brief!) verfasst ist. Selbst Cäsars Zitat beim Attentat auf ihn ("Auch du, mein Sohn Brutus!") ist auf Griechisch überliefert. Latein war nur die Umgangssprache der westlichen Provinzen und Italiens (außerhalb der Weltstadt Rom).
Allerdings …Mehr
@ratio

So einfach ist es nicht.

Die Volkssprache im römischen Reich war eigentlich das Koiné-Griechisch, in dem deshalb auch das Neue Testament (und der RÖMER-Brief!) verfasst ist. Selbst Cäsars Zitat beim Attentat auf ihn ("Auch du, mein Sohn Brutus!") ist auf Griechisch überliefert. Latein war nur die Umgangssprache der westlichen Provinzen und Italiens (außerhalb der Weltstadt Rom).

Allerdings war Latein in Rom die Amtssprache, so dass die großen Reden von Cäsar und Cicero auf Latein gehalten wurden, auch wenn sie im Alltag Griechisch sprachen. Latein war - als Amtssprache! - aber auch die Sprache des römischen Götterkultes, der ja mit unserer Religion nicht zu vergleichen ist, da er in erster Linie als Staatskult und von Beamten vollzogen wurde, weshalb den verfolgten Christen der ersten Jahrhunderte ja auch Illoyalität mit dem wankenden römischen Reich vorgeworfen wurde. Und hier liegt auch der Anknüpfungspunkt an die Liturgiesprache der römischen Liturgie: Erst nach der konstantinischen Wende wurde die Liturgiesprache in Rom Latein, und die Orationen dieser Liturgie unterscheiden sich in ihrer Komplexität deutlich von der Volkssprache, die man in etwa in der lateinischen Bibelübersetzung des hl. Hieronymus findet (auch wenn diese sich sehr an die Koiné-Urfassung anlehnt).

Kurz: Latein als Liturgiesprache war nicht die Volkssprache Roms, sondern die Beamtensprache, die aus dem heidnischen Kult nach der konstantinischen Wende in den christlichen Kult übernommen wurde, so wie die Bischöfe ab dieser Zeit auch römische Staatsbeamte waren. (Selbst der Titel "Pontifex maximus" wurde vom heidnischen Oberpriester auf den Bischof von Rom übertragen.)

Die Frage ist also nicht nur die nach der Sprache, die das Volk jeweils versteht (das merkt man schon, wenn man die lateinischen Orationen möglichst wörtlich ins Deutsche überträgt), sondern ob die Liturgie eine Feier des Volkes ist oder einer entfernten Priesterklasse, die ihren Kult für sich abhält.

Insofern ist es nur eine logische Folge der liturgischen Bewegung, die weit vor dem II. Vatikanischen Konzil begann und von Anfang an von den Päpsten mitgetragen wurde (Stichwort "Volks-Choral" oder "Schott"), dass für eine Feier der Liturgie, die vom Volk wirklich mitgefeiert wird, in der Regel die Volkssprache verwendet wird.

Die Liturgiereform nach dem II. Vatikanischen Konzil hat eben das konsequent umgesetzt, was vorher - mit Rücksicht auf die jahrhundertealte Tradition - nur halbherzig vollzogen wurde: Die participatio actuosa des Volkes.
ratio
Die Rede ist zunächst unklar, da er es vermeidet, die "gemeinsame Sprache der Kirche" genau zu benennen. Ich nehme einmal an, daß er Latein meint, da andere mögliche Kandidaten (Aramäisch als Sprache Jesu, Griechisch oder Italienisch als Arbeitssprache im Vatikan) recht unwahrscheinlich sind.
Latein war die Sprache im römischen Reich, damit auch in vielen frühen christlichen Gemeinden, damit auch …Mehr
Die Rede ist zunächst unklar, da er es vermeidet, die "gemeinsame Sprache der Kirche" genau zu benennen. Ich nehme einmal an, daß er Latein meint, da andere mögliche Kandidaten (Aramäisch als Sprache Jesu, Griechisch oder Italienisch als Arbeitssprache im Vatikan) recht unwahrscheinlich sind.

Latein war die Sprache im römischen Reich, damit auch in vielen frühen christlichen Gemeinden, damit auch die Sprache der Kirchenväter und die Sprache, in der die meisten frühen Schriften entweder verfaßt oder übersetzt wurden.

Latein war damals und dort allerdings auch die Volkssprache. Der Gott des AT hat zu seinem Volk in Volkssprache gesprochen. Jedenfalls gibt es nirgends Hinweise, daß man einen Übersetzer gebraucht hätte oder daß nur die besonders Gebildeten ihn verstanden hätten.

Auch Jesus Christus hat zu seinen Aposteln, Jüngern und dem Volk in einer von diesem verständlichen Sprache gesprochen. Auch hier kein Hinweis auf Übersetzer. Eine Sprache zu verwenden, die nur von Gelehrten verstanden wird, wäre der Lehre Christi eher zuwider gelaufen.

Also gibt es keinen aus den Schriften entnehmbaren Grund, Latein zu verwenden, außer dem rein pragmatischen: Es war Volkssprache.

Anders war die Rolle des Latein außerhalb des römischen Reiches. Im Mittelalter, d.h. vor Übersetzung der Bibel in die Volkssprachen, schlug die Kirche Vorteile daraus, daß die einfachen Menschen die Schriften nicht von sich aus lesen konnten. Wer näheres wissen will, lese einmal über die Bauernaufstände 1525. Die Kirche hatte vorher zumindest nicht aktiv daran gearbeitet, den Bauern die Menschenrechte, wie sie im NT verkündet werden, zu vermitteln. Die Rolle des Lateinischen ist hier eine unrühmliche -- es wirkte als Sprachbarriere zwischen Christi Frohbotschaft und den Menschen.

Das spricht nicht gegen Latein an sich, kann doch in jeder Sprache Gutes und Böses ausgedrückt werden. Es zeigt jedoch, daß Latein keineswegs einen Wert für sich hat, der es besonders geeignet dafür macht, Gottes Botschaft zu tragen. Es zeigt weiter, daß der eine gemeinsame Glaube aller Katholiken umso besser verwirklicht wird, je mehr Menschen aller Länder und Bildungsstufen ihn kennen. Und das funktioniert nur in den Volkssprachen.
Venite exultemus
Kann Cantate nur zustimmen. Bei Sterninger fällt wieder mal nicht nur Differenzierung, sondern auch der offene Blick für die gesamte Kirche (nicht nur die des lat. Ritus) unter den Tisch.
cantate
@ursula
Lesen Sie meine Postings!
Ich halte das, was er von sich gibt, zum großen Teil für Stammtisch-Stil: Aussagen, mit denen man Menschen der gleichen Meinung erfreut, weil man die eigene Meinung noch überspitzter hört, als man es selbst ausgedrückt hätte (dabei - s.o. - nimmt man es dann mit der Wahrheit um der Pointe willen auch nicht immer ganz genau).
Aber die Überzeugungskraft auf …Mehr
@ursula

Lesen Sie meine Postings!

Ich halte das, was er von sich gibt, zum großen Teil für Stammtisch-Stil: Aussagen, mit denen man Menschen der gleichen Meinung erfreut, weil man die eigene Meinung noch überspitzter hört, als man es selbst ausgedrückt hätte (dabei - s.o. - nimmt man es dann mit der Wahrheit um der Pointe willen auch nicht immer ganz genau).

Aber die Überzeugungskraft auf Andersdenkende ist eher gering, da zum größten Teil nicht mit Argumenten (oder mit falschen oder unzueichenden) "überzeugt" werden soll, sondern mit "Stimmung".

Das hier vorliegende Video ist doch ein gutes Beispiel:

Indirekt wendet er sich gegen die Volkssprache in der Liturgie, allerdings mit einem Argument, das nicht greift. Trifft ein begeisterter Zuhörer (der schon immer gegen die Volkssprache in der Liturgie war) mit diesem Argument auf einen Gesprächspartner, der ihm entgegnet, dass das mit der einen Sprache gar nicht stimmt (s. mein erstes Posting) und noch nie gestimmt hat, wird sich der begeisterte Zuhörer schön bei Pfarrer Sterninger bedanken ... Es gibt natürlich diffenrenzierte Argumente für Latein in der Liturgie, die aber immer auch gegen die Argumente für die Volkssprache abgewogen werden müssen, um zu einem guten Ergebnis zu kommen. (vgl. Latein oder Französisch bei den derzeitigen Messen des Papstes in Frankreich). Warum nennt Pfarrer Sterninger nicht diese?

Differenzierung gehört eben nicht an den Stammtisch ...
ursula
@cantate Was haben sie eigentlich gegen H.h.Pfarrer Pfarrer Sterninger???
cantate
"Überall auf der Welt sprechen die Katholiken dieselbe Sprache im Kult."
Vor lauter Begeisterung über die Uniformität werden immer wieder die katholischen Brüder anderer Riten (Griechen etc.) vergessen. Was Pfarrer Sterninger sagt, hört sich für bestimmte Kreise mal wieder schön an, stimmt aber so nicht.Mehr
"Überall auf der Welt sprechen die Katholiken dieselbe Sprache im Kult."

Vor lauter Begeisterung über die Uniformität werden immer wieder die katholischen Brüder anderer Riten (Griechen etc.) vergessen. Was Pfarrer Sterninger sagt, hört sich für bestimmte Kreise mal wieder schön an, stimmt aber so nicht.