Tina 13
366

WIE EINE LILIE ZWISCHEN DEN DISTELN

Offenbarungen über die Unbefleckte Empfängnis Mariens

(durch Myriam van Nazareth)

Im Hohelied, dem berühmten Liebesgesang aus dem Alten Testament, sagt der Bräutigam über seine Braut: „Wie eine Lilie zwischen den Disteln, so ist meine Freundin unter den jungen Mädchen“. Unter anderem der Heilige Grignion de Montfort wies darauf hin, dass das Hohelied im Grunde genommen (als eine Vorabspiegelung) Bezug auf die Heilige Jungfrau hat, auch wenn Sie damals noch nicht geboren war. Unter anderem deshalb lasse ich Sie in dieser Schrift Maria als die Lilie sehen. Die Lilie ist schlechthin das Symbol für die Reinheit. Im Vergleich mit allen anderen Seelen ist Maria die Lilie zwischen den Disteln, und zwar aufgrund Ihrer Unbefleckten Empfängnis.

Was ist die Unbefleckte Empfängnis? Es ist erschütternd, wie viele Missverständnisse über dieses wundervolle Göttliche Mysterium im Umlauf sind. Die einzige Bedeutung von Marias Unbefleckter Empfängnis ist jene, dass Ihre Seele, im Gegensatz zur Seele aller anderen Menschen, nicht mit der Erbsünde geboren worden ist. Gott hat Maria mit einer Seele geboren werden lassen, die absolut vollendet war, vollkommen in Übereinstimmung mit Gottes ursprünglichen Absichten mit dem Menschen. Das erste Menschenpaar, Adam und Eva, waren im vollkommenen Stande der Heiligkeit geschaffen, gingen jedoch auf die Einflüsterungen Satans ein, der sie zum Ungehorsam und zur Auflehnung gegen Gott zu verführen wusste. Dadurch verloren sie den Stand der vollkommenen Gnade. Diese „Herabsetzung des spirituellen Status“ des Menschen wurde auf alle folgenden Geschlechter übertragen. Daher ist die Rede von der Erbsünde.

Da der große Unterschied zwischen Maria und allen anderen Menschenseelen in der Tatsache besteht, dass Maria als einzige unbefleckt empfangen war und als einzige nicht die Erbsünde besaß, will ich Ihnen die nachfolgenden Offenbarungen zuteilwerden lassen, die Maria mir im Zusammenhang mit dem tiefen Wesen Ihrer Unbefleckten Empfängnis und der Erbsünde geschenkt hat. Mögen diese Offenbarungen Ihnen die Gnade erwirken, Ihrer Himmlischen Mutter die Ehrerbietung und Verehrung zu schenken, die Sie mehr als verdient, und Sie besser verstehen lassen, wie sinnvoll es ist, sich Ihr vollkommen hinzugeben.

Warum ist Maria unbefleckt empfangen, mit anderen Worten: Aus welchem Grunde ist Sie als einzige Menschenseele vor der Erbsünde bewahrt worden? Jesus musste als der Messias Gottes, als der Erlöser, in die Welt kommen, um durch ein Göttliches Leben von Leiden in einem menschlichen Körper die Menschheit vom Teufel loszukaufen. Durch denSündenfall (die Erbsünde) hatte der Mensch den Stand der Heiligkeit verloren und konnte keinen Zugang zum Ewigen Leben im Himmel mehr erwerben. Durch die totale Abbüßung dieser Sünde des Ungehorsams in einem Leben vollkommenen Gehorsams, das mit einem intensiven Leiden und dem Kreuzestod seinen Abschluss fand, sollte Jesus diesen Bann auf der Menschheit für ewig brechen. So hatte Gott es verfügt. Um Mensch zu werden und alles menschliche Leid erfahren zu können, musste der Menschensohn allerdings wie jedes menschliche Baby geboren werden: aus einem Mutterschoß.

Die Auserkorene, den Messias zu tragen, war Maria. Um den Sohn Gottes zu tragen, musste Maria an Körper und Seele vollkommen rein sein. Aus diesem Grunde wurde Ihre eigene Seele ohne den Makel der Erbsünde empfangen, denn in der Trägerin des Erlösers durfte es nicht die geringste Spur der Unreinheit geben. Die Mutter des Erlösers durfte in Ihrem Körper und in Ihrer Seele keinen einzigen Rest des Bundes tragen, den der Mensch durch die Erbsünde mit dem Bösen geschlossen hatte. Deshalb wurde Maria „voll der Gnade“: Sie erhielt die absolute, vollkommene Heiligkeit der Seele, die einzig und allein Göttliche Merkmale in sich trug.
In welcher Hinsicht unterscheidet Sich Maria durch Ihre Unbefleckte Empfängnis von den anderen Menschenseelen, die durch die Erbsünde befleckt sind? Anders ausgedrückt: Was macht Maria zu einer Lilie und die anderen Menschenseelen zu Disteln?

Die Erbsünde kann als ein ungeschriebener Bund betrachtet werden, den Adam und Eva im Namen der ganzen Menschheit aller Zeiten mit Satan geschlossen haben. Dadurch wurde jeder Mensch künftighin nicht mehr in der heiligen Vollkommenheit geboren, sondern trug seine Seele gleichsam die Unterschrift des ewigen Bundes mit der Finsternis in sich. Marias Unbefleckte Empfängnis besteht genau darin, dass diese „Unterschrift“ in Ihrer Seele fehlt: Marias Seele war in der ursprünglichen von Gott vorgesehenen heiligen Vollkommenheit empfangen worden.

Als Satan Eva im Irdischen Paradies die Einflüsterungen gab, die sie als erste zur Erbsünde verführte, zeigte er sich ihr in der Gestalt einer Schlange. Die Schlange ist Symbol für den Teufel geblieben. Warum hörte Eva auf die Schlange? Weil sie von der bemerkenswerten Erscheinung und den Farben des Tieres fasziniert war, ebenso wie von den verlockenden Worten, die sie zu hören bekam. Dies alles steht symbolisch für die Taktik, welche die Welt anwendet, um reine Seelen zu verführen: äußerlicher Schein und Unwahrheit, die derart verpackt werden, dass die Seele, wenn sie nicht Acht gibt, die Unwahrheit davon nicht mehr erkennt.

Maria hat bereits bei Ihrer Unbefleckten Empfängnis die Schlange unter Ihre Füße gelegt und wird ihr in den letzten Zeiten den Kopf zermalmen. Die Erbsünde ist wie der Biss der Schlange (Satans), durch den das Gift in den Seelen von Generation auf Generation vererbt wird. Maria hat die Wirkung dieses „Bisses“ niemals in Sich empfangen. In keinerlei Hinsicht trägt Sie in Ihrer Seele auch nur das Geringste, was Sie mit Satan verbinden könnte. Ihre Seele zeigt keine einzige Spur seines Wirkens. Ich könnte sagen: Ihre Seele trägt nicht das Merkmal der Zähne des „Tieres“. Es ist das Gift von diesem „Biss“ in der Seele, dass dafür sorgt, dass die Seele in geschwächtem Stande geboren wird und anfällig wird für „Krankheit“ (Sündhaftigkeit) und „Tod“ (vollkommenen Stand der Ungnade durch länger währender und bzw. oder schwerer Sündhaftigkeit).

Was ist der Effekt, die Auswirkung, der Erbsünde in der Seele? Die Erbsünde wirkt wie ein Schleier oder ein Vorhang, der über das Fenster der Seele niedergelassen worden ist, wodurch die Seele nicht mehr automatischGottes Signale (Licht, Gnaden, Eingebungen) in sich empfängt. Vor dem Sündenfall war dies schon der Fall: Die Seele stand in vollkommener Kommunikation mit Gott und teilte Seine Weisheit, Liebe, Heiligkeit, Schönheit und Kraft. Seit der Erbsünde muss der Mensch durch ein aktives Sehnen die Kommunikation mit Gott immer wieder erneuern. Dieses Sehnen ist wie eine Kraft, die immer wieder den Schleier lüpfen muss. Bei Maria ist durch Ihre Unbefleckte Empfängnis die Kommunikation in vollkommenem Stand aufrechterhalten worden.

Durch die Erbsünde ist der Mensch mit einer Anzahl von Verhaltensmerkmalen beschmutzt worden, die er ursprünglich nicht in sich trug, die er allerdings sozusagen „von Satan geerbt hat“. Diese Verhaltensmerkmale finden ihre Grundlage in den Verfassungen, die als diesieben Laster bekannt sind: Hochmut, Geiz, Neid (Missgunst), Zorn, Unmäßigkeit, Unkeuschheit und Lauheit (Trägheit). Dies sind die Grundneigungen, die der Mensch seit dem Sündenfall in sich hat zur Entwicklung kommen lassen. Wie können Sie sich selbst „umprogrammieren“, um aufs Neue zu Gott hinzuwachsen? Durch die entschlossene Bereitschaft, die Gaben des Heiligen Geistes in Ihre Seele einbauen zu lassen, so dass die ursprüngliche Heiligkeit aufs Neue erworben werden kann. Der Heilige Geist kann durch Seine Sieben Gaben die sieben Laster in der Seele ausrotten und dadurch die Wirkungen der Erbsünde immer weiter zurückdrängen. Es ist ebenfalls der Heilige Geist, der durch das Sakrament der Taufe die Erbsünde ausgleicht. Dennoch: Gerade so, wie jeder Mensch individuell die Früchte des Erlösungswerkes Jesu Christi durch ein tugendhaftes Leben in sich zur Reifung bringen muss, so muss er auch die Früchte der Taufe in sich zur Reifung bringen, umwirklich von den Auswirkungen der Erbsünde befreit werden zu können.

Maria trug in sich die volle Keimkraft der Heiligkeit, dadurch, dass Sie vor der Erbsünde bewahrt geblieben ist. Um die Auswirkungen der Erbsünde noch besser zu verstehen, könnte ich einen Vergleich mit der Vererbungslehre in Bezug auf den Körper anstellen. Alle Merkmale, die in Ihrem Körper und Charakter weitervererbt werden, sind in den Genen gespeichert. Gene sind ganz kleine Elemente Ihrer Zellen, die wie die Programme eines Computers arbeiten: Das Programm gibt Befehle für die Art und Weise, wie der Computer funktioniert. Etwas Ähnliches tun die Gene in Ihren Zellen. Sie enthalten sämtliche Informationen, die (im Zusammenwirken mit Ihren Lebensumständen, der Nahrung, usw.) bewirken, dass Sie so aussehen, jene Haarfarbe haben, diese oder jene Neigung haben, anfällig für ganz bestimmte Krankheiten sind, usw.

Nun denn, die Erbsünde ist wie ein krankmachendes Gen für die Seele, das die Seele „umprogrammiert“ (ihr ein neues Verhaltensprogramm und eine neue Aussicht mitgibt), so dass sie die Neigung bekommt, von Gottes Gesetz abzuweichen. Tatsächlich, die Neigung: Ob Sie ihr tatsächlich nachgeben, liegt an Ihrem freien Willen, so dass Sie die Erbsünde nicht als Entschuldigung für die Sünden, herbeirufen können, die Sie wirklich verüben.

Diese Wirkung der Erbsünde kann nur durch einen Bund zwischen Gott und der Seele ausgeglichen werden, wobei Gott die Gnade der Tugendhaftigkeit schenkt und die Seele diese Gnade „bezahlt“ durch ständiges Gebet und ein Leben, das vollkommen an Gott orientiert ist und wobei die Bindungen mit der eigenen Vergangenheit und mit den weltlichen Einflüssen entschlossen durchgeschnitten werden. Die Erbsünde ist wie die Saat der Sündhaftigkeit, die in die Seele gelegt wird und die Qualität der Früchte der Seele vermindert.

Was ist in spiritueller Hinsicht das tiefe Merkmal, das wahre Wesen der Unbefleckten Empfängnis? Die vollkommene Liebe, eine übernatürliche Liebe für Gott und alles Erschaffene, eine Liebe, die vollkommen auf dieSeele gerichtet ist. Die Liebe habe ich in meinen früheren Schriften bereits wiederholt als den Brennstoff von allem Erschaffenen ausgewiesen, von ihren ganzen gegenseitigen Beziehungen und ihren Beziehungen mit Gott. Es kennzeichnet Maria, dass Sie als einziges Geschöpf die vollkommeneLiebe besitzt, und zwar aufgrund Ihrer Unbefleckten Empfängnis. Die Erbsünde hat den Menschen in seiner Fähigkeit getroffen, so zu lieben, wie Gott Selbst liebt. In dem Maße, wie eine Seele in der Heiligkeit wächst, nimmt ihre Fähigkeit zu lieben zu und wird ihre Liebe reiner, ich darf sogar sagen „Göttlicher“.

Aus diesem Grunde dürfen wir sagen, dass der Grad der Heiligkeit, den eine Seele erreicht, tatsächlich das Maß wäre, in welcher in ihr die Auswirkungen der Erbsünde weggenommen werden. Es ist, als ob die Heiligung den Schmutz (die Verunreinigung) aufgrund der Erbsünde Schritt für Schritt wegwäscht. Diese „Reinigung“ in der Seele ist eine Folge eines zunehmenden Wachsens in der Liebe (durch eine kombinierte Wirkung der Göttlichen Gnade mit dem Willen der Seele selbst und ihrer Fähigkeit, in der Tugend auszuharren) und sie ist zugleich an sich die Quelle einer immer weiter wachsenden Fähigkeit, zu lieben. Je mehr die Seele imstande ist, auf eine reine Weise Liebe zu geben und zu empfangen, desto größer wird ihr Sehnen danach, in dieser Tugend bis in das Heldenhafte zu wachsen.

Die Folge ist eine Verfassung des Herzens, die ich als einen „übernatürlichen Rausch“ andeuten möchte, einen Zustand tiefen Friedens und tiefer Freude, die bewirkt, dass die Seele eigentlich mehr im Himmel als auf Erden lebt, indem sie derart in die Strömung dieser Göttlichen Tugend aufgenommen wird, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes zu Gottes Bild und Gleichnis wird. Maria besaß diese Verfassung von Natur aus, aufgrund Ihrer Unbefleckten Empfängnis. Jede andere Menschenseele ist mit der Erbsünde belastet und muss daher durch ein Leben im Stande der Gnade und durch ein alles verzehrendes Sehnen nach Vollkommenheit in der Tugend zur Heiligkeit kommen, als erster der zentralen Tugend, die den Menschen zu Gottes Bild und Gleichnis erhebt: mit der Liebe, die alle anderen Tugenden in sich trägt.

Wenn Jesus sagt: „Seid vollkommen, so wie euer Vater im Himmel vollkommen ist“, meint Er deshalb an erster Stelle: „Seid vollkommen in der Liebe“. Weil Vollkommenheit in der Liebe durch die Erbsünde behindert wird, bedeutet dies konkret: Betet, um diese Vollkommenheit zu bekommen, damit die Seele in einem solchen Maße gereinigt wird, dass die Erbsünde ihre Wirkungen immer weniger zum Ausdruck bringen kann. Solange die Erbsünde ihre Auswirkung entfaltet, kann die Seele nicht den Stand der Gnade erreichen, der sie zur Heiligkeit bringt.

Eva, als Königin von Gottes Schöpfung bestimmt, wurde durch ihre Rolle als Anregerin zu dem Sündenfall zu einer Distel in Gottes Augen. Gott rächte sich an Satan, indem Er eine Frau erschuf, deren Seele eine derart blendende Schönheit, absolute Heiligkeit und unüberwindliche Macht besitzen sollte, dass Sie die ewige Lilie zwischen den Disteln wurde, und indem Er dieser Frau die Macht gab, Seelen nach Ihrem Bilde zu heiligen: Seelen, die sich Ihr vollkommen weihen, um durch Sie zu einem Blumenbeet befruchtet zu werden, das die Disteln dieser Welt überwuchern wird.

Sie können die Auswirkungen der Erbsünde in Ihrer Seele besiegen lassen, indem Sie sich selbst vollkommen Jener hingeben, Die die Unbefleckte Empfängnis ist. Wie der erste Mensch einen Bund mit Satan schloss und so durch dessen Merkmale beschmutzt wurde, so können Sie einen Bund mit Maria schließen und Ihre Heiligkeit erben.

www.myriam-van-nazareth.net