Um bei dieser Frage nicht in Verwirrung zu geraten oder sinnlos aneinander vorbeizureden, muss man sich klar darüber sein, dass das Problem eine dogmatische, moraltheologische, aber auch kirchenrechtliche Dimension hat, die allerdings auch nicht völlig losgelöst voneinander sind:
DOGMATISCH ist die Frage insofern leicht zu lösen, als es klar ist, dass niemand Glied (und damit Hirte) in der Kirche sein kann, der sich bewusst vom katholischen Glauben abwendet.
MORALTHEOLOGISCH ist die grundsätzlioche Antwort auch relativ einfach, dass niemand folgen kann oder darf, wenn etwas gegen die Glaubensüberlieferung der Kirche angeordnet, gesagt oder getan wird. Die Amtsausübung erfolgt in der Kirche immer nur in der Stellvertretung Christi, der Amtsinhaber herrscht nicht willkürlich oder menschlich-absolut.
KIRCHENRECHTLICH besteht bei einem theoretischen (lehrmäßigen) oder praktischen (z.B. gesetzgeberischen) Verstoß gegen den Glauben durch die höchste menschliche Autorität eine gewisse Schwierigkeit für die Kirche, die Frage eindeutig zu lösen, da dem Papst ja als Stellvertreter Christi immer auch der oberste Gesetzgeber und Richter ist und insofern von niemand gerichtet werden kann.
Aber die Kirche ist auch kirchenrechtlich nicht völlig der Untätigkeit oder der Passivität ausgeliefert, weil es in der Kirche kein "Recht" ohne Rückbindung an den Glauben (das Dogma) und an die Moral gibt.
So sah sich die Kirche in der Kirchengeschichte immer wieder genötigt, auch durch außerordentliche Maßnahmen sich vor falschen oder zweifelhaften "Päpsten" zu schützen. Auch ein nur "zweifelhafter Papst" bedeutet in der Praxis soviel wie gar kein Papst (Papa dubius, Papa nullus).
Das Konzil von Konstanz (1414 - 1418) sah sich z.B. genötigt, drei gleichzeitig die Herrschaft beanspruchende und insofern zweifelhafte Päpste loszuwerden, um wieder eine eindeutige und unzweifelhafte Nachfolge auf dem Stuhl Petri zu ermöglichen.
Es gelang, zwei dieser Päpste zur Abdankung zu überreden, der dritte wurde wegen seiner mangelnden Bereitschaft (zur Einheit) einer schismatischen Gesinnung angeklagt und auch wegen anderer "Vergehen" vom Konzil verurteilt.
Obwohl das Konzil von konziliaristischen Tendenzen nicht frei war (also teilweise die Meinung vertrat, dass ein Konzil über dem Papst stehe), hat es mit der "Absetzung" durch Feststellung einer mit dem Papstamt nicht in Einklang zu bringenden (schismatischen) Haltung die Kirche wieder aus der Krise geführt und den Weg für eine Neuwahl geebnet.
Denn die Kirche ist auch gehalten, das Kirchenrecht vor Missbrauch zu schützen, in Extremsituationen sich also auch aktiv um eine sinnvolle Lösung zu bemühen.
Letzter Hinweis: Eines wird beim Problem eines "schlechten Papstes" auch oft verwechselt:
Ein
nur moralisch fragwürdiger Papst ist und bleibt Papst, weil wir Menschen immer auch Sünder sein können und wir nie von außen beurteilen können, wie heilig oder unheilig jemand vor Gott ist.
Ein
sich dem überlieferten Glauben entgegenstellender "Papst" kann jedoch von der Herde nicht mehr an seiner Stimme, welche der Stimme Christi entsprechen muss, erkannt werden, d.h. er kann nicht als wahrer Hirte (an)erkannt werden. Nicht die Herde setzt ihn ab, sondern er selbst nimmt sein Hirtenamt dann nicht wahr: "Einem Fremden folgen sie nicht. Sie fliehen vielmehr vor ihm, weil sie die Stimme des Fremden nicht kennen" (Joh. 10,5).