Eugenia-Sarto
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Der letzte Satz des Syllabus

Papst Pius IX. verurteilte 80 Sätze von Häretikern im sogenannten Syllabus. Satz Nr. 8o lautet: . Der Römische Papst kann und soll sich mit dem Fortschritt, dem Liberalismus und der gegenwärtigen …Mehr
Papst Pius IX. verurteilte 80 Sätze von Häretikern im sogenannten Syllabus.
Satz Nr. 8o lautet:
. Der Römische Papst kann und soll sich mit dem Fortschritt, dem Liberalismus und der gegenwärtigen Zivilisation versöhnen und vergleichen.
Darüber könnte man mal nachdenken. Wie steht es heute in Rom mit diesem Urteil?
Hat man sich mit dem Fortschritt, mit dem Liberalismus und der gegenwärtigen Zivilisation versöhnt?
Eugenia-Sarto
@simeon f. Ich schliesse mich ganz Ihrer Meinung an, dass nicht jeder Fortschritt abzulehnen ist. Darum wäre es schon gut, wenn man die Argumentation der Kirche kennt. Vielen Dank für Ihre Beiträge!
simeon f.
@Eugenia-Sarto . Nachtrag zu meiner Bemerkung unten. Ich hatte folgendes geschrieben:
>>>Die Erwiederung auf den Irrtum: "Karl lügt immer" muss eben nicht lauten: "Karl sagt immer die Wahrheit", sie wird weitaus realistischer lauten: "Karl lügt nicht immer!" <<<
Laut Brandmüller hat die Kirche die Verurteilung von Sätzen deshalb in dieser negativen Form vorgenommen, weil eben nur dieser Satz …Mehr
@Eugenia-Sarto . Nachtrag zu meiner Bemerkung unten. Ich hatte folgendes geschrieben:

>>>Die Erwiederung auf den Irrtum: "Karl lügt immer" muss eben nicht lauten: "Karl sagt immer die Wahrheit", sie wird weitaus realistischer lauten: "Karl lügt nicht immer!" <<<

Laut Brandmüller hat die Kirche die Verurteilung von Sätzen deshalb in dieser negativen Form vorgenommen, weil eben nur dieser Satz verurteilt werden sollte. Im dem von mir gebrachten Beispiel konnte der Satz: "Karl sagt immer die Wahrheit" genauso richtig sein, wie der Satz: "Karl sagt fast immer die Wahrheit." oder "Karl lügt fast immer."

Die Verurteilung gilt in diesem Fall eben ausschließlich der krassen Behauptung: "Karl lügt immer." Sie behauptet also nicht, worin jetzt die genaue Wahrheit besteht, sondern nur, worin sie definitiv nicht besteht.
simeon f.
@Eugenia-Sarto , der unten genannte Autor des Buches über den Syllabus, kommt übrigens bezüglich der 80sten These zu einem anderen Schluss, als den, welchen ich aufgezeigt habe. Er sieht die Gegenposition tatsächlich darin, zu sagen:
>>>"Der römische Papst kann und darf sich nicht mit dem Fortschritt, dem Liberalismus und der modernen Zivilisation versöhnen und abfinden." <<<
Es zeigt sich dann …Mehr
@Eugenia-Sarto , der unten genannte Autor des Buches über den Syllabus, kommt übrigens bezüglich der 80sten These zu einem anderen Schluss, als den, welchen ich aufgezeigt habe. Er sieht die Gegenposition tatsächlich darin, zu sagen:

>>>"Der römische Papst kann und darf sich nicht mit dem Fortschritt, dem Liberalismus und der modernen Zivilisation versöhnen und abfinden." <<<

Es zeigt sich dann aber sogleich das Problem, dass er sagen muss, dass es dabei natürlich nicht darum gehe, dass die Kirche grundsätzlich jedem Fortschritt gegenüber unaufgeschlossen sei. Das gelte eben nur für den Fortschritt, welcher von der modernistischen Gesellschaft eben zu jener Zeit als solches betrachtet wurde.

Ich bin der Meinung, dass das problematisch ist, weil es ja auch damals gewisse Fortschritte gab, denen gegenüber man nicht ablehnend sein musste, ohne gleich den Glauben zu verraten. Daher komme ich zu dem Schluss, dass die von mir gewählte Formulierung günstiger ist und weniger Erklärungsbedarf nach sich zieht. Außerdem verliert sie ihre Gültigkeit auch dann nicht, wenn sich die Zeiten einsmals geändert haben werden.
Ein weiterer Kommentar von simeon f.
simeon f.
@Eugenia-Sarto : Die Methode, wie man die Gegenposition eines verurteilten Satzes herleitet, habe ich bei Kardinal Brandmüller kennengelernt. Und zwar war das ein Vortrag, der wenn ich mich nicht irre hier auf Gloria-TV zu sehen war.
Eine Weile davor hatte ich ein Gespräch mit einem Theologen über den Syllabus. Dabei meinte dieser, dass einige der verurteilten Sätze so haarsträubend seien, dass …Mehr
@Eugenia-Sarto : Die Methode, wie man die Gegenposition eines verurteilten Satzes herleitet, habe ich bei Kardinal Brandmüller kennengelernt. Und zwar war das ein Vortrag, der wenn ich mich nicht irre hier auf Gloria-TV zu sehen war.

Eine Weile davor hatte ich ein Gespräch mit einem Theologen über den Syllabus. Dabei meinte dieser, dass einige der verurteilten Sätze so haarsträubend seien, dass man unmöglich davon ausgehen darf, dass so etwas heute noch ernstgenommen werden könne. Ich war zwar anderer Meinung, konnte aber nicht wirklich etwas Gescheites dagegensetzen.

Nachdem ich nun Brandmüller gehört hatte war mir klar, dass viele Missverständnisse darin begründet sind, dass man die scholastische Logik nicht mehr versteht. Man stelle sich vor, dass ein angehender Forstwirt irrtümlicherweise behauptet: "Alle Bäume verlieren im Winter ihre Blätter!" Dann wird ein erfahrener Kollege ihn korregieren indem er den richtigen Satz entgegenstellt: "Nicht alle Bäume verlieren im Winter ihre Blätter!" Das direkte Gegenteil der irrtümlichen Behauptung, "alle Bäume behalten im Winter ihre Blätter!" wärde ja ebenfalls falsch. Das leuchtet jedem ein.

Im theologischen Gefilde, wird aber mit solchen Falschaussagen der Syllabus ins Lächerliche gezogen. Man nimmt einen beliebigen Satz des Syllabus und formulliert eine haarstäubende Gegenposition und klagt dann die Kirche an, dass sie hier eine haarsträubende Position vertrete. Brandmüller nun machte mich darauf aufmerksam, dass die Position der Kirche nicht unbedingt darin besteht, dass diese exakt gegenüber eines Irrtums liegen muss. Die Erwiederung auf den Irrtum: "Karl lügt immer" muss eben nicht lauten: "Karl sagt immer die Wahrheit", sie wird weitaus realistischer lauten: "Karl lügt nicht immer!"

Und jetzt zum Titel des Buches. Der Syllabus in ultramontaner Beleuchtung, dargestellt von Dr. Franz Heiner, Mainz 1905
www.zvab.com/servlet/SearchResults
Eugenia-Sarto
@simeon f. Ich wäre sehr interessiert, mir dieses Buch zu kaufen. Bitte geben Sie mir den Titel an. Danke!
simeon f.
@Eugenia-Sarto , ich habe ein ganzes, dickes Buch über den Syllabus. da stehen alle drin und sind auch noch kommentiert. Mit dem Zusammenhang meine ich aber nicht die Einordnung in den Zusamenhang der 80 verurteilten Sätze, sondern den Ursprung, des Satzes selbst. Die verurteilten Sätze hat ja nicht Pius IX selbst erfunden, sondern er reagiert auf Sätze, die irgendwo, irgendwann aufgetaucht sind …Mehr
@Eugenia-Sarto , ich habe ein ganzes, dickes Buch über den Syllabus. da stehen alle drin und sind auch noch kommentiert. Mit dem Zusammenhang meine ich aber nicht die Einordnung in den Zusamenhang der 80 verurteilten Sätze, sondern den Ursprung, des Satzes selbst. Die verurteilten Sätze hat ja nicht Pius IX selbst erfunden, sondern er reagiert auf Sätze, die irgendwo, irgendwann aufgetaucht sind und jetzt als Anspruch im Raum stehen. Sie stammen z. T. von modernistischen Theologen oder aus Freimaurekreisen. Und jetzt sagt er eben, dass diese Sätze nicht katholisch sind.
Eugenia-Sarto
@simeon f. Sie können sich den Syllabus ja ausdrucken. Es sind 80 Sätze, die verurteilt wurden vom Lehramt.
simeon f.
Die Sätze aus dem Syllabus müssen immer im Zusammenhang des Kontexts gelesen werden. In diesem Fall kenne ich den Zusammenhang nicht, in welchem der Satz steht. Zumeist sind es Forderungen, die von irgendeinem Theologen oder einer populären Zeitgeistströmung stammen, und bringen dessen These in eine kurze, griffige Formel. Außerdem muss man die Gegenposition vorsichtig erarbeiten. Der unbedarfte …Mehr
Die Sätze aus dem Syllabus müssen immer im Zusammenhang des Kontexts gelesen werden. In diesem Fall kenne ich den Zusammenhang nicht, in welchem der Satz steht. Zumeist sind es Forderungen, die von irgendeinem Theologen oder einer populären Zeitgeistströmung stammen, und bringen dessen These in eine kurze, griffige Formel. Außerdem muss man die Gegenposition vorsichtig erarbeiten. Der unbedarfte Leser, der mit der scholastischen Logik nicht vertraut ist, meint sofort, dass die geforderte Gegenposition wie folgt lauten müsste:

"Der Römische Papst kann und darf sich mit dem Fortschritt, dem Liberalismus und der gegenwärtigen Zivilisation nicht versöhnen und nicht vergleichen."

Das ist aber zu krass formuliert. Richtig ist meines Erachtens daher eine weitaus vorsichtigere Variante, welche lediglich die Forderungen zurückweist, die dem Papst vorschreiben, was er können und dürfen soll. Es müsste also m.E. eher folgendermaßen lauten:

"Der Römische Papst braucht und muss sich mit dem Fortschritt, dem Liberalismus und der gegenwärtigen Zivilisation nicht versöhnen und nicht vergleichen."

Es wird also lediglich die Forderung selbst zurückgewiesen.Es wird nicht sogleich eine neue Forderung aufgestellt, in welcher das exakte Gegenteil zum Ausdruck kommt. Der Modernismus und Liberalismus wurde ja bereits an anderen Stellen verurteilt, so dass dies hier nicht mehr notwendig erscheint.
Eugenia-Sarto
Es muss endlich der reine katholische Glaube gepredigt und verteidigt werden in einer klaren dogmatischen Sprache. Interpretierbare Sätze sind nicht das Heilmittel sondern eine grosse Gefahr. Das ist einer der Fehler des Konzils, dass man absichtlich häresieverdächtige Formulierungen wählte, sie durch komplizierte Sprache, neue Begriffe überdeckte, um später nach dem Konzil, die Katze aus dem Sack …Mehr
Es muss endlich der reine katholische Glaube gepredigt und verteidigt werden in einer klaren dogmatischen Sprache. Interpretierbare Sätze sind nicht das Heilmittel sondern eine grosse Gefahr. Das ist einer der Fehler des Konzils, dass man absichtlich häresieverdächtige Formulierungen wählte, sie durch komplizierte Sprache, neue Begriffe überdeckte, um später nach dem Konzil, die Katze aus dem Sack zu lassen und den Glauben umzustürzen. Ein Meister war hierin Karl Rahner, dem die Bischöfe der Rheinischen Allianz folgten.
Tradition und Kontinuität
@alfredus
Wir werden keinen Fortschritt (im Sinne von mehr Glauben und mehr Katholizität) bekommen, wenn wir den Fehler ausschließlich beim Konzil (das sicher nicht perfekt war) suchen, anstatt den Bruch anzugehen, der durch das (legitime oder illegitime) Pontifikat Bergoglio entstanden ist. Das Konzil muss, richtig interpretiert, in den Heilungsprozess eingebunden werden.
alfredus
@a.t.m Sie haben recht, Rom hat sich dem Modernismus und Zeitgeist unterworfen und geht Hand in Hand mit den Kirchenzerstörern. Seit dem Konzil mit seiner Öffnung zur Welt, dringt der Unglaube und das Profane immer mehr in die Kirche ein. Liberale und glaubenslose Kardinäle, Bischöfe geben den Ton an und entfernen sich immer mehr von der Lehre und dem Lehramt. Rom verkommt so zu einem Tollhaus voller …Mehr
@a.t.m Sie haben recht, Rom hat sich dem Modernismus und Zeitgeist unterworfen und geht Hand in Hand mit den Kirchenzerstörern. Seit dem Konzil mit seiner Öffnung zur Welt, dringt der Unglaube und das Profane immer mehr in die Kirche ein. Liberale und glaubenslose Kardinäle, Bischöfe geben den Ton an und entfernen sich immer mehr von der Lehre und dem Lehramt. Rom verkommt so zu einem Tollhaus voller Widersprüche und Belanglosigkeit. Es ist schon so weit, dass nur noch Gott und die Hl.Gottesmutter Maria die Kirche und damit uns, retten kann. 😇 😈 🙏
Tradition und Kontinuität
Das Problem mit dem Syllabus ist, dass es sehr schwer festzulegen ist, welche Sätze ewige Gültigkeit und Verbindlichkeit haben, und welche heute vielleicht verändert oder anders interpretiert werden müssen. Ich meine das jetzt allgemein. Was den letzten Satz Der Römische Papst kann und soll sich mit dem Fortschritt, dem Liberalismus und der gegenwärtigen Zivilisation versöhnen und vergleichen.Mehr
Das Problem mit dem Syllabus ist, dass es sehr schwer festzulegen ist, welche Sätze ewige Gültigkeit und Verbindlichkeit haben, und welche heute vielleicht verändert oder anders interpretiert werden müssen. Ich meine das jetzt allgemein. Was den letzten Satz Der Römische Papst kann und soll sich mit dem Fortschritt, dem Liberalismus und der gegenwärtigen Zivilisation versöhnen und vergleichen. betrifft gehört er auch für mich in die Kategorie der unveränderlichen Verbindlichkeit. Jedoch ist er etwas unglücklich formuliert und müsste, wie vielleicht der ganze Syllabus, vertieft werden. Man kann meines Erachtens nicht pauschal behaupten, der Papst dürfe sich nicht mit dem Fortschritt versöhnen. Welcher Fortschritt ist denn gemeint? Mit der Zivilisation ist es noch komplizierter. Im Prinzip steht das Christentum entgegen jeder weltlichen Zivilisation. Und muss doch versuchen diese zu durchdringen. Das geht nicht mit Feindseligkeit und ohne Empathie. Das ist eine schwierige Gratwanderung, die aber geniale Päpste wie JP II oder Benedikt XVI mit Erfolg reüssiert haben. Beim Liberalismus hingegen ist die Lage klar: Liberalismus und Katholizismus sind unvereinbar.
a.t.m
Nicht nur versöhnt, Rom hat sich den "Modernismus) Unterworfen und dafür Gott dem Herrn verworfen.
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Nicht nur versöhnt, Rom hat sich den "Modernismus) Unterworfen und dafür Gott dem Herrn verworfen.

Gottes und Mariens Segen auf allen Wegen