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Liturgie-Missbrauch findet Einzug in den Datenschutzbericht

Eine Mutter wandte sich empört an meine Dienststelle und schilderte folgenden Sachverhalt: Ihre beiden Kinder im Alter von 11 und 14 Jahren hatten an einem katholischen Schulgottesdienst teilgenommen. Während des Gottesdienstes wurden an die Kinder „Postkarten“ des Misereor-Hilfswerkes verteilt, die von den Kindern zu unterschreiben und mit einem Fingerabdruck zu versehen waren. Mit dem Fingerabdruck sollte die Unterstützung „besiegelt“ werden.

Die Kinder sollten Ihre Unterschrift unter folgenden Text setzen: „Ich fordere die Bundesregierung dazu auf, im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) dafür zu sorgen, dass
• die Patentierung von Saatgut, Pflanzen und Tieren sowie deren Teilen und Genen ausgeschlossen wird,
• die WTO-Ministerkonferenz eindeutig erklärt, dass nichts im TRIPs-Abkommen so ausgelegt werden darf, dass es die Ernährungssicherheit und die biologische Vielfalt gefährden kann,
• die WTO die Konvention über die biologische Vielfalt anerkennt, insbesondere die in der Konvention verankerten Bauernrechte und Verbote von Biopiraterie.“

In diesem Fall war zunächst zu klären, wer die zuständige Datenschutzkontrollinstanz für das Anliegen der Petentin war (meine Dienststelle oder der Datenschutzbeauftragte der katholischen Kirche). Ich bin zu dem Ergebnis gekommen, dass es sich bei dem fraglichen Schulgottesdienst zumindest auch um eine schulische Veranstaltung gehandelt hat. Voraussetzung für eine Zuständigkeit meiner Dienststelle wäre jedoch gewesen, dass die Schule personenbezogene Daten der Schüler erhoben hätte. Nach Aussage des Schuldirektors war die Schule nicht in die Vorbereitung des Gottesdienstes einbezogen; die Verantwortung für die Gestaltung des Schulgottesdienstes lag vielmehr allein bei der Kirche. Ich habe den Vorgang dem Datenschutzbeauftragten der katholischen Kirche zur weiteren Bearbeitung abgegeben. Gegenüber der Petentin habe ich zum Ausdruck gebracht, dass ich den Vorgang für äußerst bedenklich halte, weil hier minderjährige Kinder, die die Tragweite ihrer Erklärung nicht abschätzen konnten und wohl zusätzlich unter faktischem Druck standen, veranlasst wurden, ihre Unterschriften zu leisten. Der Datenschutzbeauftragte der katholischen Kirche hat dies genauso gesehen und die Erhebung der Daten ohne Einwilligung der Erziehungsberechtigten als unzulässig bezeichnet.

Quelle (Seite 81): Datenschutzbericht Saarland, www.thm.de/…/132-20-tb-lfd-s…
Marcus, der mit dem C
Mal abgesehen von der fragwürdigen Methode per Gruppenzwang an die Unterstützung zu kommen, halte ich gerade das "Besiegeln" mit dem Fingerabdruck für besonders fragwürdig, da man auf die Art an ein eindeutig zuordenbares Merkmal kommt, daß sich nicht verändert. Jemand der diese Postkarten hortet und in ein Fingerabdrucksystem speichert, kann nach Jahrzehnten dann Fingerabdrücke identifizieren.
Josephus
Ein ungeheuerlicher Vorgang, Kinder derart für politische Zwecke zu missbrauchen. Spätestens jetzt sollte niemand mehr einen Cent an diese Organisation spenden.
Eremitin
sowas hätte ich als Kind nie unterzeichnet und heute auch nicht