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Pfarrer Hans Milch – eine große Stimme des katholischen Glaubens

von Dr. Wolfgang Schüler

(aus: Der Gerade Weg, Nr. 2/2012, Seite 25 - 31)

Das Jahr 2012 ist in vierfacher Hinsicht ein Gedenkjahr an Pfarrer Milch. Vor 50 Jahren wurde er Pfarrer von St. Martinus in Hattersheim am Main, vor 40 Jahren gründete er die Gebets- und Sühnegemeinschaft actio spes unica, vor 30 Jahren fand die Einweihung der von ihm erbauten Kirche St. Athanasius in Hattersheim statt, und vor 25 Jahren wurde er von einem geistig gestörten Menschen ermordet.

1. Eckpunkte seiner seelsorgerlichen Tätigkeit

Seine Traueransprache bei der Beerdigung von Pfarrer Milch begann der damalige Generalobere der Priesterbruderschaft St. Pius X., Pater Franz Schmidberger, mit den Worten: „Eine große Stimme des katholischen Glaubens ist verstummt.“ In der Tat war dieser Priester eine große Stimme des katholischen Glaubens. Als er durch die Unterweisung eines katholischen Priesters in amerikanischer Kriegsgefangenschaft der katholischen Kirche ansichtig wurde, da erfasste ihn eine große Begeisterung für sie, die sein ganzes priesterliches Wirken kennzeichnete. Diese Begeisterung wollte er weitergeben, und er konnte es sowohl durch die inhaltliche Stärke seiner Predigten als auch aufgrund seiner einzigartigen Begabung als Redner. Natürlich war die Faszination, die er ausübte, auch eine Folge seiner menschlichen Qualitäten, von denen ich nur seine Sensibilität, sein außergewöhnliches Einfühlungsvermögen in die Situation, insbesondere in das Leid des je Einzelnen hervorheben möchte. In besonderer Weise nahm er sich heruntergekommenen Menschen an und suchte sie auch im berüchtigten Frankfurter Bahnhofsviertel auf. Seine Glaubensverkündigung zielte auf das, was die Oration zum vierten Sonntag nach Ostern mit den Worten ausdrückt: „Auf dass unsere Herzen inmitten des Wechsels der irdischen Dinge dort verankert seien, wo die wahren Freuden sind.“ Aber auf welche Weise versuchte Pfarrer Milch dieses Ziel zu erreichen?

Kaplan Hans Milch mit seiner Schwester und seiner Mutter

Die folgenden Akzente, die wir in Bezug auf seine Predigt setzen, mögen das verdeutlichen:

1.1 Das richtige Erlösungsbewusstsein

Es kam Pfarrer Milch darauf an, die Erlösung zu einer erlebten Wirklichkeit im Bewusstsein der Gläubigen werden zu lassen; von ihr her sollten alle Lebensbereiche Sinn und Weisung erhalten. Das richtige Erlösungsbewusstsein beginnt mit der Erkenntnis totaler Erlösungsbedürftigkeit. Dieser Erbärmlichkeit des Menschen stellte er die Größe des mit Christus verbundenen Menschen gegenüber. Die Polarisierung – nichts aus eigenem Vermögen, aber alles in Ihm – war ein Spezifikum der Predigt von Pfarrer Milch. In diesem Zusammenhang verwies er auf die Verheißung unseres Herrn am Ende des Laubhüttenfestes, die ihm besonders am Herzen lag: „Wer an Mich glaubt – wie die Schrift sagt –, „Ströme lebendigen Wassers werden aus seinem Schoße fließen“ (Joh 7,38). Die Erlösungsfreude, die Pfarrer Milch verkündet, hat natürlich nichts zu tun mit dem flachen, universalen Heilsoptimismus der Modernisten. Jene Freude ist vielmehr aufs Engste verbunden mit dem Heilsernst. Erlösungsfreude und Heilsernst sind bei ihm sich ergänzende Elemente des Erlösungsbewusstseins. So liest man in einem seiner Sonntagsbriefe: „Der absolute Heilsernst hängt unlösbar mit der vollkommenen Freude zusammen. Wer ‚sein Heil wirkt in Furcht und Zittern’, misstraut der tiefsten Echtheit seines eigenen Willens und seiner innersten Beweggründe. … ‚Mit Furcht und Zittern’ – das heißt eindeutig: fern jeglicher Sicherheit, die im eigenen Willen bzw. in eigener Bewährung gründet, in Angst vor den chaotischen Möglichkeiten der eigenen Tiefe, vor dem eigenen Willen: ‚Den fürchtet!’ ruft Christus, weil dieser Wille in die Hölle stürzen kann. Unendlich mächtiger aber ist unser erlösendes Vertrauen in den, der ‚größer ist als unser Herz’, ein dynamisierendes, erstaunliche Werke der Hingabe gebärendes Vertrauen! Wehe dem aber, der sich selbst vertraut!“

An anderer Stelle heißt es dazu: „‚Aber unsere Religion ist doch eine Erlösungsreligion! Wir haben es doch mit einer Frohbotschaft und nicht mit einer Drohbotschaft zu tun!’ Dieses Geschwätz der Unmündigen, die mit ihrer eingebildeten ‚Mündigkeit’ kokettieren, schwadroniert heutzutage kreuz und quer durch die Stoppelfelder kirchlicher ‚Selbst’-Darstellung. Unsere Erlösung ist unabdingbar und begrifflich notwendig gebunden an drohende Verdammnis. Die Frohbotschaft des Christus ist als Frohbotschaft notwendig auch Drohbotschaft.“

1.2 Von Wahrheit und Moral

Auch Pfarrer Milch war aus der Seelsorge das Phänomen vertraut, dass am Glauben interessierte Menschen oft noch ganze Berge irriger Meinungen, Verhaltensweisen oder auch äußerlich sichtbarer moralischer Schwächen mit sich herumschleppen. Er war jedoch überzeugt, dass die Vermittlung der Wahrheit fruchtbarer ist als der erhobene Zeigefinger: „Wenn du einen zu Christus führen willst, dann darfst du nicht damit anfangen: ‚Er will von dir dies und verbietet dir das andere.’ Wie falsch ist das! Jesus heißt: ‚Sei getrost, Ich bin es. Du wartest auf jemanden? Du bist einsam? Du bist unverstanden? Du hast eine innere Not? Dir hängt alles zum Halse heraus? Dir ist alles nicht genug? Ja, es ist richtig, dass dir nichts genug ist.

Es kann dir nichts genug sein, denn du bist aus deinem innersten Wesen heraus unersättlich.’ … Der Mensch kennt keine Grenze und kann es an keiner Grenze aushalten. Wir sind nun einmal nicht bescheiden. Die [geistige] Bescheidenheit ist eine Tugend für Dämliche, die nicht merken, was sie eigentlich aus ihrem innersten Wesen heraus sind und wohin sie drängen, nämlich nach Unendlichkeit, nach allem. Jawohl, ich will alles: endlose Lust, Macht, Besitz, Ruhm. Jede Grenze ist Hölle. Wo die Grenze gesetzt wird, ist dabei gleichgültig. (...) Deshalb bedarfst du dessen, der dir sagt: ‚Ich weiß um dein Leiden und Ich verstehe Dein Leiden. Wenn niemand dein Leiden versteht, Ich verstehe es. Du verlangst und kannst gar nicht anders als nach Endlosigkeit verlangen. Hier bin Ich und biete dir die Endlosigkeit, jetzt schon geheimnisvolle Macht, jetzt schon im Kreuze, das Ich mit dir trage. Jetzt schon ist deine Einsamkeit durchbrochen. Und es geschieht ganz schnell, die Jahre rauschen vorüber, dann geht das Tor auf und dann werden alle deine Sehnsüchte durch die Gnade des unendlichen Erbarmens erfüllt. Alles Verlangen wird gestillt, alle Sehnsucht in Hülle und Fülle gestillt.’“ Spricht sich Pfarrer Milch in diesen Darlegungen dafür aus, an der Verpflichtung zu einem Leben nach den Geboten unseres Herrn und Seiner Kirche Abstriche zu machen? Davon kann gar keine Rede sein! Er spricht sich aber dagegen aus, bei der Hinführung des Menschen zum Glauben mit der Moral den Anfang zu machen.

1.3 Der Vorrang des Einzelnen vor der Gemeinschaft

Wenn man die Forderung nach dem Primat des Einzelnen vor der Gemeinschaft im Sinne von Pfarrer Milch verstehen will, dann muss man zwischen einem niederen und einem höheren Begriff von Gemeinschaft unterscheiden. Der niedere Begriff meint ein Miteinander im Nebeneinander; er bezeichnet das Gemeinschaftsverständnis der Progressisten, das von unten kommt, basisdemokratisch orientiert ist und als solches die Sphäre des Einzelnen zu zerstören trachtet. Der niedere Begriff von Gemeinschaft ist somit der Kollektivismus, über den er sagte: „Unter Kollektivismus verstehen wir jene falsche ‚Gemeinschafts’-Haltung und -Gestaltung, welche die Einzelnen unter einem willkürlichen, von unten kommenden Vorzeichen sammelt und damit um ihre Würde und Einmaligkeit betrügt. (…) Wenn am Anfang das ‚Wir’ steht, in das der Einzelne sich einzufügen habe, um des Christusgeistes teilhaftig zu sein, so ist das die antichristliche Umkehrung der von Gott gesetzten Ordnung. In ihr nämlich steht am Anfang ER, Sein Angebot und Seine Tat. Sie weckt des Einzelnen Entscheidung und Hingabe. Aus ihr ergibt sich die Gemeinschaft. In die Gemeinschaft wachse ich nicht, um des Gottmenschen in ihr teilhaftig zu werden, sondern weil ich Seiner inne bin: Einander erkennen in dem, was der Einzelne ersah – das ist jeder wahren Christusgemeinschaft Ursprung und Leben. (…) Wo gelehrt wird, das Ich erstehe aus dem Wir, da waltet die Lüge; und die Lüge gebiert tödlichen Massenwahn der Erdenhoffnung, der Ein-Welt, Abbau der Unterschiede, Abbau der Tradition, Geschichtsfeindlichkeit. … Die Kirche als solche hat immer ihren Pakt mit dem Einzelnen geschlossen, so wahr sie die Kirche ist. Aus der Begegnung des Einzelnen in der senkrechten Dimension ergibt sich erst wahre Gemeinschaft. Wo ‚Gemeinschaft’ am Anfang steht, ist sie keine. Da handelt es sich vielmehr um Kollektiv, um entwürdigende und einebnende Masse. In wahrer Gemeinschaft ist jeder Einzelne Mitte. ‚Du folge mir nach!’ Der Anruf geht immer an ein Ich, an ein Du, nicht an ein Kollektiv, auch an kein Kollegium.“ Pfarrer Milch ging es also um den höheren Begriff von Gemeinschaft, der an die Stelle des Mit- und Nebeneinander ein Für- und Ineinander setzt, was verwirklicht wird, wenn sich Menschen ihres Wertes in Christus bewusst sind und sich Ihm verschwören. Und damit der höhere Begriff von Gemeinschaft ins Blickfeld treten kann, muss er beim Einzelnen verankert werden. Diesen anspruchsvollen Begriff von Gemeinschaft wollte er vermitteln.

2. Kampf gegen die Selbstzerstörung der Kirche

2.1. Zur Auseinandersetzung von Pfarrer Milch mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil

Was die Auseinandersetzung mit dem Pastoralkonzil betrifft, so liegt das Hauptverdienst von Pfarrer Milch auf der philosophisch-theologischen Ebene. Er war ein großer Verteidiger der unteilbaren Einheit der katholischen Kirche und erkannte einen folgenschweren Fehler des Pastoralkonzils darin, dass es diese Einheit in Teile zerstückelte und die Kirche als aus Teilen, aus Elementen, zusammengesetzt versteht, wofür er den Begriff Additismus prägte. Besonders hervor tat sich Pfarrer Milch in der Analyse des Konzilsdokuments Gaudium et spes, jenes Dokumentes, welches so trivial und scheinbar human daherkommt, sodass es von Dr. Dr. Gregorius Hesse „Gaudi und Spesen“ genannt wurde. Doch gerade in dieser scheinbaren Belanglosigkeit sah Pfarrer Milch das Problem der atmosphärischen Einwilligung in die Eine-Welt-Vorstellung der Freimaurerei.

Gaudium et spes 12.1.: „Es ist fast einmütige Auffassung der Gläubigen und der Nichtgläubigen, dass alles auf Erden auf den Menschen als seinen Mittel- und Höhepunkt hingeordnet ist.“

Pfarrer Milch: „Dieser Satz ist ein Skandal. Die Auffassung von dem, was der Mensch ist, unterscheidet uns ja gerade, und zwar fundamental. Hier aber wird so getan, als hätte die Sorge um den Menschen ein gemeinsames Fundament zwischen Atheisten und Christen, zwischen denen, die dem Rat der Schlange folgen: Löst euch von Gott, dann werdet ihr aus euch selber werden wie Gott und bestimmen, was gut und böse ist, und denen, die sich dem Willen Gottes unterwerfen.“

Gaudium et spes 16: „Durch die Treue zum Gewissen sind die Christen mit den übrigen Menschen verbunden im Suchen nach der Wahrheit und zur wahrheitsgemäßen Lösung all der vielen moralischen Probleme, die im Leben der Einzelnen wie im gesellschaftlichen Zusammenleben entstehen.“

Pfarrer Milch: „Das ist des Teufels. … Unsere Suche ist die Suche in der Wahrheit, um sie immer tiefer zu erfassen, aber nicht die Suche nach der Wahrheit, denn wir sind als Erlöste in ihr.“

Gaudium et spes 23.1: „Zur Förderung dieser Gemeinschaft der Personen bietet die christliche Offenbarung eine große Hilfe“.

Pfarrer Milch: „Wie bescheiden, was für eine unsagbare Demut, in Anführungszeichen. Eine bösartige, satanische Demut. Hilfe! Haben wir Hilfestellung zu gewähren? Wir haben das einzig denkbare Glück zu vermitteln!“

Gaudium et spes 43.5: „Durch beharrliches Studium sollen sie [Seelsorger, Ordensleute und Gläubige] sich fähig machen, zum Dialog mit der Welt und mit Menschen jedweder Weltanschauung ihren Beitrag zu leisten“.

Pfarrer Milch: „Die Welt ist kein Partner. Sie ist entweder drinnen im geheimnisvollen Leib des Christus und damit in der Kirche, um mit uns identisch zu sein, oder sie ist draußen, dann aber unerlöst und zu ihrem Heile darauf angewiesen, auf unser Angebot einzugehen. Dialog mit der Welt – das ist die teuflische Selbsterniedrigung, sich in die Welt integrieren zu lassen, als Beitrag sozusagen … Oder können Sie sich vielleicht einen Dialog vorstellen zwischen Thomas von Aquin und Willy Brandt? Ich denke, der heilige Thomas wird mir diese kuriose Vision von der Ewigkeit her verzeihen.“

Gaudium et spes 77.1.: „In unseren Jahren, in denen die Leiden und Ängste wütender oder drohender Kriege noch schwer auf den Menschen lasten, ist die gesamte Menschheitsfamilie in einer entscheidenden Stunde ihrer Entwicklung zur Reife angelangt.“

Pfarrer Milch: „Das ist eine dicke Irrlehre. Es ist völlig unmöglich, dass die Menschheit kollektiv zur Reife kommt, ganz abgesehen davon, dass es der weithin zu machenden Erfahrung absolut widerspricht. Der Mensch ist vom Geistigen in diesem nihilistischen Jahrhundert so tief abgekommen, wie nie zuvor.“ Die Konzilskritik von Pfarrer Milch ist durch sämtliche Forschungen zum historischen Ablauf der Konzilssessionen und – noch wichtiger – durch die Strippenzieher der Rheinischen Allianz und Konzilsperiti [die Konzilsväter beratende Theologen, Anm. d. Red.] selbst bestätigt worden: Ja, das sollte ein Umsturz des genuinen Katholizismus sein. Es ist ein Verdienst Pfarrer Milchs, dass er schon früh in den verwirrenden Nebelschwaden der Modernisten, wie sie in den Konzilstexten zu finden sind, keine göttlichen Wunderzeichen sah, sondern sie als Ablenkungsmanöver entlarvte.

2.2. Die neue Messe in der Kritik von Pfarrer Milch

Die hl. Messe ist das Herz des katholischen Glaubens. Deshalb verwundert es nicht, dass Pfarrer Milch oft über sie sprach. Hier sei als Beispiel ein Auszug aus seiner 1977 verfassten Schrift „Kleiner Katechismus über den Gehorsam in der katholischen Kirche“ angeführt, in der er auf die Maßstäbe zu sprechen kommt, die an eine Liturgiereform anzulegen sind. Man beachte den Mut, den er mit diesen Äußerungen bewies, denn er war damals noch im Amt als Pfarrer von St. Martinus zu Hattersheim: „Der gläubige katholische Christ wird an eine veränderte Liturgie folgende Maßstäbe anlegen, um zu erkennen, ob sie vom Heiligen Geist stammt oder nicht: Wenn eine bestimmte Form heiliger Opferliturgie jahrhundertelang in der heiligen Kirche verbindlich vorgeschrieben und weit verbreitet war, muss sie zum Ausgangspunkt jeder Veränderung gemacht werden. Denn durch Jahrhunderte hin kann nur eine vom Heiligen Geist gewollte Liturgie walten. Ihre Veränderung darf nur aus ihr selbst erfolgen und aus dem, was in der Kirche mittlerweile verheißungsgemäß an Inhaltserkenntnissen über die ein für alle Mal vorgegebene Offenbarungsfülle gewachsen ist. Solche Veränderungen dürfen niemals dem Zeitgeist entnommen werden, sondern werden automatisch, wenn sie dem geistgewirkten innerkirchlichen Entfaltungsprozess entnommen sind, für den kranken Zeitgeist geeignet sein als Hilfe, Gegengewicht und Arznei: je unzeitgemäßer, desto hilfreicher für den Patienten ‚Zeit’. Die in der bisherigen Liturgie vorgezeichneten Linien müssen ausgezogen, vervollkommnet werden im Sinne des Hörbaren und Sichtbaren: a) der Wesenscharakter himmlischer Entrücktheit; b) Erhabenheit und majestätische Feierlichkeit; c) Vorgegebenheit – es muss deutlich zum Ausdruck kommen, dass nicht zunächst die Gemeinde das Opfer darbringt durch ihren ‚abgeordneten Vorsteher’,

sondern der Priester, der durch seine Weihe als Christus zu wirken vermag. Aus eigenem, von Christus gegebenem Recht bringt der Priester dem Vater für das Volk das Opfer dar. Er ‚steht’ nicht ‚vor’, er opfert. Sind diese Wesensmerkmale und die heiligen Gebärden himmlischer Feier, der Ehrfurcht und des Staunens geschrumpft, statt gewachsen zu sein, dann kann der Heilige Geist nicht am Werk gewesen sein! Eine solche Neuerungsliturgie wird keinen Priester im Gewissen verpflichten. Sie steht da als Zeichen missbrauchten Hirtenamtes und verpflichtet alle Erkennenden und Einsichtigen, vor allem Volk zu erklären: Dies ist nicht die gottgewollte, die katholische Form des heiligen Opfers! Diese Erklärung allein wird Trost bringen in die Herzen derer, die sich durch die Öde und Wesensfremdheit einer wahrhaft rückschrittlichen Neuerung ‚weinend an den Flüssen Babylons’ finden und nicht in Sion. Die ohnehin Lauen, die sich nur freuen, wenn etwas ‚schneller geht’, sind unmaßgeblich.“ Nach seiner Amtsenthebung konnte Pfarrer Milch die neue Messe noch schärfer angreifen, wobei er sich auch gegen die Auffassung wandte, dass das Hauptübel in Bezug auf diese gewisse Exzesse bei ihrer Zelebration seien. An anderer Stelle zieht Pfarrer Milch folgendes Fazit seiner Kritik an der neuen Messe: „Vor der ‚Zelebration’ des Neuen Ordo der Messe gibt es nur ein Gebot: Halt! Kein Eintritt! Unrein!“

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Zum Autor:
Dr. Wolfgang Schüler, 1939 in Wiesbaden geboren, legte nach abgeschlossener Berufsausbildung 1964 das externe Abitur ab. Das Studium der Mathematik, Physik und Philosophie an den Universitäten Frankfurt am Main und München beendete er 1972 mit dem ersten Staatsexamen. Nach dem zweiten Staatsexamen unterrichtete er über dreißig Jahre am Abendgymnasium in Wiesbaden. 1981 erfolgte die Promotion in Philosophie an der Universität München bei Reinhard Lauth. Als Weggefährte von Pfarrer Milch, dem er sich zu tiefem Dank verpflichtet weiß, ist er bestrebt, das geistige Vermächtnis dieses unvergleichlichen Priesters zu erhalten. Zu diesem Zweck stellte er dessen Sonntagsbriefe in sechs Bänden sowie einen Band mit Gebeten zusammen und versah sie mit Einleitungen.

Veröffentlichungen: „Grundlegungen der Mathematik in transzendentaler Kritik, Frege und Hilbert“, Hamburg 1983, sowie drei kleinere Schriften „Das antikatholische Grundprinzip des Zweiten Vatikanischen Konzils“, „Die additistische Denkmethode als Instrument der Glaubenszerstörung“ und „Der Gegensatz zwischen dem traditionellen Selbstverständnis der Kirche Gottes und ihrem Selbstverständnis gemäß der Lehre des Zweiten Vatikanums“.

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