Nicky41
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Das Lieblingsgebet des Thronfolgers - "Alle Tage sing und sage"

Als 1484 der polnische Thronfolger Prinz Kasimir mit 26 Jahren an Tuberkulose gestorben war, fand man bei ihm ein Gebet, das ihm so sehr ans Herz gewachsen war, dass er es ständig bei sich getragen hatte: ein lateinischer Lobpreis auf die Gottesmutter: "Omni die dic Mariae" - "Alle Tage sing und sage".

Der Verfasser dieses Marienhymnus war Bernhard von Morlas (gestorben 1140) gewesen, ein Dichter von hohem Rang. Berühmt wurde er durch seine eindringliche Schilderung des Jüngsten Gerichtes, aber die Zeiten überdauert hat sein Loblied auf Maria. Dies ist auch ein Verdienst des westfälischen Gymnasiallehrers Heinrich Bone (gestorben 1893), der es in das 1847 erschienene Gesangbuch "Cantate" aufgenommen hat und es zu diesem Zweck aus dem Lateinischen übersetzt hatte. In dieser Fassung wurde es auch unter die Marienlieder im "Gotteslob" aufgenommen.

Unwillkürlich fragt man sich: Was hat den polnischen Thronfolger an dem Mariengebet so angesprochen, dass er es ständig bei sich trug und täglich betete?

Von Prinz Kasimir wissen wir, dass er als 13jähriger für den ungarischen Thron ausersehen war, aber sich nicht durchsetzen konnte. Später übertrug ihm der Vater die Staatsgeschäfte in Polen, während er selber in Litauen Krieg führte. Dies könnte darauf schließen lassen, dass Kasimir kein so großes Durchsetzungsvermögen besaß. Dies war jedoch nicht der Fall. Es gelang ihm, die Sicherheit im Land zu gewährleisten, indem er mit Härte gegen Räuber und Verbrecher vorging. Sein Sinn für Gerechtigkeit machte ihn bei seinen Untertanen beliebt. Der königliche Vater bestellte ihn, nachdem er Litauen bezwungen hatte, als Statthalter. Auch diese Aufgabe bewältigte er. Man kann ihn als einen tatkräftigen und umsichtigen Fürsten bezeichnen, dem bei seinen Entscheidungen immer auch klar war, dass er einmal vor dem Richterstuhl Gottes stehen wird. Da läge es nahe, Maria als besondere Fürsprecherin für die Stunde des Todes anzurufen, wie wir es im "Gegrüßet seist du, Maria" tun. Aber wenn wir uns den Text anschauen, dann ist hier weder vom Tod noch vom Gericht die Rede. Es ist ganz einfach ein Lobpreis auf die Himmelskönigin.

Alle Tage sing und sage
Lob der Himmelskönigin
ihre Gnaden, ihre Taten
ehr, o Christ, mit Herz und Stimm.

Wer jeden tag auf Maria schaut, auf ihre Erwählung, auf ihre Demut, auf ihre Ergebung in Gottes Willen, der fühlt sich gerufen, von Maria zu lernen. Wo Gott einen hingestellt hat, da muss man seine Aufgabe erfüllen. Nichts vermögen wir aus eigener Kraft, alles ist Geschenk. Auch Misserfolg und Verkennung können Wege zu Gott sein.

Auserkoren ist ihr Wesen,
Mutter sie und Jungfrau war.
Preis sie selig, überselig,
groß ist sie und wunderbar.

Wen Gott zur Mutter seines Sohnes ausersehen hat, der hebt sich ab von allen anderen. Er ist voll der Gnade. Er ist ohne jeden Makel der Sünde. Das Lied spricht es nicht aus, aber es klingt an, dass Maria ohne Erbschuld empfangen ist. Berufen zur Mutterschaft bleibt Maria Jungfrau, weil bei Gott kein Ding unmöglich ist, wie der Engel Gabriel in der Stunde der Verkündigung sagt. Dies alles zusammen mach die Größe Marias aus, so dass sie von allen Geschlechtern selig gepriesen wird.

Gotterkoren hat geboren
sie den Heiland aller Welt,
der gegeben Licht und Leben
und den Himmel offenhält.

Wer zu Maria geht, der wird von ihr zu Jesus geführt. Jesus ist der Heiland. Jesus ist das Licht der Welt. Wo man sich für Jesus entscheidet, hat das Dunkel des Bösen keine Gewalt mehr. Es muss dem Licht Christi weichen. Wo man sich für Jesus entscheidet, da hat der Tod seine Macht verloren, denn wer mit Jesus stirbt, de darf mit ihm auferstehen zu ewigem Leben. Wie ein Stephanus darf er den Himmel offen sehen.

Ihre Ehren zu vermehren,
sei von Herzen stets bereit.
Benedeie sie und freue
dich ob ihrer Herrlichkeit.

Wer Maria ehrt, der schließt sich Gott an, denn Gott hat Maria über alle Geschöpfe erhöht. Sie ist die Königin des Himmels. Maria ehren, Maria preisen lenkt den Blick auf den Himmel, auf den himmlischen Vater, auf Jesus, auf den Heiligen Geist, auf den einen Gott in drei Personen und auf den Himmel, zu dem wir berufen sind. Kasimir hat in seiner herausragenden Stellung sich von einem Gebet angesprochen gefühlt, das ihn zum Himmel aufschauen ließ, ohne den Boden unter den Füßen zu verlieren. Kasimir wurde ein Heiliger. Das Pergament mit dem Gebet wurde ihm mit ins Grab gegeben.

Maria dich lieben