Die USA geben Iran die Schuld an den mutmaßlichen Angriffe auf zwei Öltanker im Golf von Oman. "Es ist die Einschätzung der USA, dass die Islamische Republik für die Angriffe verantwortlich ist", sagte US-Außenminister Mike Pompeo bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Washington. Grundlage für diese Bewertung seien Geheimdienstinformationen, der Typ der verwendeten Waffen und die ausgeklügelte Ausführung der Taten. Die Vereinten Nationen, Deutschland und Großbritannien hatten zuvor vor einer Eskalation gewarnt. Die Welt könne sich keine große Konfrontation in der Golfregion leisten, sagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres. Allen müssen klar sein, dass einige in der Region versuchten, Feuer zu entfachen. Nun müsse geklärt werden, was geschehen und wer dafür verantwortlich sei.

Der Vorfall sei "außerordentlich beunruhigend", sagte auch Außenminister Heiko Maas. Sabotageakte seien generell immer eine Bedrohung für offene Handelswege und "aktuell auch eine Bedrohung für den Frieden". Die britische Regierung zeigte sich ebenfalls alarmiert: "Wir sind tief besorgt über Berichte von Explosionen und Bränden auf Schiffen in der Meerenge von Hormus. Wir stehen im Kontakt mit örtlichen Behörden und Partnern in der Region", sagte ein Sprecher. Die EU warnte vor vorschnellen Reaktionen auf die Vorkommnisse. "Die Region braucht keine weiteren Elemente der Destabilisierung und keine weiteren Spannungen", sagte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini in Brüssel.

Unweit der iranischen Küste waren am Donnerstag zwei Öltanker beschädigt worden. Eines der beiden Schiffe trieb brennend im Meer. Die Seeleute wurden gerettet. Zu den Vorfällen kam es nahe der Straße von Hormus, die von einem Drittel des weltweit verschifften Öls passiert wird. Die Ölpreise stiegen nach den Zwischenfällen stark an. Die Hintergründe sind bislang ebenso unklar wie die Verantwortlichen. Ein Sprecher der iranischen Flotte teilte mit, mehrere Expertenteams seien mit Hubschraubern über dem Seegebiet im Einsatz, um die Zwischenfälle zu untersuchen.

Bereits seit Wochen wachsen in der Region die Spannungen zwischen dem sunnitischen Saudi-Arabien und seinen Verbündeten einerseits sowie dem schiitischen Iran andererseits. Das Königshaus in Riad wirft der Führung in Teheran vor, sich in die inneren Angelegenheiten arabischer Staaten einzumischen und die Region zu destabilisieren. Erst vor vier Wochen hatten die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) Sabotageakte gegen vier Handelsschiffe in derselben Region gemeldet. Die USA hatten damals ebenfalls erklärt, es sei "fast sicher", dass der Iran dafür verantwortlich sei.

Russland warnt vor Vorverurteilung

Nach den neuerlichen Vorfällen warnte Russland davor, den Iran vorzuverurteilen. "Wir beobachten in letzter Zeit eine sich verstärkende Kampagne des politisch-psychologischen und militärischen Drucks auf den Iran", sagte der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow der Agentur Interfax zufolge. Moskau warnte davor, voreilige Schlüsse zu ziehen und die Spannungen in der Region weiter anzuheizen.

Bei den beiden Tankern handelt es sich um Schiffe einer deutschen und einer norwegischen Reederei. Das norwegische Unternehmen Frontline meldete eine Explosion und einen Brand an Bord des Schiffes Front Altair. Die 23 Besatzungsmitglieder blieben unverletzt, der Reederei zufolge droht das Schiff nicht zu sinken. Die Angaben der norwegischen Seefahrtsbehörde, die von einem Angriff gesprochen hatte, bestätigte sie nicht. Die deutsche Reederei Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) in Singapur teilte mit, es seien 21 Seeleute von ihrem mit Methanol beladenen Frachter Kokuka Courageous gebracht worden. Das Schiff sei am Morgen beschädigt und ein Crewmitglied leicht verletzt worden. Die iranische Agentur Irna meldete, Rettungsteams des Landes hätten die Rettung von 44 Seeleuten mit koordiniert. Die US-Marine teilte mit, sie habe zwei Notrufe erhalten. US-Schiffe seien in der Region unterwegs und leisteten Hilfe, teilte die Fünfte Flotte der US-Marine in Bahrain mit.

Die USA waren vor einem Jahr einseitig aus dem Atomabkommen mit dem Iran ausgestiegen und setzen das Land seitdem wieder mit Wirtschaftssanktionen unter Druck. Das US-Militär verlegte einen Flugzeugträger und eine Bomberstaffel in die Region, was Sorgen vor einem militärischen Konflikt aufkommen ließ.

Aufhebung der Sanktionen erzwingen?

Pompeo sagte, dem Iran gehe es darum, die Aufhebung der US-Sanktionen zu erzwingen. Seine Regierung setzte aber weiter auf wirtschaftliche und diplomatische Bemühungen, "um den Iran zur richtigen Zeit zurück an den Verhandlungstisch zu bringen". Die Vereinigten Staaten würden aber zugleich ihre Truppen und ihre Interessen schützen und ihren Verbündeten zur Seite stehen. Auf Antrag der USA wollte sich am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen mit den Vorfällen befassen.

Während des Vorfalls vom Donnerstag hielt sich der japanische Ministerpräsident Shinzo Abe in Teheran auf, um in dem eskalierenden Konflikt zwischen den USA und dem Iran zu vermitteln. Sowohl US-Präsident Donald Trump als auch der oberste Führer der Islamischen Republik, Ajatollah Ali Chamenei, erteilten Verhandlungen aber eine Absage. Trump schrieb auf Twitter, er wisse Abes Bemühungen zu schätzen. Er denke aber, "dass es zu früh ist, auch nur darüber nachzudenken, einen Deal zu machen". Mit Blick auf die Iraner fügte Trump hinzu: "Sie sind nicht bereit, und wir sind es auch nicht."

Chamenei schloss Verhandlungen mit den USA im Atomstreit kategorisch aus. "Der Iran vertraut den USA nicht", sagte er bei einem Treffen mit Abe in Teheran. "Wir haben mit den Amerikanern bereits die bittere Erfahrung beim Atomabkommen gemacht und wollen diese Erfahrung nicht wiederholen." Das iranische Außenministerium äußerte sich besorgt und sprach von "dubiosen" Zwischenfällen. Besonders der Zeitpunkt sei sehr verdächtig, sagte Außenamtssprecher Abbas Mussawi mit Blick auf den Besuch Abes in Teheran.