Inkompetenzkompensationskompetenz

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Der Begriff „Inkompetenzkompensationskompetenz“ wurde von dem Philosophen Odo Marquard in dem gleichnamigen Festvortrag geprägt, den er 1973 anlässlich des 60. Geburtstages seines Kollegen Hermann Krings hielt. Marquard gibt in diesem Vortrag eine selbstironische, kritisch-polemische Einschätzung der Lage der Philosophie der Gegenwart und erläutert in aller Kürze, wie sie in diese Lage gekommen sei.

Bedeutung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Marquard charakterisiert die Geschichte der Philosophie als eine Geschichte des sukzessiven Verlusts von Kompetenzen.

Ursprünglich, in der Antike, sei die Philosophie universell, „kompetent für alles“, gewesen. Heute, seit einiger Zeit schon, sei sie „kompetent nur noch für eines: nämlich für das Eingeständnis der eigenen Inkompetenz.“[1] Dies sei so gekommen, weil die Philosophie drei Herausforderungen, die im Laufe der Geschichte auf sie zukamen, nicht Genüge leisten konnte.

Die erste Herausforderung sei die soteriologische gewesen. Dabei ging es darum, wie die Menschen zum richtigen Leben, zum Heil, geführt werden können. Die Philosophie sei darin schließlich vom Christentum überboten worden und habe noch eine Zeit lang als ancilla theologiae, als „Magd der Theologie“ überleben können.

Die zweite Herausforderung sei die technologische gewesen. Hier, wo die Philosophie zum Nutzenwissen der Menschen habe führen sollen, sei sie klar durch die exakten Wissenschaften überboten worden und habe noch eine Zeitlang – in Form der Wissenschaftstheorie – als ancilla scientiae fungieren können.

Die dritte, jüngste und letzte Herausforderung sei die politische gewesen. Philosophie habe „zum gerechten Glück der Menschen“ führen sollen. Diese Funktion sei durch die Praxis der Politik ausgeschaltet worden. Eine Zeitlang sei die Philosophie – in Form einer Geschichtsphilosophie – noch als ancilla emancipationis zum Zuge gekommen.

Mit all diesen temporären Ersatzfunktionen sei es aber aus: „Die Philosophie: sie ist zu Ende; wir betreiben Philosophie nach dem Ende der Philosophie.“[2] Der Philosophie bleibe nur noch eine Kompetenz, eben die Inkompetenzkompensationskompetenz.

Popularisierung des Begriffs Inkompetenzkompensationskompetenz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Begriff der Inkompetenzkompensationskompetenz ist mittlerweile auch über die Philosophie hinaus populär geworden. So hat beispielsweise Ralf Lisch ihn zur Beschreibung gängiger Verhaltensmuster im Management verwendet und charakterisiert in diesem Kontext Inkompetenzkompensationskompetenz als „konsequente Fortsetzung des Peter-Prinzips.“[3]

Quellen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Odo Marquard: Inkompetenzkompensationskompetenz? Über Kompetenz und Inkompetenz der Philosophie. In: Hans M. Baumgartner, Otfried Höffe, Christoph Wild (Hrsg.): Philosophie – Gesellschaft – Planung. Kolloquium, Hermann Krings zum 60. Geburtstag. Bayerisches Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung, München 1974, S. 114–125 (Vortrag in München am 28. September 1973).
  • Odo Marquard: Inkompetenzkompensationskompetenz. In: Philosophisches Jahrbuch. Nr. 81, 1974, S. 341–349 (philosophisches-jahrbuch.de [PDF]).
  • Inkompetenzkompensationskompetenz? Über Kompetenz und Inkompetenz der Philosophie. In: Odo Marquard: Abschied vom Prinzipiellen. Philosophische Studien, S. 23–38. Reclam (UB 7724), Stuttgart 1981, ISBN 3-15-007724-9

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Marquard, Abschied vom Prinzipiellen, S. 29
  2. Marquard, Abschied vom Prinzipiellen, S. 27
  3. Ralf Lisch: Inkompetenzkompensationskompetenz – Wie Manager wirklich ticken. Solibro Verlag, Münster 2016, ISBN 978-3-96079-013-6.