Diego Maradona, 1986
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Chronik

Diego Maradona ist tot

Die Sportwelt trauert um die argentinische Fußballlegende Diego Armando Maradona. Er verstarb am Mittwoch rund einen Monat nach seinem 60. Geburtstag in seinem Haus in Tigre nördlich von Buenos Aires an einem Herzinfarkt, wie sein Anwalt und Argentiniens Fußballverband (AFA) mitteilten. Maradona war erst vor Kurzem aus dem Spital entlassen worden, nachdem ihm ein Blutgerinnsel aus dem Gehirn hatte entfernt werden müssen.

„Der Fußballverband und sein Präsident Claudio Tapia spüren tiefen Schmerz über den Tod unserer Legende, Diego Armando Maradona. Du wirst immer in unseren Herzen sein“, twitterte der Verband. Die argentinische Regierung ordnete eine dreitägige Staatstrauer an.

Maradona galt als einer der besten Fußballer der Geschichte. 1986 führte der exzellente Techniker Argentinien in Mexiko zum zweiten WM-Titel seiner Geschichte. Mit dem SSC Napoli holte Maradona zweimal die italienische Meisterschaft und den UEFA-Cup. Nach seiner aktiven Karriere war der Argentinier auch Teamchef seines Heimatlandes, abseits des Feldes sorgte der exzentrische Superstar aber ebenso durch Drogen- und Alkoholexzesse für Schlagzeilen.

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Diego Maradona bei der WM 1982
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Diego Armando Maradona galt von Jugendtagen an als Jahrhunderttalent. Bei der WM 1982 hatte er im Alter von 21 Jahren seinen ersten großen Auftritt auf der internationalen Bühne, konnte aber Argentiniens Hoffnung auf die erfolgreiche Titelverteidigung nicht erfüllen.
Diego Maradona im Barcelona-Dress, 1984
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Maradonas erste Station in Europa war der FC Barcelona. Der Argentinier gewann mit den Katalanen zwar den spanischen Cup, ähnliche Erfolge wie später sein Landsmann Lionel Messi konnte er bei Barca aber nicht feiern.
Diego Maradona, 1986
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Bei der WM 1986 in Mexiko erlangte Maradona endgültig Kultstatus. Im Viertelfinale gegen England erzielte er zwei der berühmtesten Treffer der WM-Geschichte: einmal per Solo über das halbe Feld und dann hier mit der „Hand Gottes“.
Diego Maradona stemmt WM-Pokal in die Höhe, 1986
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Am 29. Juni 1986 führte Maradona Argentinien schließlich zum 3:2-Finalsieg über Deutschland und zum zweiten und bisher letzten WM-Titel. Der Superstar gab den entscheidenden Pass zum Siegestor von Jorge Burruchaga und wurde ab sofort nicht nur im Azteken-Stadion auf Händen getragen.
Diego Maradona, 1987
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Nicht nur in Argentinien, sondern speziell auch in Neapel wurde Maradona bereits zu Lebzeiten von den Fans wie ein Heiliger verehrt. Der „Edelzangler“ führte den SSC Napoli zu seinen zwei bisher einzigen Meistertiteln und zum Gewinn des UEFA Cups.
Maradona-„Schrein“ in Neapel
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Noch heute sind in der Metropole im Schatten des Vesuvs Schreine zu Ehren der Fußballlegende zu finden.
Diego Maradona für die Boca Juniors, 1995
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Der Umgang mit seinem Ruhm fiel Maradona nicht leicht. Drogen- und Alkoholexzesse mehrten sich gegen Ende seiner Karriere, die Mitte der 1990er bei den Boca Juniors in seiner Heimat endete.
Diego Maradona als Teamchef, 2010
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2010 versuchte Maradona Argentinien als Teamchef zum dritten Titel zu führen – doch ausgerechnet Deutschland beendete Maradonas und Messis (r.) Traum vom WM-Pokal im Viertelfinale mit einer 0:4-Abfuhr.
Diego Armando Maradona gestikuliert auf dem Platz, 2019
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Der ganz große Erfolg als Trainer blieb Maradona, dessen Körper immer deutlicher die Folgen des jahrelangen Raubbaus zeigte, auch auf Clubebene verwehrt. Am 25. November verstarb Maradona im Alter von 60 Jahren.

Unvergessen sind die „Hand Gottes“, mit der er bei der WM 1986 gegen England getroffen hatte, oder sein Jahrhunderttor nach einem unfassbaren Dribbling im selben Spiel. Unvergessen sind aber auch die Jahre später erschienenen Bilder vom kugelrunden Maradona mit blondiertem Haar. Er scheiterte nicht nur als Teamchef, auch als TV-Moderator, verbrachte Wochen in Krankenhäusern, ließ sich den Magen verkleinern und schrammte mehrmals knapp am Tod vorbei.

Trauer um Diego Maradona

Die argentinische Fußballlegende verstarb am Mittwoch rund einen Monat nach seinem 60. Geburtstag in seinem Haus in Tigre nördlich von Buenos Aires an einem Herzinfarkt.

Zuletzt wieder im Krankenhaus

Erst kürzlich hatte Maradona einen Spitalsaufenthalt überstanden. Er war am 11. November, gut eine Woche nach der Operation wegen einer Hirnblutung, aus einem Krankenhaus in einem Vorort von Buenos Aires entlassen worden. Beim einstigen Superstar war zunächst von emotionalem Stress, Blutarmut und Dehydrierung die Rede.

Bei den Tests wurde dann eine Blutung zwischen harter Hirnhaut und Gehirn festgestellt. Maradona habe den möglicherweise schwierigsten Moment seines Lebens überstanden, sagte sein Anwalt Matias Morla damals. Maradona sei gewillt, sich wegen persönlicher Probleme zu rehabilitieren: „Es wird Maradona noch eine Weile geben.“ Ein paar Tage später starb Maradona in seinem Haus an einem Herzinfarkt. Herbeigerufene Sanitäter konnten ihn nicht wiederbeleben.

Legende begann am Rande von Buenos Aires

Für die meisten ist Maradona ein Mythos geblieben. Die Legende begann in der Siedlung Villa Fiorito am Rande von Buenos Aires, wo „El Pibe de Oro“ (der Goldjunge) früh vom Erstligisten Argentinos Juniors entdeckt wurde. Als zwölf Jahre alter Ballbub soll er den Zuschauern mit seinen Kabinettstückchen während der Halbzeitpausen schon mehr Unterhaltung als die erste Mannschaft geboten haben.

Im Alter von 15 Jahren gab er sein Debüt in der ersten Liga, mit 16 war er Nationalspieler, mit 17 Torschützenkönig und als 19-Jähriger erstmals Südamerikas Fußballer des Jahres.

Maradona scheute Vergleich mit Pele

Ob er der neue Pele sei, wollten Reporter damals von ihm wissen. „Ich bin Maradona, kein neuer Irgendwas. Ich will einfach nur Maradona sein“, antwortete der junge „Diegito“. Und das ist ihm ohne Zweifel gelungen: dass sein Lebensweg unvergleichlich war. Am Anfang ging noch vieles gut. 1982 wechselte Maradona von den Boca Juniors für eine Rekordablösesumme zum FC Barcelona, zum Halbgott stieg er aber erst zwei Jahre später auf. Für eine weitere Rekordablöse ging es weiter zum SSC Napoli, also nicht zu den großen Clubs im Norden Italiens, sondern zum verspotteten Fastabsteiger in den verachteten Süden. „Kloake Italiens“, tönen Juve- oder Milan-Fans beim Duell.

Diego Maradona
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In seiner Zeit bei Napoli holte Maradona zweimal den Serie-A-Titel, gewann den UEFA-Cup und wurde mit Argentinien Weltmeister

Hier begann die Verwandlung. Maradona stieg höher und höher, 1987 und 1990 führte er Napoli zu den bis heute einzigen Meisterschaften der Vereinsgeschichte. Schon bei seiner Begrüßung hatten ihn mehr als 70.000 Fans im Stadio San Paolo empfangen, später lungerten die Menschen immer wieder vor seiner Haustür herum. Einmal soll eine Krankenschwester eine Blutprobe von ihm gestohlen und in die Kirche gebracht haben. Maradona kam mit dem Hype klar, solange er Fußball spielte, auf dem Rasen wurde er besser und besser. Die Neapolitaner verehren ihn noch immer wie einen Heiligen.

Probleme abseits des Spielfeldes

„Auf dem Platz wird das Leben unwichtig. Die Probleme, all das wird unwichtig“, sagte er in der Dokumentation „Diego Maradona“. Abseits des Platzes wurde er genauso unkontrollierbar wie für seine Gegenspieler. Er verfiel dem Kokain („Eine Line – und ich fühlte mich wie Superman“), zog zum Teil von Sonntag bis Mittwoch um die Häuser, um bis zum nächsten Spiel am Wochenende wieder alles auszuschwitzen. Seine Nationalmannschaftskarriere endete bei der WM 1994 wegen einer Dopingsperre durch den Fußballweltverband (FIFA).

„Diego hatte ein Leben wie ein Traum. Und wie ein Alptraum“, meinte sein langjähriger Fitnesstrainer Fernando Signorini. „Ich glaube, er hält sich für einen Gott, und das könnte einer der Gründe für seine Probleme sein“, sagte vor vielen Jahren der Leiter der Klinik Guemes in Buenos Aires, Hector Pezzella, wo Maradona 2007 in Behandlung war. Der Ausnahmespieler hat sich nie geschont. „Er lebt jeden Moment, als wäre es sein letzter“, betonte Signorini. „Wenn Diego einmal nicht mehr da ist, wird er noch mehr geliebt werden.“

Steckbrief von Diego Armando Maradona

  • Geboren: 30. Oktober 1960 in Villa Fiorito (Buenos Aires)
  • Gestorben: 25. November 2020 in Tigre (Buenos Aires)
  • Größe/Gewicht: 1,68 m/70 kg (zu aktiven Zeiten)
  • Position: Offensives Mittelfeld

Stationen als Profi:

  • Argentinos Juniors (1976–81)
  • Boca Juniors (1981–82)
  • FC Barcelona (1982–84)
  • SSC Napoli (1984–91)
  • FC Sevilla (1992–93)
  • Newell’s Old Boys (ARG/1993)
  • Boca Juniors (1995–97)

Stationen als Trainer:

  • Deportivo Mandiyu Corrientes (ARG/1994)
  • RC Avellaneda (ARG/1995)
  • Argentinien (2008 bis 2010)
  • Al-Wasl (VAE/2011 bis 2012)
  • Fudschairah (VAE/2017 bis 2018)
  • Dorados de Sinaloa (MEX/2018 bis 2019)
  • Gimnasia de La Plata (ARG/2019 bis 2020)

Größte Erfolge (alle als Spieler):

  • Weltmeister 1986
  • WM-Finalist 1990, vier WM-Teilnahmen (1982, 1986, 1990, 1994)
  • 91 Länderspiele in Argentiniens Nationalteam (34 Tore)
  • Argentinischer Meister 1981 mit Boca Juniors
  • Spanischer Cup-Sieger 1983 mit Barcelona
  • Italienischer Meister 1987 und 1990 mit SSC Napoli
  • UEFA-Cup-Sieger 1989 mit Napoli
  • Italienischer Cup-Sieger 1987 mit Napoli
  • Bester Fußballer der WM 1986
  • 6-mal Südamerikas Spieler des Jahres (1979, 1980, 1986, 1989, 1990, 1992)
  • 4-mal Argentiniens Fußballer des Jahres (1979, 1980, 1981, 1986)
  • U20-Weltmeister 1979 und bester Spieler des Turniers in Japan

Auszeichnungen:

  • Sein zweites Tor gegen England bei der WM 1986 in Mexiko –
    Dribbling von der Mittellinie – wurde vom Weltfußballverband (FIFA) zum Tor des 20. Jahrhunderts gewählt
  • In einer Internetabstimmung der FIFA unter Fans wurde Maradona zum „Weltfußballer des Jahrhunderts“ gewählt
  • Aufnahme in die Liste der besten Fußballer des 20. Jahrhunderts, die „FIFA 100“

Anmerkung: 1991 wegen Kokainkonsums, der zu einem positiven
Dopingbefund geführt hatte, für 15 Monate gesperrt