„Erbsünde“: Neues Buch über Vatikan-Geheimnisse

Der italienische Enthüllungsreporter Gianluigi Nuzzi („Alles muss ans Licht“) befasst sich in seinem neuen Buch „Peccato originale“ (Erbsünde) mit mehreren noch offenen Rätseln im Vatikan.

Vom spurlosen Verschwinden der jungen Emanuela Orlandi über den Tod von Johannes Paul I. bis zu Missbrauchsskandalen und einer einflussreichen „Schwulenlobby“ reicht die Bandbreite des kürzlich von dem italienischen Verlag Chiarelettere veröffentlichten Buchs.

Sieben Fragen

In den 352 Seiten seines neuen Werks versucht der Mailänder Journalist und Autor Nuzzi Antworten auf sieben Fragen zu finden, die den Vatikan seit vielen Jahren belasten. „Ist Papst Johannes Paul I. ermordet worden?“, „Wer hat die Vatikan-Bürgerin Orlandi entführt?“, „Warum geraten die von Benedikt XVI. und von Franziskus eingeleiteten Kurienreformen stets ins Stocken?“, „Was bremst den Wandel“, sind einige Themen, mit denen sich Nuzzi befasst.

Gianluigi Nuzzi

APA/AFP/Gabriel Bouys

Enthüllungsreporter Gianluigi Nuzzi

„Um auf diese Fragen eine Antwort zu finden, bin ich drei roten Fäden gefolgt: Geld, Blut und Sex. Sie bilden ein dichtes Gewebe aus intransparenten Interessen, Gewalt, Lügen, Erpressungen und verhindern jeglichen Wandel im Vatikan“, berichtete Nuzzi im Gespräch mit der Mailänder Tageszeitung „Corriere della Sera“.

Konto von Mutter Teresa

Die 2016 heiliggesprochene Mutter Teresa von Kalkutta war laut Nuzzi Inhaberin bei Vatikanbank IOR eines riesigen Bankkontos. „Das Konto war so groß, dass der Bank die Pleite gedroht hätte, hätte Mutter Theresa dieses Konto geschlossen“, berichtete Nuzzi bei der Vorstellung seines Buches am Donnerstag in Rom.

Mutter Teresa sei eine von wenigen Frauen mit einem Konto in der Vatikan-Bank gewesen, sagte Nuzzi. Sie habe enge Beziehungen zu Bischof Donato De Bonis, der rechten Hand des langjährigen und zwielichtigen IOR-Chefs Paul Marcinkus, gehabt. Sie sei die einzige Inhaberin des Kontos gewesen. „Der Betrag auf diesem Konto ist eines der bestgehüteten Geheimnisse beim IOR“, so Nuzzi bei der Präsentation.

Wieder Rede von „Schwulenlobby“ im Vatikan

Besonders brisant seien demzufolge die Kapitel des Buchs, die sich mit dem Thema Sex befassen. Nuzzi berichtet über eine „Schwulenparty“ mit viel Kokain, die von den Vatikan-Gendarmen in einem Palast innerhalb des Vatikans unterbrochen worden sei. Nuzzi zitiert den Ex-Kommandanten der Schweizer Garde, Elmar Theodor Mäder, der offen von einer „Schwulenlobby“ im Vatikan spricht. „Im Vatikan gibt es eine derart einflussreiche Schwulenlobby, die für die Sicherheit des Papstes gefährlich ist“, betonte Mäder.

Nuzzi berichtet auch über Missbrauch von Ministranten bei Messen im Petersdom, inklusive jenen, die vom Papst zelebriert werden. Die Missbrauchsfälle seien zwar gemeldet worden, der Ministrant, der den Fall angezeigt habe, sei aber entfernt worden.

Johannes Paul I. „von Last der Probleme erdrückt“

Heikel seien auch die Enthüllungen zum Tod von Johannes Paul I. nach lediglich 33 Tagen Pontifikat. Laut Nuzzi sei der „lächelnde Papst“, wie Albino Luciani genannt wurde, nicht vergiftet worden, wie oft behauptet wird. Er sei unter dem Druck der „tragischen Wahrheit“ im Zusammenhang mit Skandalen rund um die Vatikan-Bank IOR gestorben. Er sei von der „Last der Probleme“ erdrückt worden, meinte Nuzzi.

Nuzzi hatte schon 2015 mit seinem Buch „Alles muss ans Licht“ für Aufsehen gesorgt. Auch dieses Buch enthält Vorwürfen der Korruption und Geldverschwendung sowie des sexuellen Missbrauchs und Ausschweifungen einzelner Geistlicher - mehr dazu in Aufdeckerbuch: „Krieg“ im Vatikan

religion.ORF.at/APA

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