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Jennifer Weist gegen rechte Hetzer Wenn das Netz dampft

Seit zwei Tagen kämpft die Sängerin von Jennifer Rostock gegen die Hass-Brigaden der sozialen Netzwerke. Am Mittwoch hat sie ein kleines Manifest des Ichs gepostet, mit dem sie die Hetze beenden wollte. Weit gefehlt.
Von Sophie Albers Ben Chamo

Entschuldigen Sie meine Wortwahl, aber anders kann man nicht beschreiben, was gerade auf der Facebookseite von Jennifer Weist aka Sängerin von Jennifer Rostock passiert: Das Netz holt sich einen auf sich selbst runter. Sprichwörtliche Profilneurosen treffen auf verzogene Weltbilder treffen auf vermeintliche Online-Anomymität und heraus kommen Tausende Ergüsse (tut mir leid), die eines ziemlich deutlich machen: Im Netz schwimmt jeder in seiner eigenen Soße (noch mal sorry). Und die ist im Fall Weist ziemlich braun - wie auch schon bei den Angriffen auf Schweiger, Lobo und Co.

Worum geht's? Vor eineinhalb Tagen hat die begeisterte Facebookerin Weist das soziale Netzwerk genutzt, um Berlin und seine Besucher zu warnen: Die Sängerin und ein Freund waren in den frühen Sonntagmorgenstunden vor einem Club in Berlin-Friedrichshain überfallen worden. Ihrem Begleiter wurde dabei der Hals aufgeschlitzt, was er offenbar nur mit Glück überlebte. Weist warnte in ihrem Posting vor eine "Bande", die "für eine beschissene Kette tötet".

Des Hasses fette Beute

Womit Weist offensichtlich nicht gerechnet hat, ist die Dynamik des Netzes, wie sie sich in den letzten Wochen besonders deutlich zeigt und die man getrost Missbrauch nennen kann: "Ich schreibe in deine Kommentare, was ich will. Bevorzugt natürlich bei Personen des öffentlichen Interesses, damit es auch möglichst viele sehen." So häuft sich unter Weists erschrockenem Erlebnisbericht Hetze gegen jeden, der anders ist - weil er aus einem anderen Land kommt oder weil er anders denkt. Denn Ausländer, so die verbreitete Meinung, waren die Angreifer ganz bestimmt, womit die User bei der Debatte über Flüchtlinge sind, und da macht die Verbal-Onanie besonders Spaß. Das ist wie nie den Ball treffen, aber sich für Schweinsteiger halten, und keiner kann das Gegenteil beweisen. Jedenfalls nicht in dieser Welt. Genau genommen also alles Psychopathen. Aber zurück zu Jennifer Weist.

"Längster Post der Welt" 

Wie auch Schweiger hat sich Weist von Anfang an gegen den Missbrauch gewehrt. Dienstagmittag zuerst in einem Kommentar in den eigenen Kommentaren: "Eure ganzen beschissenen rassistischen Kackkommentare könnt ihr euch echt schenken!". Etwa zeitgleich bezog die Band auf der eigenen Seite Stellung: "Einige werden es schon mitbekommen haben, auf Jennifers Profil tobt gerade der rechte Bodensatz des Internets". Und schließlich Dienstag Nacht schrieb Weist den "längsten Post" der Welt. Der geriet zum Rundumschlag gegen alle Kritiker, vor allem aber zu einem Quo Vadis ihrer selbst. "Stellt euch vor, ihr postet was und seht euch danach mit 1.000.000 Leuten konfrontiert, die euch Sachen unterstellen, irgendwas vollkommen Absurdes in Sätze reininterpretieren oder die diese Plattform nutzen, um einen riesen braunen Haufen Scheiße bei euch abzuladen."

Sie liefert eine kleine Zusammenfassung bösartiger, beleidigender, absurder, fast schon komischer Unterstellungen und erklärt sich selbst, was sie liebt, was sie hasst - und was sie über Peta, die Böhsen Onkelz und die eigenen Brüste zu sagen hat. Haut- und Seelenstriptease sozusagen.

Ob Jennifer Weist gehofft hat, damit die Hass-Brigade kaltzustellen oder ob sie es für sich selbst getan hat - zur Selbstverstärkung - wer weiß. Nur eines ist sicher: "haters gonna hate".

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