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Jobs im Alter Rentner drängen auf den Arbeitsmarkt

Sie geben Nachhilfe, helfen im Supermarkt oder machen ihren Job weiter: Immer mehr Rentner arbeiten, laut einem Pressebericht haben inzwischen rund eine dreiviertel Million einen Minijob - ein Plus von 60 Prozent seit dem Jahr 2000. Experten streiten darüber, ob karge Altersbezüge das Motiv sind.
Seniorin als Nachhilfelehrerin: Zahl der arbeitenden Rentner steigt

Seniorin als Nachhilfelehrerin: Zahl der arbeitenden Rentner steigt

Foto: Michael Löwa/ picture alliance / dpa

München - Die Deutschen werden immer älter - dadurch verändert sich auch ihr Verhalten am Arbeitsplatz: In Deutschland wollen oder müssen inzwischen immer mehr Rentner arbeiten - auch noch in hohem Alter. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" am Dienstag. Grundlage des Berichts sind Antworten der Bundesregierung auf Anfragen der Linke-Bundestagsfraktion.

Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der Ruheständler mit einem Minijob demnach auf etwa 761.000 gestiegen - ein Plus von knapp 60 Prozent. Darunter waren im Jahr 2011 auch rund 120.000 Minijobber, die 75 Jahre und älter sind.

Nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit verfügten Ende vergangenen Jahres gut 154.000 Menschen im Rentenalter über eine sozialversicherungspflichtige Stelle. Damit hat sich ihre Zahl seit Ende 1999 knapp verdoppelt. Der Großteil dieser Beschäftigten, gut 80.000, habe sogar eine Vollzeitstelle. Und Selbständige sind in der Statistik noch gar nicht berücksichtigt.

"Finanzielle Notlage eher nicht das Hauptmotiv"

Wer bis ins hohe Alter arbeitet, hat dafür verschiedene Gründe. Sozialverbände machen vor allem sinkende Altersbezüge für den Trend verantwortlich. Tatsächlich sind die Renten zuletzt kontinuierlich gesunken: Wer im Jahr 2000 erstmalig eine Altersrente bezog und mindestens 35 Jahre gesetzlich rentenversichert war, erhielt im Durchschnitt 1021 Euro im Monat. Bis 2011 sank dieser Betrag auf 953 Euro. Noch stärker ist das Minus bei Renten wegen voller Erwerbsminderung: Sie verringerten sich bundesweit im selben Zeitraum von 738 auf 634 Euro.

Holger Schäfer, Arbeitsmarktexperte des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), führt indes andere Gründe an. Untersuchungen zeigten, dass Menschen, die im hohen Alter noch arbeiten, meistens relativ hoch qualifiziert sind, sagte er der "SZ". "Das deutet darauf hin, dass die finanzielle Notlage in vielen Fällen eher nicht das Hauptmotiv sein dürfte."

Ulrike Mascher, Vorsitzende des größten deutschen Sozialverbands VdK, sieht das anders: "Bei den 120.000 über 75-jährigen Minijobbern wird es sich nicht um Universitätsprofessoren handeln, die gerne länger arbeiten wollen", sagte sie. "Sondern um Rentner, die Zeitung austragen, Supermarktregale einräumen und andere wenig attraktive Jobs ausüben, um ihre karge Rente aufzubessern."

Das Arbeitsministerium wies dem Bericht zufolge in seiner Antwort darauf hin, dass sinkende Renten nicht gleichbedeutend seien "mit einer rückläufigen Entwicklung des Wohlstands" der Ruheständler. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass in den vergangenen Jahren andere Einkommensarten wie Mieten, Kapitaleinkünfte oder Betriebsrenten für die Rentner an Bedeutung gewonnen hätten.

ssu/AFP/dapd