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NBC-Bericht "Beispiellose Operation": Wie US-Geheimdienste der Ukraine im Kampf gegen Russland helfen

Soldaten der Ukraine begutachten am Rand von Kiew einen ausgebrannten russischen Panzer
Soldaten der Ukraine begutachten Ende März am Rand von Kiew einen ausgebrannten russischen Panzer. Viele Erfolge der ukrainischen Armee waren nur mithilfe der US-Spionagebehörden möglich.
© Ronaldo Schemidt / AFP
Die Ukraine ist im Kampf gegen Russland auf Unterstützung durch die US-Geheimdienste angewiesen. Der US-Sender NBC News hat jetzt enthüllt, wie sehr die Informationen der US-Spionagebehörden und des Pentagons Kiew helfen.

Die USA machen keinen Hehl daraus, dass sie die Ukraine im Krieg gegen Russland nicht nur mit Geld und Waffen, sondern auch mit den Erkenntnissen ihrer Geheimdienste unterstützen. Erst vergangene Woche versicherte Präsident Joe Biden in Washington bei der Zusage eines weiteren 800-Millionen-Dollar schweren Hilfspaketes für Kiew, die USA würden die ukrainische Armee auch weiter mit Geheimdienstinformationen versorgen, um ihr zu helfen, Angriffe der Russen abzuwehren. Wie wichtig diese Informationen für die Ukraine bei der Verteidigung gegen den russischen Aggressor bislang waren, berichtet jetzt NBC News.

Die Biden-Regierung habe bereits in den Wochen vor der russischen Invasion die Zusammenarbeit mit der Ukraine verstärkt, meldet der US-Sender unter Berufung auf aktuelle und ehemalige US-Beamte. So habe ein Militärteam der Amerikaner den Zustand der ukrainischen Luftverteidigung untersucht und ihr detaillierte Ratschläge zur Verteilung ihrer Luftabwehrsysteme gegeben – ein Schritt, der nach Angaben von US-Beamten der Ukraine geholfen habe, Russland daran zu hindern, die Kontrolle über den Luftraum zu übernehmen.

USA und Ukraine tauschen Informationen "in Echtzeit"

Als Russland seine Invasion dann Ende Februar gestartet habe, hätten die USA den ukrainischen Streitkräften detaillierte Informationen darüber geliefert, wann und wo russische Raketen und Bomben einschlagen würden, berichtet NBC News weiter. Die Ukraine habe daraufhin ihre Luftabwehrsysteme und Flugzeuge aus der Gefahrenzone verlegt.

Zudem habe Washington der ukrainischen Armee durch die Lieferung bestimmter Koordinaten die Möglichkeit gegeben, auf russische Stellungen und Flugzeuge zu feuern. Dadurch habe die Ukraine in den ersten Tagen des Krieges ein russisches Transportflugzeug mit Hunderten Soldaten an Bord abschießen können und so die russische Luftangriffsoperation vereitelt, mit der der Flughafen Hostomel in der Nähe von Kiew erobert werden sollte. Die Russen nahmen den Flughafen zwar eine Zeit lang ein, hatten aber nie ausreichend Kontrolle, um große Mengen an Truppen und Ausrüstung in die Region um die Hauptstadt einzufliegen, was erhebliche Auswirkungen auf den Kampf um Kiew hatte.

Der Informationsaustausch zwischen den USA und der Ukraine sei den Beamten zufolge Teil einer massiven und beispiellosen Geheimdienstoperation mit einem Nicht-Nato-Partner, die eine entscheidende Rolle für den bisherigen Erfolg der Ukraine gegen das größere und besser ausgerüstete russische Militär gespielt habe, schreibt NBC News. "Von Anfang an sind wir beim Austausch strategischer und verwertbarer Informationen mit der Ukraine ziemlich weit gegangen", zitiert der Sender einen mit der Angelegenheit vertrauten US-Beamten. "Das hat sich sowohl auf taktischer als auch auf strategischer Ebene als sehr wirkungsvoll erwiesen. Es gibt Beispiele, bei denen man ganz klar sagen kann, dass dies einen großen Unterschied gemacht hat."

Ein ehemaliger hochrangiger Geheimdienstmitarbeiter sagte dem Sender zufolge: "Es wurden viele Erkenntnisse, die für die gezielte Bekämpfung der russischen Streitkräfte verwendet werden konnten, in Echtzeit ausgetauscht." Dazu hätten kommerzielle Satellitenbilder gehört, "aber auch eine Menge anderer Informationen, zum Beispiel darüber, wo bestimmte russische Einheiten aktiv sind".

Die ukrainische Armee ändere mithilfe des amerikanischen Geheimdienstes fast täglich die Standorte von Luftabwehrsystemen und Fluggeräten, was ein Grund dafür sei, dass Russland bislang keine Lufthoheit erlangen konnte, hieß es weiter. In einigen Fällen habe die Ukraine die anvisierten Luftabwehrsysteme oder Flugzeuge gerade noch rechtzeitig verlegen können. "Das russische Militär hat buchstäblich leere Felder zerstört, auf denen einst Luftabwehrsysteme aufgestellt waren", sagte demnach ein US-Beamter. "Das hatte enorme Auswirkungen auf die Fähigkeiten des russischen Militärs am Boden.

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NBC News hält nach eigenen Angaben einige spezifische Details über den Informationsaustausch auf Wunsch von US-Militär- und Geheimdienstvertretern zurück, da diese befürchteten, eine Berichterstattung darüber könnte den Russen helfen, wichtige Informationsquellen der Amerikaner trockenzulegen.

USA hielten bestimmte Informationen zunächst zurück

Auch die US-Regierung gab dem Bericht zufolge Anfangs nicht alle für die Ukraine nützlichen Geheimdiensterkenntnisse preis. Nach dem Beginn des russischen Angriffes hätten die Juristen des Pentagons und der Geheimdienste zunächst Richtlinien vorgegeben, die in einigen Fällen die Weitergabe von Zielinformationen für möglicherweise tödliche ukrainische Militärschläge gegen die Russen eingeschränkt hätten. Doch mit der Verschärfung der russischen Attacke und unter dem Druck des US-Kongresses seien alle diese Beschränkungen beseitigt worden. So sei Anfang April ein Memo zurückgezogen worden, das den Austausch von Geheimdienstinformationen zum Zwecke der Rückeroberung von Russland besetzter Gebiete oder zur Unterstützung ukrainischer Angriffe auf der Krim oder im Donbass untersagt habe.

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Der US-Auslandsgeheimdienst CIA setzt laut NBC auch beträchtliche Ressourcen für die Gewinnung nachrichtendienstlicher Informationen zum Schutz des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Zelenskyy ein, den die Russen töten wollen. Die CIA berate sich mit den Ukrainern darüber, "wie man ihn am besten verlegen kann, um sicherzustellen, dass er nicht mit seiner gesamten Befehlskette zusammen ist, und so weiter", zitiert der Sender einen US-Beamten.

Besonders eindrücklich beschrieb im März der Direktor des US-Verteidigungsnachrichtendienstes, Armeegeneralleutnant Scott Berrier, die Zusammenarbeit der US-Spionagebehörden und des Pentagons mit der Ukraine: Er könne in einer öffentlichen Sitzung nicht näher darauf eingehen, wie dies geschehe, sagte Scott vor dem Kongress in Washington. Doch der Austausch von Informationen und Erkenntnissen sei "revolutionär in Bezug auf das, was wir tun können".

Quelle: NBC News, United States Naval Institute

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