Die bewaffneten Männer in den braunen Hemden und schwarzen Reithosen zögern nicht, als sie die Kanzlei in der Wiener Elisabethstraße 20 erreichen. Am 12. März 1938 um sechs Uhr morgens stürmen dreißig Mann des Nationalsozialistischen Kraftfahrkorps das Büro, in dem auch die Weltbewegung gegen Rassenhass und Menschennot residiert. Die Uniformierten haben einen klaren Befehl: Irene Harand, die Gründerin der Bewegung, soll erschossen werden. Doch Harand hat Wien verlassen.

Seit geraumer Zeit schon stand Harand auf der Mordliste der Nazis. Im Oktober 1933 hatte sie ihren "Kampf gegen das Hakenkreuz" aufgenommen und im Festsaal des Bayrischen Hofs in der Taborstraße die Weltbewegung gegen Rassenhass und Menschennot gegründet – die in Österreich bald nur noch die Harand-Bewegung hieß. Drei Hauptziele gab die Vorsitzende der Bewegung vor: die Beseitigung der Not, des Hasses und der Kriegsgefahr. Harand kämpfte gegen Antisemitismus und Militarismus und legte sich offen mit dem deutschen Diktator aus Österreich an.