Montag, 4. November 2013

Greuel an heiliger Stätte - Predigt Hl. Priester Hieronymus

Auslegung des hl. Priesters Hieronymous (Matth. 24, 15. - 35.)

Da wir ausdrücklich aufgefordert werden, das Gesagte zu verstehen zu suchen, so ist dies sicher bedeutungsvoll. Bei Daniel lesen wir: In der Mitte der Woche werden Schlachtopfer und Speiseopfer aufhören; im Tempel wird der Greuel der Verwüstung sein, und die Verwüstung wird bis zum letzten Ende dauern. Auch der Apostel sagt: Der Sohn des Verderbens wird offenbar werden, der Widersacher, der sich erhebt über alles, was Gott und Heiligtum heißt, der sich selbst in den Tempel Gottes setzt und sich für Gott ausgibt. Sein Erscheinen wird nach Art des Wirkens des Satans diejenigen verderben und zum Abfall von Gott bringen, die ihn aufnehmen. Man kann dies entweder einfach vom Antichrist verstehen oder vom Bild des Kaisers, das Pilatus im Tempel aufstellen ließ, oder vom Reiterdenkmal Hadrians, das noch heute gerade an der Stelle des Allerheiligsten steht. Greuel der Verwüstung bedeutet in der Sprache des Alten Testamentes auch ein Götzenbild; deshalb steht dabei: der Verwüstung, weil das Götzenbild im verwüsteten, verödeten Tempel aufgestellt wurde. Auch jede falsche Lehre kann unter dem Greuel der Verwüstung verstanden werden; wenn wir diese am heiligen Ort sehen, d. h. in der Kirche, wie sie sich als göttliche Offenbarung ausgibt, dann müssen wir von Judäa auf die Berge fliehen, d. h. wir müssen den todbringenden Buchstaben und die Verkehrtheit der Juden fliehen und den ewigen Bergen zueilen, von denen Gott wundersames Licht ausstrahlen lässt; dann sollen wir auf dem Dache oder Hause bleiben, wo die Feuerpfeile des Teufels nicht hindringen können; wir sollen nicht hinabsteigen, um etwas aus dem Hause zu holen, indem wir vorher lebten, und nicht suchen was schon abgetan ist, vielmehr auf dem Acker der geistlichen Schriften säen, um daraus Früchte zu ernten; wir sollen uns nicht einen zweiten Rock holen, den die Apostel ohnedies nicht haben sollen.
Tedeum
24. und letzter Sonntag nach Pfingsten
(aus dem Deutschen Brevier übersetzt von Dr. Johann Schenk 1937)