Todesflut: So wurden die Menschen in der Todesflut allein gelassen

Das Protokoll des Versagens beim Katastrophenschutz

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (60, CDU) wollte nach Bayern, als seine Flutretter schon mobilmachten. Bundesinnenminister Horst Seehofer (72, CSU) warnte vor Rockern statt vor der Flut. Armin Schuster (60), Chef des Bundesamtes für Katastrophenschutz (BBK), blieb im Urlaub bis die Unwetter fast vorbei waren. Kein Wort von den Unwetterwarnungen: Rheinland-Pfalz-Regentin Malu Dreyer (60, SPD)

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (60, CDU) wollte nach Bayern, als seine Flutretter schon mobilmachten. Bundesinnenminister Horst Seehofer (72, CSU) warnte vor Rockern statt vor der Flut. Armin Schuster (60), Chef des Bundesamtes für Katastrophenschutz (BBK), blieb im Urlaub bis die Unwetter fast vorbei waren. Kein Wort von den Unwetterwarnungen: Rheinland-Pfalz-Regentin Malu Dreyer (60, SPD)

Foto: EPA, Harald Tittel/dpa, Bernd von Jutrczenka/dpa, Thomas Frey/dpa

Mehr als 150 Tote, über 1000 Vermisste! Tausende verloren ihr Haus, als in der Nacht zum vergangenen Donnerstag die Jahrhundertflut NRW und Rheinland-Pfalz heimsuchte.

Das Ausmaß der Unwetter sei „überraschend“ gewesen, „nicht absehbar“ beteuern die Politiker jetzt.

Doch stimmt das wirklich?

Fest steht: Schon am Samstag – vier Tage vor der Sintflut – gingen erste Warnungen vor einem Extrem-Hochwasser ein. Am Montag darauf wurden Bund und Länder konkret vor den drohenden Fluten gewarnt.

▶︎ Die BILD-Chronik!

Samstag, 10. Juli

Das EU-Flutwarnsystem (Efas) warnt Deutschland vor „extremem Hochwasser“ durch Starkregen. Doch von Bund und Ländern kommt keinerlei Reaktion.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (60, CDU) ist im Wahlkampfmodus, redet in der ARD über Klimaschutz. Rheinland-Pfalz-Regierungschefin Malu Dreyer (60, SPD) macht Wahlkampf, lobt in Interviews ihren Kanzlerkandidaten Scholz. Und Katastrophenschutz-Chef Armin Schuster (60)? Ist ausgerechnet jetzt im Urlaub ...

Protokoll des Flut-Versagens„Es haben sich alle auf diese Apps verlassen“

Quelle: BILD

Montag 12. Juli

Bundesinnenminister Horst Seehofer (72, CSU) verkündet das Verbot der Rockerbande „Bandidos“.

Im „täglichen Lagebericht“ seines Hauses ist an diesem Morgen aber ein anderes Thema auf TOP 1!

Die „Unwettergefahrenlage Deutschland“ warnt alle Landesregierungen und Katastrophenschützer vor „Starkregenfällen im Bereich südwestliches Nordrhein-Westfalen und nordwestliches Rheinland-Pfalz“. Zwischen dem 12. und 15. Juli“ seien dort Niederschläge zu erwarten mit „Spitzenwerten von bis 185 Liter/qm“.

Experten des DWD zeigten die betroffenen Gebiete sogar in dieser Grafik vom 12. Juli

Experten des DWD zeigten die betroffenen Gebiete sogar in dieser Grafik vom 12. Juli

Foto: GMLZ

Ein Szenario, das später exakt so eintraf!

UND WIE REAGIERT DIE POLITIK?

Seehofer verliert kein Wort über die Vorwarnungen. Auch in Mainz und Düsseldorf rühren die Regierungschefs Laschet und Dreyer keinen Finger, um Anwohner zu warnen. Laschet gratuliert an diesem Tag Günther Jauch zum 65.! Malu Dreyer ruft auf zum Impfen, besucht eine Ausstellung („Am Ende des Tunnels“).

Und das Bundesamt für Katastrophenschutz? Wirbt im Netz für interne Fortbildung ...

DWD-Sprecher„Haben drei Tage vorher vor Extremwetter gewarnt“

Quelle: BILD

Dienstag, 13. Juli

Im „täglichen Lagebericht“ für die Innenministerien von Bund und Ländern heißt es: „Unwetterwarnungen“ und „erheblicher Dauerregen“ in BaWü, NRW, Rheinland-Pfalz und Saarland.

Das Technische Hilfswerk habe „vorsorglich Teileinheiten aller Ortsverbände bis mindestens 16. Juli“ in Bereitschaft versetzt.

Auch der Wetterdienst warnt exakt die Landkreise in NRW und Rheinland-Pfalz, die später tatsächlich überschwemmt wurden, vor „Hochwasser“, „Überflutungen“ – und „Erdrutschen“.

UND DIE POLITIK?

Kein Wort von der drohenden Flut-Katastrophe! Seehofer stellt stattdessen an diesem Morgen in Berlin einen Bericht vor. Malu Dreyer redet im Landeskabinett über Corona-Lüfter in Schulen. Armin Laschet streitet mit der CSU über Steuererhöhungen. Und Katastrophenschutz-Chef Schuster? Weiter im Urlaub!

Sein Amt twittert über eine neue App zur Unwetterwarnung – ohne die drohende Katastrophe auch nur zu erwähnen. Die Stadt Mayen (Rheinland-Pfalz) beginnt vorsorglich mit dem Auffüllen von Sandsäcken.

Spätestens jetzt wäre in den USA eine Warn-SMS an alle Bewohner in den gefährdeten Gebieten gegangen.

BILD-Chef zur Todes-FlutAmis fliegen privat ins All,  hier gehen Sirenen nicht

Quelle: BILD

Mittwoch, 14. Juli

In Eifel und Sauerland, zwischen Trier, Aachen, Wuppertal und Koblenz melden die Ämter: Land unter!

JETZT reagiert NRW-Regierungschef Laschet.

Er sagt nach einem Wahlkampftermin in Stuttgart seine Reise zur CSU-Klausur in Bayern ab, fährt nach Hagen ins Krisenzentrum, stellt sich tags drauf den Kameras vor überfluteten Straßen in Altena.

Malu Dreyer postet am Morgen noch einen Gruß zu Frankreichs Nationalfeiertag.

Erst kurz vor 23 Uhr: ihr erster Hinweis auf die Fluten bei Twitter. Die Regierungschefin informiere sich „fortlaufend über die schwierige Hochwasserlage“, „bangt mit den Betroffenen“.

Seehofer meldet sich erst am nächsten Morgen zur Flutkatastrophe, bietet „Unterstützung“ an.

Der Chef des Katastrophenschutzes wird am Tag darauf aus seinem Urlaub zurückerwartet. Sein Amt twittert an diesem Donnerstag nach der schlimmsten Flutnacht des Jahrhunderts: „Bereits seit Beginn der #Extremwetter-Lage wird die Bevölkerung auch über unsere Warn-App #NINA gewarnt“.

Doch das half den Toten der Flutkatastrophe herzlich wenig ...

Trümmer und Geröll in SchuldBILD-Reporter im Zentrum des Unwetters

Quelle: BILD
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