Interview mit Prof. Ignacio Serrano del Pozo, Herausgeber des Buches “Después del 31 de mayo. Una actualización del pensamiento de José Kentenich” (Nach dem 31. Mai. Eine Aktualisierung des Denkens von Joseph Kentenich) •
Ignacio Serrano del Pozo, Universität Santo Tomás, Santiago de Chile, Mitglied des Schönstatt-Männerbundes, anerkannter und beliebter Autor auf schoenstatt.org mit Themen zu Pater Kentenich und seiner Mission (Drei Haltungen der Kindlichkeit gegenüber Pater Kentenich; Die Mission des 31. Mai – mehr als ein Schlagwort: eine Antwort genau für heute Inkarnation, Gemeinschaft in Multiformität, Dezentralisierung in Einheit, Synodalität) hat ein Buch herausgegeben, das man aufschlägt und nicht mehr zumacht, bis man es zu Ende gelesen hat, und dabei handelt es sich keinesfalls um leichte Kost. Es ist ein Buch, das zum Denken anregt, das Denken und Nach-Denken einfordert und versucht, einen Schlüsselmoment der Geschichte und Spiritualität Josef Kentenichs und seines Werkes, Schönstatt, verständlicher zu machen: die Sendung des 31. Mai, eine Aufgabe, „bei der nicht einmal der Gründer Schönstatts selbst viel Erfolg hatte“, wie der Autor sagt. —
Wir hatten das Glück, Ignacio Serrano del Pozo über dieses Buch und seine Bedeutung und Herausforderung in der Zeit von Papst Franziskus und mehr als 50 Jahre nach dem Tod von Joseph Kentenich interviewen zu können.
Im Oktober 2019 hat Editorial Patris Chile Ihr Buch Después del 31 de mayo: Una actualización del pensamiento de José Kentenich (Nach dem 31. Mai. Eine Aktualisierung des Denkens von Joseph Kentenich) herausgegeben. Warum dieses Buch über den 31. Mai und warum jetzt?
Zuerst einmal, es ist nicht mein Buch, sondern ich fungiere darin als Herausgeber und als Autor eines Artikels. Das Buch ist eine Sammlung von Werken, die die Mission des 31. Mai besser verstehen wollen. Das ist eine mühsame Aufgabe, bei der nicht einmal der Gründer Schönstatts selbst viel Erfolg hatte. Der 31. Mai wurde in der Kirche nicht verstanden, aber auch nicht im Innern seiner Familie, außer vielleicht von einigen wenigen Jüngern. Wir sind bewegt von der Hoffnung, dass nach 70 Jahren, dank der durch die Zeit gegebenen Distanz und angesichts der neuen kirchlichen und kulturellen Bedingungen, die Angelegenheit besser verstanden werden könnte. Dieser Text erscheint somit im Kontext der Jubiläumsfeierlichkeiten, ein in sich zur Reflexion geeigneter Moment. Zum anderen versucht diese Arbeit aber auch, die Probleme unserer Zeit, beispielsweise die Frage des Feminismus und die Prozesse der Resilienz aus den Kentenich-Kategorien „organisches Denken“ und „mechanistische Mentalität“ zu beleuchten. Joseph Kentenich benutzte diese Begriffe, um deutlich zu machen, wie die Bazillen des Massenbolschewismus und des aufgeklärten Rationalismus die Vitalität des Christentums aufzulösen drohten und es in eine Reihe von abstrakten Ideen, mechanischen Riten und leeren Strukturen verwandelten. Die Frage, die sich uns jetzt stellen sollte, ist, worin heute die Herausforderungen bestehen, die uns anfallen, was unsere „Viren“ sind, um es einmal so zu sagen, um dann zu prüfen, ob sie aus den genialen Intuitionen, die in der Mission des 31. Mai vorzufinden sind, besser diagnostiziert oder überwunden werden können.
Haben Sie den Eindruck, dass die Botschaft von Joseph Kentenich im Laufe der Jahre an Gültigkeit gewinnt oder verliert? Warum eine Aktualisierung?
In der Sprache von Marketing: Wäre dieser akademische Anspruch USP (Unique Selling Proposition) oder Alleinstellungsmerkmal des Buches?
Das Buch entstand in einem Jahr großer Herausforderungen und Krisen in kirchlicher und gesellschaftspolitischer Hinsicht in Chile, aber nicht nur in Chile: Inwiefern sind die Überlegungen Pater Kentenichs von vor 70 Jahren für diese konkrete Zeit aktuell?
Ich muss zugeben, dass das Buch in keinem seiner Artikel die Krise innerhalb der chilenischen Kirche behandelt und auch nicht die soziale Explosion, die am 18. Oktober in Chile begann. Aber es scheint mir, dass dieser Mangel auf etwas zurückzuführen ist, den das Buch selbst zu beheben versucht. Meine Intuition ist, dass die Generationen vor uns, vor allem die Schönstatt-Patres, die Marienschwestern und -brüder, aber auch einige Laien, eine Lektüre Kentenichs als Vater, als Psychologe und Pädagoge bevorzugt haben. Vielleicht ist dies darauf zurückzuführen, dass diejenigen, die die Verantwortung für die Weitergabe des Gründers übernahmen, direkten Kontakt mit ihm hatten, so dass sie von dieser Facette des „Seelenbildners“ und der Art und Weise, wie er in ihrem Leben Leben geweckt hat, sehr beeindruckt waren. Der Nachteil dieses Ansatzes (was die Sache aber auch interessant macht) ist, dass er dazu geführt hat, dass andere Aspekte von P. Kentenichs Botschaft in den Hintergrund getreten oder sogar gänzlich unerforscht oder sogar unbekannt geblieben sind. Ich denke zum Beispiel an seine Dimension als Geschichtsphilosoph, an seine Sichtweise als Kultursoziologe, aber auch an seine noch nicht entwickelte Theologie des Symbols oder an seine noch nicht weit verbreitete Ehe- und Sexualpastoral. Dieses Buch zeigt, dass eine Annäherung an einige dieser Dimensionen eine ungeheuer produktive Denkschmiede sein kann; zum Beispiel gibt es in Nach dem 31. Mai eine Arbeit, die sich mit dem historischen Denken Pater Kentenichs befasst, und eine weitere zum Phänomen der Säkularisierung im Hinblick auf einen Dialog Kentenichs mit Max Weber und Friedrich Nietzsche.
Was erhoffen Sie sich in Blick auf die Leser dieses Buches? Was sollte es wecken?
Ich bin davon überzeugt, dass wir, wenn wir weiterhin die altbekannten Kategorien wiederholen, bald glauben, dass Kentenich keine Antwort gibt und ist und wir so am Ende zum Propheten des Augenblicks gehen. In diesem Sinne träume ich von anderen Studien, die aktuelle Probleme oder Herausforderungen aufgreifen, um von Schönstatt aus zu antworten: Ich denke zum Beispiel an die ökologische Frage aus dem organischen Denken oder an kirchliche Synodalität und das Prinzip der Dezentralisierung aus den Regierungsgesetzen Kentenichs, um zwei Themen zu nennen, die im Pontifikat von Papst Franziskus präsent sind. Die Gnadentheologie hat seit der vorkonziliaren Zeit große Fortschritte gemacht, aber wir haben sie nicht in unser Verständnis des „Gnadenkapitals“ aufgenommen. Auch die „soziale Frage“ und die Rolle der fordert eine wissenschaftliche Untersuchung. Was können wir von diesem Buch erwarten? Mehr als nur neue Ausgaben, hoffe ich, dass es andere ähnliche Verlagsprojekte inspirieren wird.
ISBN: 978-956-246-918-0
Editorial Nueva Patris, Chile
Jahr der Publikation: 2019
In Chile
In den Buchhandlungen der Bewegung und online bei Nueva Patris Chile
Außerhalb Chiles
In den Buchhandlungen der Schönstatt-Bewegung in Argentinien, USA, Costa Rica, Ecuador, Paraguay, Perú. Möglicherweise erscheint das Buch in 2020 auch als E-Book.