CDU-Parteitag: Sieg für Merkel und ihren Platzhalter Laschet wird neuer CDU-Chef

Viel spricht dafür, dass es die wichtigste Wahlentscheidung im Jahr 2021 war, sogar noch vor der Bundestagswahl: Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich auf dem CDU-Parteitag durchgesetzt und mit Armin Laschet ihren Wunschnachfolger durchgesetzt. Mit der Installation eines Platzhalters hat sie ihren Machtanspruch nach 15 Jahren nochmal zementiert. Und viele merken das nicht einmal oder wollen es nicht merken. Die geschickte Taktikerin der Macht agiert frei nach dem Motto von Franz Josef Strauß: Es ist mir egal, wer unter mir Kanzler ist. Jetzt kann sie selbst dann an der Macht bleiben, wenn sie offiziell gehen sollte.

In meinen Augen ist der 16. Januar damit ein weiterer schwarzer Tag in der Geschichte der Bundesrepublik: Mit Friedrich Merz hätte es eine klare Alternative zur Alternativlosigkeit der Kanzlerin und der weitgehenden Abschaffung der politischen Kontroverse gegeben. Eine Mehrheit der gut 1000 Delegierten auf dem virtuellen Parteitag lehnte diese Perspektive ab und entschied sich für ein „Weiter so“: Eine Fortsetzung des Kurses Richtung Abgrund. Aus Angst, aus den gut gepolsterten Sesseln mit der Sitzheizung auszusteigen. Denn die Parteitagsdelegierten sind vor allem Funktionäre. Hätte die Basis der CDU abstimmen können, wäre Merz ein Sieg wohl kaum zu nehmen gewesen. Und es hätte zumindest einen Reanimierungsversuch für die alte, noch nicht von Merkel auf rotgrünen Kurs gebrachte CDU gegeben. Mit offener Erfolgsaussicht.

Mit Laschet dagegen setzt sich das Prinzip Merkel nun fort: Die Kanzlerin, selbst die Verkörperung des Mittelmaßes, hat um sich herum alle Konkurrenten weggebissen, die auch nur etwas heller strahlten als sie selbst – wozu nicht viel gehört. Oft genug tauchte zum passenden Zeitpunkt kompromittierendes Material auf, etwa in Sachen Doktorarbeiten wie bei Karl-Theodor zu Guttenberg. Auch bei Merz bzw. dessen Konzern rückten schnell die Steuerbehörden an und es gab seltsame Schlagzeilen über angebliche Undankbarkeit gegenüber einem Obdachlosen, die von den Medien hochgebauscht wurde.

Der unter Merkel weitgehend gleichgetaktete politisch-mediale Komplex hat im Vorfeld des Parteitags aus allen Rohren gegen Merz gefeuert. Es wurde ein Schreckensbild an die Wand gemalt. So dass man fast den Eindruck bekam, unserem Land würde mit dem Konservativen Merz ein Rückfall in die Barbarei bevorstehen. Der Widerstand war so riesig, weil Merz die rotgrüne Hegemonie und ihr Meinungsmonopol hätte einschränken können. Für die rotgrünen Ideologen hätte eine Wahl von Merz wirklich zur politischen Katastrophe werden können. Denn sie hätte Chancen aufgetan, dass die Politik und der Meinungsstreit nach Deutschland zurückkehren. Ohne Erfolgsgarantie. Aber es wäre zumindest ein Versuch gewesen. Nun jubeln die großen Medien und die rotgrünen Vorkämpfer in den Foren über die Niederlage von Merz. Sie haben Grund dazu.

Merkel und ihre Büchsenspanner taten hinter den Kulissen alles, um eine Alternative in Form von Merz zu verhindern. Auch vor bösen Fouls wurde nicht zurückgeschreckt. Da gab es schon mal eine Phantom-Abstimmung in Parteigliederungen. Und Jens Spahn nutzte die Fragerunde auf dem Parteitag, um eine Empfehlung für den blassen Laschet abzugeben. Ohne eine Frage zu stellen. Ein klarer Bruch des Reglements. Doch die Parteitagsregie duldete es. Die Unterstützung war bitter nötig, weil Laschet ganz getreu dem Merkelschen Herrschaftsprinzip allzu offensichtlich der Unscheinbarste und Schwächste der Kandidaten war. Und dies wurde auch in seiner Parteitags-Rede allzu deutlich. Die erinnerte eher an die Ansprache eines Arbeiterwohlfahrts-Kreisvorsitzenden denn an einen künftigen Kanzler – auch wenn sie viele Medien hochjubelten. Der Mann mit dem Karnevals-Charisma, von Spöttern Angela Laschet oder Angelas Prinzregent genannt, steht für eine Fortsetzung von Merkels rotgrünem Kurs und für eine Anbiederung an die Wettbewerber, die einmal links der Partei standen. Da der NRW-Jecke und sein Seilschaft-Bruder Spahn kaum kanzlertauglich sind, und Corona-Napoleon Markus Söder nördlich des Weißwurst-Äquators schwer vermittelbar, steigen damit die Chancen, dass Angela Merkel als „Retterin in der Not“ im Kanzleramt in die Verlängerung geht. Söder werden da auch kaum Unterwerfungsgesten helfen, wie seine Beteuerung heute, „Merkels Erbe“ müsse gewahrt werden.

Viele Medien arbeiten bereits an einer Heldengeschichte. Etwa der Focus. Das Büro von dessen Verlag in Berlin leitet der Ehemann von Jens Spahn – der im Duo mit Laschet antrat. Hier die Schlagzeile von Focus Online: „Laschet streift sein Image ab und macht sich mit Rede seines Lebens zum neuen CDU-Chef“.  Und dann: „Armin Laschet war wahrlich nicht der Favorit bei dieser CDU-Vorsitzendenwahl. Wer in den vergangenen Wochen seine Beliebtheitswerte in der Bevölkerung verfolgt hat, der weiß, dass es da mehrere andere Unionspolitiker gibt, denen das Volk diese Rolle und auch die Rolle als Kanzlerkandidat eher zutraut als ihm.“ Bemerkenswert. Als ob die Beliebtheit bei der Bevölkerung eine Rolle gespielt hätte! Nicht Laschets Rede machte ihn zum Parteichef, sondern vor allem die massive Einflussnahme von Merkel.

Ein Unions-Abgeordneter sagte mir vor kurzem in einem vertraulichen Gespräch: „Wenn es Laschet wird, fliegt uns in spätestens zwei Jahren hier alles um die Ohren, bei Merz bekommen wir mit etwas Glück noch ein paar zusätzliche Jahre“. Ich weiß: Keine erfreulichen Aussichten und nicht das, was man lesen will an einem Winter-Samstag im Lockdown. Wobei man mit Galgenhumor sagen könnte – ein paar Jahre hin oder her sind auch nicht entscheidend. Und dass jedes Land das politische Personal bekommt, das es verdient. Oder noch drastischer: Deutschland hat fertig.

Statt solchem Defätismus aber lieber noch eine hoffnungsvolle Note zum Schluss: Die Geschichte zeigt, dass oft vermeintlich willfährige Nachfolger nach der Installation massiv ihren Kurs wechseln und sich von ihren übergroßen Förderern abwenden. Doch so wenig Laschet aus so einem Holz geschnitzt zu sein scheint: Als Machtpolitiker sollte ihm klar sein, dass er sich irgendwann von Merkel absetzen muss. Man kann ihm und unserem Land nur wünschen, dass ein Wunder geschieht und er diesen Emanzipations-Prozess schafft. Wetten würde ich nicht darauf. Annegret Kramp-Karrenbauer lässt grüßen. Oder Dmitri Medwedew in Russland: Der war formell ganz oben – und in Wirklichkeit nie viel mehr als ein Platzhalter.

Sehen Sie hier mein Video zu der Entscheidung – Warum Merkel jetzt bleibt, selbst wenn sie geht:

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Bild: photocosmos1/Shutterstock
Text: br


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