Sympathien für Putin?
Stefan Rehder hat sich in seinem Leitartikel für Die Tagespost des Phänomens angenommen:
>>Nein, wer den Kern der Sympathie verstehen will, die Putin entgegenschlägt, muss den Blick von ihm weg und vor die eigene Haustür richten.
Was er dort sieht, ist alles andere als angenehm. Denn der Westen diskreditiert sich längst in einem Umfang, den während des Kalten Krieges nicht einmal der Kreml für möglich gehalten haben dürfte. So wächst etwa das Ausmaß, mit dem sich westliche Staaten scheinbar mühelos über ihr eigenes Recht und Gesetz hinwegsetzen, nahezu atemberaubend. Ob es um die Aufweichung der Stabilitätskriterien innerhalb der Europäischen Union und das Anwerfen der Druckerpressen geht, oder um die flächendeckende Überwachung, mit der westliche Geheimdienste den elektronischen Datenverkehr von Bürgern kontrollieren; ob es um die fast unvorstellbare Lässigkeit geht, mit der ein Parlament nach dem anderen Gesetze beschließt, die das Lebensrecht ungeborener und selbst geborener Menschen mit Füßen treten (zuletzt bei der Zulassung der PID in Deutschland, der Abtreibung in Irland und der Früheuthanasie in Belgien) – stets nahm das Vertrauen in den Rechtsstaat und der Respekt der Mächtigen vor den Menschen- und Bürgerrechten gewaltigen Schaden.
Vor einem solchen Hintergrund kann selbst ein ehemaliger KGB-Offizier, der erkennbar auf die Souveränität von Völkern pfeift, zum Sympathie- und Hoffnungsträger werden.<<
Es geht kritisch weiter. Ganzer Artikel hier.
>>Nein, wer den Kern der Sympathie verstehen will, die Putin entgegenschlägt, muss den Blick von ihm weg und vor die eigene Haustür richten.
Was er dort sieht, ist alles andere als angenehm. Denn der Westen diskreditiert sich längst in einem Umfang, den während des Kalten Krieges nicht einmal der Kreml für möglich gehalten haben dürfte. So wächst etwa das Ausmaß, mit dem sich westliche Staaten scheinbar mühelos über ihr eigenes Recht und Gesetz hinwegsetzen, nahezu atemberaubend. Ob es um die Aufweichung der Stabilitätskriterien innerhalb der Europäischen Union und das Anwerfen der Druckerpressen geht, oder um die flächendeckende Überwachung, mit der westliche Geheimdienste den elektronischen Datenverkehr von Bürgern kontrollieren; ob es um die fast unvorstellbare Lässigkeit geht, mit der ein Parlament nach dem anderen Gesetze beschließt, die das Lebensrecht ungeborener und selbst geborener Menschen mit Füßen treten (zuletzt bei der Zulassung der PID in Deutschland, der Abtreibung in Irland und der Früheuthanasie in Belgien) – stets nahm das Vertrauen in den Rechtsstaat und der Respekt der Mächtigen vor den Menschen- und Bürgerrechten gewaltigen Schaden.
Vor einem solchen Hintergrund kann selbst ein ehemaliger KGB-Offizier, der erkennbar auf die Souveränität von Völkern pfeift, zum Sympathie- und Hoffnungsträger werden.<<
Es geht kritisch weiter. Ganzer Artikel hier.
ElsaLaska - 4. Mai, 12:26
es wurde mal Zeit
So mußte es mal gesagt werden und der romantisch verklärte, auch noch von der alten deutschen West-Phobie ( die ja aus der Zeit der Romantik stammt) gefärbte Blick auf den den EX-KGB-Mann als das, was er ist: Wunschdenken, enttarnt werden.
Dass viele -auch Blogozoesane- kein Problem damit zu haben scheinen, daß hier eine Großmacht sich anschickt, völkerrechtlich anerkannte, durch (auch von Putin) unterschriebene Verträge gesicherte Grenzen nach Gusto zu ignorieren und zu verschieben, um ehemals besetzte Gebiete und Länder wieder ins großrussische Reich heimzuholen, finde ich persönlich erschreckend.
Wo, frage ich, ist die Legitimation des prorussischen Spalter? Sie ist eine usurpierte, das kann jeder nachlesen, indem er sich die letzten Wahlergebnisse für die jetzt so selbstherrlich Auftrumpfenden ansieht. Alle Teile der Ukraine- auch die Krim und auch die Ost-Ukraine haben für eine selbständige Ukraine, die nicht bei Russland bleibt, gestimmt.
Und die Illusion, daß Putin ein frommer, glaubensfester Christ sei, der Kirche, Lebensrecht, traditionelle Ehe verteidige und dessen Modell- das eines glasklaren Unrechtsstaates- deshalb dem dekadenten Westen vorzuziehen sei, mag sympathisch sein, auf alle Fälle aber ist sie naiv und gefährlich.
Die hier schon geäußerte Geistesverirrung eines neuen "ex oriente lux" kann nur einem Realitätsverlust zugerechnet werden. Aus diesem Osten jedenfalls kommt uns -zumindest derzeit- kein Licht.
Ursache und Wirkung
@damasus
Woher kommt die Gewissheit, dass das eine Illusion sei? Woher kommt die Gewissheit Stefan Rehders, dass Putins Eintreten gegen Blasphemie und Abtreibung "weder persönlichen Wertüberzeugungen, noch der Einsicht in unverrückbare Wahrheiten, sondern allein knallharten Interessen geschuldet" ist?
Putin ist zweifellos ein Nationalist - und dass Gottvergessenheit und Abtreibung dem russischen Volk schaden, ist gewiss ein wichtiger Punkt für ihn. Warum daraus aber zu schließen wäre, die Werte selbst seien ihm eigentlich schnurz, ist mir nicht ersichtlich. Gibt es dafür irgendwelche Hinweise? Nach allem, was man hört, ist Putin seit den 90er Jahren wirklich gläubig. Und dass ihm der Wiederaufbau der Moral wichtig ist, hat er seit seinem ersten Interviewband (erschienen zu seinem Amtsantritt 2000) wiederholt.
Die Krim hat nahezu einstimmig für einen Anschluss an Russland gestimmt. Und in anderen Städten und Gebieten der heutigen "Ost-Ukraine" gehen die Menschen in Massen dafür auf die Strasse, der Krim nachzufolgen.
Ursache dafür war der pro-westliche Putsch in Kiew und die Installation der aktuellen anti-russischen Junta-Regierung mit Beteiligung ukranischer Neonazis, den "der Westen" massiv unterstützt hat.
@damasus
Kritik an Putin stört mich keinesfalls, manches ist zustimmungswürdig, aber ihm zu unterstellen, er hätte sich nicht bekehrt und sei ja gar kein Christ geht mir zu weit. Ich kann nicht in ihn reinsehen.
Eingeräumt: Die orthodoxen Kirchen sind Nationalkirchen - da Putin ja nach einhelliger Schreibermeinung ein Nationalist ist (was ich auch nicht negiere), ist es natürlich stringent, dass er den russisch-orthodoxen Glauben für sich und seine Ziele entdeckt haben KÖNNTE. Ein Urteil erlaube ich mir ausnahmsweise aber hier nicht. :-)
@Damasus
Das stimmte, im Grossen und Ganzen, bis 1989. Inzwischen ist ein Vierteljahrhundert vorüber, und die Fronten haben sich auf dramatische, erregende Weise verkehrt. Nun gilt: der Osten ist frei und konservativ (und, nebenbei bemerkt, 10 Mal christlicher!!), der Westen ist unfrei bis hin zur Diktatur und liberal bis linksextrem.
Darum geht es im Meinungskampfe unserer Tage. Und darum setzen viele Menschen, denen Freiheit und Werte noch etwas bedeuten, so auf Russland.