Schönborn: Wirtschaft hat Marienfeiertag durchlöchert

Der von den Nazis verbotene und nach dem Weltkrieg per Volksabstimmung wieder eingeführte Festtag Maria Empfängnis sei zwar „tief verwurzelt in der Geschichte Österreichs“, sein tieferer Sinn sei vielen heute aber nicht mehr präsent.

Kardinal Christoph Schönborn bedauerte beim Hochamt am Samstag im Wiener Stephansdom, dass der „drängende Geschäftssinn“ den Marienfeiertag „durchlöchert“ habe.

Kardinal Christoph Schönborn bei der Maria-Namen-Feier im Stephansdom 2018

Kathpress/Franz Josef Rupprecht

Kardinal Christoph Schönborn bedauerte beim Hochamt am Samstag im Wiener Stephansdom, dass der „drängende Geschäftssinn“ den Marienfeiertag „durchlöchert“ habe

Geschichte von 18 Marienerscheinungen

Wer Menschen heute auf der Straße nach dem Hintergrund des Festtages frage, werde wohl meist nur Achselzucken ernten oder die Vermutung hören, dass es um Jesu Empfängnis geht, so der Wiener Erzbischof.

Er erzählte die Geschichte der damals 14-jährigen, in ärmsten Verhältnissen aufgewachsenen Analphabetin Bernadette Soubirous, die 1858 insgesamt 18 Marienerscheinungen hatte, die Lourdes zu einem der bedeutendsten Wallfahrtsziele in Europa machten.

Das Besondere an Gottesmutter Maria

Ihn selbst ziehe es immer wieder in diesen Ort nördlich der Pyrenäen, sagte Schönborn, und er frage sich, was das Geheimnis Marias ist, die bis heute so viele Menschen auf der Welt in ihren Bann zieht.

Seine Antwort: Die durch Gottes Gnade ohne den Makel der Erbsünde geborene Gottesmutter ist „frei von sich selber“ - anders als sonstige Menschen, die geprägt seien von ihrer Verkettung mit Schuld, Leid und Defiziten und von der Tendenz, immer ihr Ich in den Mittelpunkt zu stellen. Je mehr ein Mensch offen ist für Gott und für den Nächsten, desto anziehender wird er oder sie, betonte der Kardinal mit Blick auf Maria.

Am Samstagnachmittag feiert Schönborn in der Wiener Innenstadt die traditionelle Immaculatafeier mit Beginn an der Mariensäule auf dem Platz Am Hof.

„Trauen wir Gott kreativen Neuanfang zu?“

„Trauen wir Gott zu, dass er einen neuen, kreativen Anfang machen kann, dass er Schöpfer ist?“ Vor diese „große Glaubensfrage“ stellt der Festtag Maria Empfängnis nach den Worten des Linzer Bischofs Manfred Scheuer angesichts der gegenwärtigen gesellschaftlichen und kirchlichen Verhältnisse.

„Welches Bild bietet sich uns?“, fragte er am Samstag beim Gottesdienst im Linzer Mariendom: „Unübersichtlichkeit, Komplexität, Niedergang der Werte, Auseinanderdriften und Spaltung der Gesellschaft...“

Reaktionen darauf seien Rückzug und Defensive mit drohenden Konsequenzen wie „Aufbruch in die Wut wie die ‚Wutbürger‘“, Rückzug in Trauer und Depression oder aber Verdoppelung des Arbeitspensums, „um nicht zu viel zum Nachdenken zu kommen“. Scheuer zitierte dazu ein ironisches Wort Mark Twains: „Nachdem wir das Ziel aus den Augen verloren hatten, verdoppelten wir unsere Anstrengungen.“

Dem hielt der Linzer Bischof mit Ignatius von Loyola entgegen: „Nur wenige Menschen ahnen, was Gott aus ihnen und mit ihnen machen kann, wenn sie sich ihm vorbehaltlos anvertrauen.“

religion.ORF.at/KAP