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Interview mit FOCUS Online: Hamburger Ärzte-Chef ledert gegen "Corona-Strategen": "Wer infiziert ist, ist nicht krank"
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Walter Plassmann spricht über die Corona-Ausbreitung und die bekanntesten Gesichter der Strategie
dpa Walter Plassmann spricht über die Corona-Pandemie und appelliert an die Politik.
  • FOCUS-online-Redakteur
Montag, 05.10.2020, 16:44

In einem Gastbeitrag griff Walter Plassmann, Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg, die Virus-Mahner Markus Söder und Christian Drosten an und trat eine Diskussion los. Im Interview mit FOCUS Online nennt Plassmann die Gründe für Deutschlands ängstliche Corona-Politik und erklärt, warum die Fixierung auf Infektionszahlen keinen Sinn macht.

"Wer die Gesellschaft mit immer neuen Hiobsbotschaften auf immer höhere Bäume treibt, der macht die Gesellschaft krank" - diese Worte schrieb Walter Plassmann in einem Gastbeitrag im "Hamburger Abendblatt", Corona-Mahner vor: "Machen die Gesellschaft krank"">über den FOCUS Online berichtete. Adressaten der Kritik waren die führenden Corona-Mahner in Deutschland, namentlich Markus Söder, Christian Drosten und Karl Lauterbach.

Vor allem das permanente Mahnen und die "politisch-mediale Aufgeregtheit", die von den genannten Personen befeuert wird, stören den Vorstand der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg.

Im Interview mit FOCUS Online nennt Plassmann nun die Gründe für Deutschlands vorsichtige Corona-Politik, erklärt, warum eine Fixierung auf Infektionszahlen als Indikator keinen Sinn ergeben und wird deutlich beim Thema Maskenpflicht.

Walter Plassmann über…

…die Reaktionen auf seinen Gastbeitrag im "Hamburger Abendblatt": "Wir (Kassenärztliche Vereinigung Hamburg) haben sehr viele Mails bekommen. Davon waren genau zwei kritisch. Der Tenor der meisten Nachrichten war getragen von Zustimmung, nach dem Motto: 'Endlich sagt mal einer was'. Viele haben mich in meinem Wunsch und der Forderung bestärkt, eine gesellschaftliche Debatte zu unterstützen, die nicht immer nur Worst-case-Szenarien zum Maß aller Dinge macht. Statt Panik und Hysterie zu verbreiten, sollten Politik, Wissenschaft und Medien das derzeitige Infektionsgeschehen in das richtige Verhältnis stellen, es einordnen, bewerten und den Menschen vernünftig nahebringen. Viele positive Rückmeldungen kamen in dieser Hinsicht von Ärzten, das hat mich sehr gefreut."

…die Auswahl der Adressaten Söder, Lauterbach und Drosten für seine Kritik: "Ich habe diese Personen herausgegriffen, weil sie die bekanntesten Gesichter der Corona-Strategie sind. Was mir aufstößt, ist, dass von mehreren Möglichkeiten immer die schlechteste angenommen wird. Es ist immer ganz, ganz schlimm, jüngst ist wieder von einer Schockwelle die Rede gewesen, die angeblich auf uns zukommt. Niemand aber weiß zum Beispiel, ob wirklich eine Grippewelle auf Deutschland zurollt. Durch die Beachtung der AHA-Regeln blieb diese im Frühjahr aus."

"Natürlich ist das Virus da – es stellt sich nur die Frage, wie gefährlich es tatsächlich ist"

…den Vorwurf, er liefere Corona-Leugnern neue Munition: "Ich leugne Corona nicht. Ich beobachte aber seit Jahren einen Verfall der Diskussionskultur. Es ist alles schwarz oder weiß, entweder wird der Daumen gehoben oder gesenkt. Mit manchen Menschen auf beiden Seiten der Corona-Debatte kann man einfach nicht mehr reden. Dass es das Coronavirus nicht geben soll, ist aber totaler Unsinn. Natürlich ist das Virus da – es stellt sich nur die Frage, wie gefährlich es tatsächlich ist. Dass ich teilweise in diese Ecke gestellt werden würde, war unvermeidlich."

…den Zeitpunkt, ab dem er die Maßnahmen für nicht mehr angemessen hielt: "Am Anfang waren wir alle unsicher und hatten Angst. Niemand wusste, wie gefährlich das Coronavirus tatsächlich ist. Aber durch die Rolle der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg in der Corona-Krise, die in Hamburg die Testung von Beginn an übernahm und die Menschen zuhause testete, haben wir schnell ein Gespür für die Situation entwickelt. Ich habe immer gesagt, dass wir nicht an der Front stehen, sondern sogar davor. Nachdenklich wurde ich, als die Reaktionen der Ärzte nicht mehr mit dem übereinstimmten, was ich am Abend in den Nachrichten sehen konnte. Ein Arzt kam im April ganz aufgeregt zu mir – ich dachte, er wäre wegen des heftigen Infektionsgeschehens so betroffen. Doch er erzählte mir, dass er verzweifelt sei, weil er die ganze Nacht im Einsatz gewesen sei und keinen einzigen kranken Menschen erlebt habe. Das hat mich sehr nachdenklich gemacht. Und das erleben inzwischen viele Ärztinnen und Ärzte in ihren Praxen. Viele Menschen sind verängstigt und leiden unter den massiven Auflagen. Ich glaube, wir hätten den Lockdown nach zwei bis drei Wochen beenden und den schwedischen Weg gehen sollen. Aber das ist vergossene Milch."

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Plassmann kritisiert Fixierung auf Infektionszahlen: "Wer infiziert ist, ist nicht krank"

…konkrete Kritikpunkte an der Politik: "Wir müssen uns von dieser vollkommenen Fixierung auf Infektionszahlen lösen. Wer infiziert ist, ist nicht krank. Wichtig ist aus meiner Sicht, wie viele Menschen krank sind, wie viele wegen Corona auf der Intensivstation liegen und wie viele daran gestorben sind – also an dieser Infektion gestorben sind und nicht mit ihr. Wenn die Infektionszahlen hochgehen, aber es sind nicht mehr Menschen krank oder sterben, dann ist das nicht schlimm. Ein Ampelsystem, das zum Beispiel Professor Hendrik Streeck nochmals unterstützt hat, oder ein Score, der all diese Faktoren berücksichtigt, würde aus meiner Sicht dabei helfen, den Alltag wieder normaler zu gestalten und schneller zu einer Normalität zurückzukehren, wie wir sie vor Corona kannten, ohne zu große Risiken einzugehen."

…die Gründe für die zögerliche Corona-Politik in Deutschland: "Wenn einem Menschen vorgeworfen wird, zu vorsichtig gewesen zu sein, ist das weniger schlimm als der Vorwurf, seinetwegen seien Menschen gestorben. Davor hat die Politik Angst, und das kann ich sogar ein Stück weit nachvollziehen. Am Anfang befürchtete die Politik zudem eine Ablehnung der Maßnahmen. Die Devise war: ,Wir müssen immer vom Schlimmsten ausgehen, sonst folgen uns die Leute nicht‘. Das mag am Anfang richtig gewesen sein, aber jetzt ist es das längst nicht mehr."

"Wenn die Schweden das können, warum sollten wir es dann nicht auch hinbekommen?"

…die Maskenpflicht: "Von den AHA-Regeln (Abstand, Hygiene, Alltagsmaske) ist die Maskenpflicht die unwichtigste. Ungeschützt anderthalb Meter Abstand halten, bietet mehr Schutz als eine Maske. Aber die Maske ist auch ein Symbol – sie erinnert uns daran, dass es noch nicht vorbei ist. Dass so intensiv über sie diskutiert wird, zeigt aber, dass etwas nicht stimmt."

…die Bußgelder für Maskenverweigerer: "Die Höhe der Bußgelder für das Nicht-Tragen einer Maske zum Beispiel in Bayern ist überzogen, speziell wenn man es mit Bußgeldern für Nicht-Corona-Verstöße vergleicht."

…seine Empfehlung für die Zukunft: "Wir sollten mehr Vernunft walten lassen. Haltet Abstand und wenn das nicht geht, setzt eine Maske auf. In Schweden ist es so geregelt worden, und dort hat es funktioniert. Wenn die Schweden das können, warum sollten wir es dann nicht auch hinbekommen? Das könnte man auch hier schrittweise einführen und so wieder ein Stück Normalität zurückgewinnen."

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