Zoff um Aussage des CDU-Chefs: Merz beklagt „Sozialtourismus“ durch ukrainische Flüchtlinge

Quelle: BILD
Von: Kai Weise

Ein Jahr nach der Bundestagswahl zog CDU-Partei- und Fraktionschef Friedrich Merz (66) am Montagabend im großen Interview mit BILD TV Bilanz.

Merz sagte über …

die Ampel: „Wenn die Wählerinnen und Wähler in Deutschland auch nur einen Hauch einer Ahnung gehabt hätten, wie wir regiert werden, dann hätte es dieses Wahlergebnis nicht gegeben. (…) Wir hätten diesen Sommer anders genutzt, um uns vorzubereiten auf einen schwierigen Herbst und einen schwierigen Winter.“

seine Rolle als Reservekanzler: „Die Opposition von heute ist Regierung von morgen (…). Wenn es nötig wäre, wären wir selbstverständlich in der Lage zu übernehmen.“

CDU-Partei- und Fraktionschef Friedrich Merz (66)

CDU-Partei- und Fraktionschef Friedrich Merz (66)

Foto: BILD Live

▶︎ Flüchtlingspolitik: „Wir sehen mit großer Besorgnis, dass die Entscheidung der Bundesregierung vom System der Asylbewerberleistung auf das System der Arbeitslosengeld-II-Zahlungen überzugehen im Frühjahr zu erheblichen Verwerfungen auch bei den Flüchtlingen aus der Ukraine führt. Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine, von denen sich mittlerweile eine größere Zahl dieses System zunutze machen. Da haben wir ein Problem, das größer wird. Wir haben im Frühjahr drauf hingewiesen, dass dieses Problem entstehen könnte – die Bundesregierung hat sich taub gestellt. Wir bekämen ein größeres Problem mit Flüchtlingen aus Russland, wenn die Bundesregierung das täte, was die Bundesinnenministerin vorgeschlagen hat.“

Die Aussage zieht Zoff nach sich!

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) beklagte auf Twitter: „Stimmungsmache auf dem Rücken ukrainischer Frauen und Kinder, die vor Putins Bomben und Panzern geflohen sind, ist schäbig“. Und: „Sozialtourismus“ sei 2013 „Unwort des Jahres“ gewesen. Es sei „auch 2022 jedes Demokraten unwürdig“.

Grünen-Chefin Ricarda Lang reagierte ähnlich: „Wie passt es eigentlich mit der viel beschworenen Solidarität der Union mit der Ukraine zusammen, dass Friedrich Merz im Kontext von Menschen, die vor diesem furchtbaren Angriffskrieg fliehen, von ‚Sozialtourismus‘ spricht?“.

FDP-Justizminister Marco Buschmann schrieb: „Wenn Menschen teils unter Lebensgefahr zwischen Deutschland und der Ukraine pendeln, dann ist das kein Sozialtourismus. Vielleicht ist es einfach Sorge um die eigenen Angehörigen, den eigenen Mann oder Vater, die Militärdienst leisten, oder die eigene Heimat?“

• Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth (SPD), regte sich auf Twitter auf: „In der Ukraine herrscht ein furchtbarer Krieg! Das Gequatsche vom Sozialtourismus zerstört den gesellschaftlichen Zusammenhalt, den wir bislang bei der Unterstützung der Ukraine und der Aufnahme von Geflüchteten hatten. Wer so etwas sagt, hat null Verantwortungsbewusstsein und Empathie.“

Was Merz noch sagte. Über …

die Gas-Krise: „Wir hätten auf diesen Angebotsschock mit einer Ausweitung des Angebotes reagiert. Und wir hätten über den Sommer neben der Verstromung von Biomasse, neben den Kohlekraftwerken aus Stein- und Braunkohle auch die Kernkraftwerke sichergestellt, dass sie laufen. (…) Man muss doch in einer solchen Situation jede Quelle nutzen, die man hat, um Energie zu erzeugen.“

das Chaos um die Gasumlage: „‚Die muss weg‘, sagt ja nicht nur die Opposition. Das sagen mittlerweile die Regierungsvertreter und trotzdem tritt sie in der nächsten Woche in Kraft. Da sieht man doch schon, wie handwerklich liederlich in der Regierung gearbeitet wird. Die Gasumlage war von Anfang an eine Fehlkonstruktion und sie wird mit der Verstaatlichung von Uniper auch zum verfassungsrechtlichen Problem.“

▶︎ Bürgergeld: „Es macht keinen Sinn, Menschen, die schon in der Arbeitslosigkeit sind und jetzt noch mal Bürgergeld hintendrauf bekommen, sechs Monate alle Freiheiten zu geben, sich nicht um ihren Job kümmern zu müssen. Hier werden schwere Fehler gemacht, die wir auch in den nächsten Jahren noch in ihren Auswirkungen sehen – auch dann, wenn die Energiekrise hoffentlich längst vorbei ist.“

Blackouts: „Lassen Sie mal für drei Stunden in den Kliniken in Berlin oder in den großen Kühlhäusern den Strom ausfallen. Wir werden schon nach einer Stunde Stromausfall merken, welchen volkswirtschaftlichen Schaden das anrichtet. Wir können uns das in diesem Land nicht leisten. (…) Das steht allein in der Verantwortung dieser Regierung, die wertvollste Zeit vertan hat mit Streitereien, ohne die Probleme wirklich zu lösen.“

▶︎ Verstaatlichung: „Es gibt in der Ampel bis hin zur Bundestagspräsidentin Träumereien von einer vollkommen verstaatlichten Energiewirtschaft. Ich kann nur davor warnen, das zu tun: Wir brauchen eine funktionierende, auch privatwirtschaftlich organisierte Energiewirtschaft. (…) Wir hätten über Uniper einen Rettungsschirm aufgespannt, stattdessen wird das Unternehmen jetzt verstaatlicht, und zwar im Sinne der Bezahlung an die Aktionäre.“

▶︎ die Italien-Wahl: „Das Wahlergebnis in Italien zeigt, zu was die Wählerinnen und Wähler bereit sind, wenn eine Regierung versagt. Das Scheitern der Regierung Draghi ist ein Scheitern des parteipolitischen Systems in Italien.“

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