Karfreitag :
Opfer mit Sieges-Zeichen

Von Stefan Toepfer, Frankfurt
Lesezeit: 2 Min.
Entrollt: das Karfreitagsbanner an der Frankfurter Katharinenkirche.
Mit einer großen Aktion will die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau eine Diskussion über die Bedeutung des Karfreitags entfachen.

Das Bild der von einem Nagel durchbohrten Hand, deren Finger sich zum Victory-Zeichen formen, wirkt auf den ersten Blick verstörend - und das soll es nach dem Willen von Volker Jung auch sein. Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau stellte das Motiv gestern gemeinsam mit der Pröpstin für Rhein-Main, Gabriele Scherle, in der Frankfurter Katharinenkirche vor und entrollte das erste Banner am Turm des Gotteshauses. „Das Motiv ist in einem guten Sinn anstößig, denn es soll eine öffentliche Debatte über den Karfreitag anstoßen“, sagte Jung.

Auf dem von dem Darmstädter Foto- und Filmkünstler Ralf Kopp gestalteten Bild steht außerdem „Opfer?“. Jung sagte, Christus habe sich mit Opfern identifiziert, sei am Kreuz selbst Opfer von Hass geworden. Das Victory-Zeichen weise auf die Auferstehung hin, darauf, dass Gott Leid und Gewalt überwinde.

Die Aktion kostet 100.000 Euro

Mit der Aktion will die Kirche zu einem tieferen Verständnis des Karfreitags beitragen. Er fällt in diesem Jahr auf den 6.April. Im vergangenen Jahr hatte es eine lebhafte Diskussion über die Einhaltung des Tanzverbots gegeben, das nach dem hessischen Feiertagsgesetz auch an Karfreitag gilt. „Die Diskussion auf das Tanzverbot zu reduzieren, wird diesem Tag aber nicht gerecht“, so Jung. Er sei ein Gedenktag an den gewaltvollen, unschuldigen Tod Jesu, ein Tag der Hoffnung auf ein Ende aller Gewalt und ein Trauertag für Opfer aller Art, die es einstweilen weiterhin gebe.

Scherle sagte, im Karfreitag liege „die Wurzel der abendländischen Kultur des Erbarmens“. Jung warnte: „Wer diesen Tag inhaltlich entkernen will, wird ihn nicht als freien Tag gewinnen, sondern als Feiertag verlieren.“ Er berühre die universellen menschlichen Themen des Leidens, Todes und Mitgefühls und könne auch für nicht- oder anders-religiöse Menschen eine Bereicherung sein. Jung warb dafür, den Tag als stillen Feiertag bewusster zu gestalten.

In den nächsten Tagen werden Banner an 62 Kirchtürmen und öffentlichen Plätzen in 54 Orten des Kirchengebiets entrollt, hinzu kommen Plakate an Litfaßsäulen in den fünfgrößten Städten der Landeskirche, Postkarten, Plakate und Faltblätter, eine Internetseite (www.karfreitag.de) und ein Info-Telefon (0800/5890340). Die Aktion kostet 100.000 Euro. Außer zu ihren Gottesdiensten laden mehrere Frankfurter Kirchen an Karfreitag zu Sonderveranstaltungen ein.