Die israelische Fahne am Bundeskanzleramt
APA/Helmut Fohringer
Wegen Israel-Flagge

Sarif streicht Wien-Besuch

Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif hat einen für Samstag geplanten Besuch in Wien bei ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg abgesagt. Grund dafür sei, dass das Bundeskanzleramt und das Außenministerium am Freitag angesichts der jüngsten Entwicklung im Nahost-Konflikt zwischen Israel und der Hamas die israelische Fahne gehisst hatten – und daran hält Schallenberg auch nach Sarifs Absage weiter fest.

„Wir bedauern das. Wir nehmen das zur Kenntnis“, sagte Schallenberg-Sprecherin Claudia Türtscher, die gegenüber ORF.at die zuvor von der „Presse“ (Onlineausgabe) kolportierte Absage Sarifs bestätigte. Österreichs Solidarität mit Israel und entsprechend sichtbare Bekundungen seien allerdings nicht abhängig vom Besuchsprogramm anderer Staaten, teilte das Außenministerium dazu weiter mit.

Die Absage ändere aber auch nichts an den traditionell guten Beziehungen und dem Dialog Österreichs mit dem Iran. Das Außenministerium verwies zudem auf die Verhandlungen zur Rettung des Wiener Atomabkommens. Entscheidend sei hier, dass die Verhandlungen „unvermindert und unter Hochdruck weiter fortfgeführt werden“. Man sei nach wie vor „mit allen Partnern im laufenden engen Kontakt“.

Irans Außenminister Mohammad Zarif
Reuters/DRB/Dalati Nohra
Sarif sagte seinen für Samstag geplanten Besuch in Wien kurzfristig wieder ab

„Bisher großartiger Gastgeber“

Heftige Kritik am Hissen der israelischen Fahne über österreichischen Regierungsgebäuden war zuvor auch vom iranischen Chefverhandler in den Wiener Gesprächen, Abbas Araktschi gekommen. Wien als Sitz der internationale Atomenergie-Organisation (IAEA) und der Vereinten Nationen sei „bisher ein großartiger Gastgeber für Verhandlungen“ gewesen, schrieb Araktschi auf Twitter.

Es sei „schockierend und schmerzhaft, über Regierungsbüros in Wien die Fahne des Besatzungsregimes zu sehen, das in nur wenigen Tagen Dutzende unschuldiger Zivilisten, darunter viele Kinder, brutal getötet hat“, so der iranische Vizeaußenminister weiter.

Iranischer Außenminister streicht Wien-Besuch

Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif hat einen für Samstag geplanten Besuch in Wien bei ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg abgesagt. Angesichts der jüngsten Entwicklung im Nahost-Konflikt hatten Bundeskanzleramt und Außenministerium die israelische Fahne gehisst.

Scharfe Kritik kam auch von der Türkei, die im Nahost-Konflikt offen die Palästinenser unterstützt. Die israelische Flagge zu hissen, sei „nicht moralisch“, teilte Präsidentensprecher Ibrahim Kalin am Freitag via Twitter mit.

Hofer verweist auf Kreisky

Auch FPÖ-Obmann Norbert Hofer kritisierte das Hissen der israelischen Fahne auf dem Bundeskanzleramt und dem Außenministerium. In einer Aussendung verwies er am Samstag auf die Neutralität Österreichs und sagte: „Es ist gerade jetzt wichtig, diese Neutralität zu bewahren und auch in den Vordergrund zu stellen.“

Unter Verweis auf den langjährigen ehemaligen SPÖ-Bundeskanzler fügte der FPÖ-Obmann hinzu: „Bruno Kreisky hätte in dieser Situation – und in vielen anderen auch – umfassender reagiert. Wir brauchen wieder erwachsene Politiker, die auch erwachsene Politik machen. Es reicht nicht, im Kreisky-Zimmer zu sitzen.“

„Österreich und die EU müssen sich mit ganzer Kraft für ein Ende der Gewalt und einen Neustart zu einer friedlichen Lösung des Nahost-Konflikts einsetzen“, teilte indes SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner auf Twitter mit. Es müsse nun dringend eine Waffenruhe erreicht werden. Es gelte, einen neuen Krieg im Nahen Osten zu verhindern.

Pfeifer (ORF) über Österreichs Rolle im Nahost-Konflikt

Andreas Pfeifer, Chef der ZIB-Auslandsredaktion, kommentiert die Rolle Österreichs im Nahost-Konflikt.

Kritik „absolut fehl am Platz“

Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) wies die Kritik von FPÖ-Chef Hofer indes als „absolut fehl am Platz“ zurück. Die „Attacken der radikalislamistischen und von der Europäischen Union als Terrororganisation eingestuften Hamas gegen die israelische Zivilbevölkerung“ seien „durch absolut nichts zu rechtfertigen“, teilte Edtstadler dazu am Samstag in einer Stellungnahme mit.

Österreich stehe hier „klar auf der Seite Israels und hat diese Solidarität auch mit dem Hissen der israelischen Flagge am Bundeskanzleramt und am Außenministerium bekundet“. Es sei „befremdlich“, wenn Hofer versuche, die Solidarität Österreichs mit Israel und seiner Bevölkerung als Bruch der Neutralität zu deuten, so die Kanzleramtsministerin, die zudem die FPÖ aufforderte, nicht „durch plumpe Israel-Kritik Sympathiepunkte bei Corona-Leugnern, Identitären und Antisemiten zu sammeln“.

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Jörg Winter kommentiert die diplomatischen Verstimmungen zwischen dem Iran und Österreich nach dem Hissen der israelischen Fahne auf dem Bundeskanzleramt.

„Niemals Neutralität gegenüber Terror“

Nach den Worten von Außenminister Schallenberg werde es für Österreich „niemals Neutralität gegenüber dem Terror geben“. Wenn die Terrororganisation Hamas über 2.000 Raketen auf zivile Ziele in Israel abfeuere, werde man nicht schweigen, so Schallenberg nach Angaben seiner Sprecherin: „Die Sicherheit Israels steht für Österreich nicht zur Disposition.“

Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kritisierte die Raketenangriffe der radikalislamischen Hamas aus dem Gazastreifen auf Israel scharf. Israel habe „das Recht auf Selbstverteidigung gegen diese Angriffe“. Die gehissten Fahnen seien „Zeichen der Solidarität mit den Frauen, Kindern und Männern, die in Israel täglich in Luftschutzbunkern Schutz suchen müssen“. „Das muss sofort aufhören“, schrieb dazu in einem Twitter-Beitrag Österreichs Israel-Botschafterin Hannah Liko, nachdem am Samstag auch in der Nähe der österreischischen Botschaft in einem Vorort von Tel Aviv eine Rakete engeschlagen war.

„Alle Landespolizeidirektoren sensibilisiert“

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) kündigte unterdessen angesichts bisheriger und noch zu erwartender antiisraelischer Demonstrationen in Österreich ein konsequentes Einschreiten der Polizei an. „Alle Landespolizeidirektoren wurden hinsichtlich der Versammlungen in den nächsten Tagen sensibilisiert. Eskalationen müssen verhindert werden, und bei Auftreten von strafbaren Handlungen wird konsequent eingeschritten“, betonte der Minister am Freitag. Allein in Wien wurden für Samstag gleich mehrere Demos angemeldet – mehr dazu in wien.ORF.at.

Bei einer Telefonkonferenz am Freitag mit dem Präsidenten der Israelitischen Religionsgesellschaft Österreich (IRG), Oskar Deutsch, und Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) vereinbarte Nehammer unter anderem einen permanenten Kontakt der österreichischen Sicherheitsbehörden mit jenen der israelischen Botschaft sowie der Kultusgemeinde. Die Bewachung und der Schutz israelischer und jüdischer Einrichtungen in Österreich sollen verstärkt werden.

Platzverbot vor israelischer Botschaft

Anhand einer Gefahreneinschätzung des Landesamtes für Verfassungsschutz wurde in diesem Zusammenhang laut Landespolizeidirektion Wien für den Bereich der israelischen Botschaft in Wien ein Platzverbot verordnet. „Somit sind das Betreten und der Aufenthalt im Gefahrenbereich verboten.“

„Das klare Bekenntnis zum Staat Israel ist Teil der historischen Verantwortung und der modernen österreichischen Identität“, sagte Nehammer. „Egal von welcher Seite und mit welcher Intention Antisemitismus betrieben wird – wir gehen konsequent dagegen vor“, so der Innenminister weiter. Antisemitismus sei eine Gefahr für das gemeinsame Zusammenleben in Frieden und Freiheit: „Hier gibt es null Toleranz.“

„Antisemitismus darf in Österreich keinen Platz haben“

Integrationsministerin Raab verurteilte „zutiefst, wenn Konflikte aus dem Ausland in Österreich ausgetragen werden und Antisemitismus geschürt wird“. Die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) verurteilte ebenfalls jede Form von Antisemitismus. „Jeder Mensch hat das Recht zu demonstrieren. Aber Antisemitismus darf in Österreich keinen Platz haben“, sagte ÖAW-Präsident Anton Zeilinger in einer Aussendung.