(Rom) Der katholischen Nachrichtendienst Zenit der Legionäre Christi veröffentlichte eine vollständige Übersetzung des ausführlichen Interviews, das Papst Franziskus dem bekennenden Atheisten Eugenio Scalfari gewährte. Das italienische Originalinterview wurde am 1. Oktober in der linksliberalen Tageszeitung La Repubblica veröffentlicht (siehe den Bericht Das Interview als neue Form päpstlicher Enzykliken? – Größere Reichweite bei geringerer Verbindlichkeit?).
Dem Interview war bereits ein Schriftwechsel zwischen dem Papst und dem bekannten kirchenfernen Journalisten und Zeitungsherausgeber vorausgegangen. Scalfari hatte in der von ihm gegründeten Tageszeitung dem Papst öffentlich Fragen gestellt. Papst Franziskus antwortete überraschend und schriftlich auf die Fragen. Als nächster Schritt folgte das Interview.
Sowohl im Antwortschreiben als auch im Interview machte Papst Franziskus Aussagen über das Gewissen, die in katholischen Kreisen verstörend zur Kenntnis genommen wurden. Umstritten is vor allem die vom Atheisten und Freimaurer Scalfari bejubelte Behauptung des Papstes, es gebe kein objektiv Gutes. Ein Auszug:
Eugenio Scalfari: Heiligkeit, existiert eine Sicht des einzigen Guten? Und wer legt diese fest?
Papst Franziskus: Jeder von uns hat eine eigene Sicht des Guten und auch des Bösen. Wir müssen den anderen dazu anregen, sich auf das zu zubewegen, was er für das Gute hält.
Das haben Sie, Eure Heiligkeit, bereits in den Brief an mich geschrieben. Das Gewissen ist autonom, haben Sie gesagt, jeder muss seinem eigenen Gewissen gehorchen. Ich glaube, das sind die mutigsten Aussprüche, die von einem Papst gemacht wurden.
Papst Franziskus: Und hier wiederhole ich sie. Jeder hat eine eigene Vorstellung von Gut und Böse und muss wählen, dem Guten zu folgen und das Böse zu bekämpfen, so wie er sie wahrnimmt. Das würde schon genügen, um die Welt zu verbessern.
Eugenio Scalfari:Die Kirche tut das?
Papst Franziskus: Ja, unsere Missionen haben diesen Zweck: die materiellen und geistigen und immateriellen Bedürfnisse der Menschen ausfindig zu machen und diese, so gut wir können, zu stillen.
Vermittelt das Interview den Eindruck, daß der Atheist Scalfari sich Jesus Christus und der Kirche annähert, oder daß Papst Franzikus – wie die Begeisterung Scalfaris erkennen läßt – die Diktion des religionsfernen Laizismus und der noch älteren Freimaurer übernimmt?
Hier die Links zur deutschen Übersetzung des Intrviews:
Auf einmal erfüllt mich ein großes Licht. Interview von Eugenio Scalfari mit Papst Franziskus (Erster Teil)
Auf einmal erfüllt mich ein großes Licht. Interview von Eugenio Scalfari mit Papst Franziskus (Zweiter Teil)
Auf einmal erfüllt mich ein großes Licht. Interview von Eugenio Scalfari mit Papst Franziskus (Dritter und letzter Teil)
Text: Giuseppe Nardi
Bild: Una Fides