Interview am Morgen: CSU-Generalsekretär:"Kerngeschäft der Grünen ist Angstmacherei"

Markus Blume

CSU-Generalsekretär Markus Blume kritisiert die Grünen scharf, die sich ab Montag zur Klausur in Brandenburg treffen.

(Foto: picture alliance / Maurizio Gamb)

Generalsekretär Markus Blume sieht die Grünen als neuen Hauptgegner seiner CSU auf der linken Seite. Und erklärt, wie er die Ökopartei als "scheinheilig" entzaubern möchte.

Interview von Nico Fried und Oliver Das Gupta

Die Grünen-Parteispitze hält in diesen Tagen ihre Klausur in Frankfurt an der Oder ab, vergangene Woche haben die Bundestagsabgeordneten der CSU im oberbayerischen Kloster Seeon getagt. Landesgruppenchef Alexander Dobrindt benannte dort die Grünen neben der AfD und der Linken als politische Gegner der Union.

Nun nimmt sich CSU-Generalsekretär Markus Blume die Ökopartei vor, für die bei den vorangegangenen Wahlen auch immer mehr frühere Unionswähler gestimmt hatten. Im SZ-Interview wirft Blume den Grünen nicht nur vor, die Gesellschaft zu spalten - er behauptet, dass die Union letztendlich bessere Umweltpolitik macht.

SZ: CSU-Landesgruppenchef Dobrindt hat die Grünen als Partei der Angst bezeichnet. Können Sie uns genauer erklären, was er damit meint, Herr Blume?

Markus Blume: Das Kerngeschäft der Grünen ist Angstmacherei. Sie schüren die Furcht vor dem Weltuntergang und leiten davon eine Verbotspolitik ab.

Wie erklären Sie sich dann den Aufschwung der Grünen?

In den vergangenen ein, zwei Jahren ist es den Grünen geglückt, das Lebensgefühl vieler Menschen zu treffen, gerade in den Städten. Gleichzeitig haben sie die Polarität im Parteiensystem geschickt ausgenutzt und sind in ein bürgerliches Mäntelchen geschlüpft. Aber sie sind alles andere als bürgerlich und konservativ, sie sind auch keine Volkspartei und schon gar keine Mutmacher.

Was ist diese Partei denn dann für Sie?

Vor allem ist sie eine Klientelpartei. Man muss es sich leisten können, Grüne zu wählen. Die Grünen bedienen diejenigen, die finanziell gut genug dastehen, um als Erstes an Weltgerechtigkeit denken zu können. Aber die Politik der Grünen ist nicht da für diejenigen, die darauf schauen müssen, dass das Geld bis zum Ende des Monats reicht. Und: Die Grünen sind eine Zeitgeistpartei, die Themen aus Effekthascherei anreißt, aber nicht zu Ende denkt.

Von welchen Themen reden Sie?

Drei Beispiele. Die Energiewende: Die Grünen stellen sich hin und fordern, komplett auf erneuerbare Energien umzustellen. Klingt gut, aber die Umsetzung ist hoch kompliziert. Dann das Thema Mobilität. Die Grünen reden vom Ende des Verbrennungsmotors. Aber wie sie unser Land in der Balance halten wollen, mit all den Arbeitsplätzen, die an der Autoindustrie hängen, und was das für die Menschen bedeutet, die sich nicht einfach ein teures Elektroauto leisten können, bleibt völlig offen. Zu all diesen Fragen schweigen die Grünen lieber. Oder die Migrationspolitik: Es ist leicht, von deutscher Verantwortung und Hilfsbereitschaft zu sprechen. Das tun wir auch. Aber dann auch zu sehen, dass wir nicht alle aufnehmen können, weil unsere Ressourcen begrenzt sind, und dass es auch Abschiebungen geben muss: Da ducken sich die Grünen lieber weg.

Dinge zu fordern, aber nicht zu Ende zu denken, ist ein Wesenszug des Populismus. Halten Sie die Grünen demnach für eine populistische Partei?

Ja, die Grünen sind eine öko-populistische Partei. Es gibt keinen vernünftigen Menschen, dem Klimawandel, Artensterben oder Flächenverbrauch keine Sorgen bereitet. Aber man kann diese Probleme doch nicht fundamentalistisch lösen, indem man sich nur noch auf ein Ziel fokussiert und alle Auswirkungen ignoriert. Nur Populisten fordern das, was kurzfristig Effekt verspricht. Als Volkspartei entwickeln wir Lösungen, die auch widerstrebende Interessen unter einen Hut bringen.

Davon hat man in den vergangenen Wahlkämpfen wenig gemerkt. Da hat die CSU doch vor allem mit dem Thema Migration mit harscher Rhetorik punkten wollen - wie Populisten.

Nein, wir haben immer deutlich gemacht, dass Humanität und Ordnung zusammengehören, genauso wie Weltoffenheit und Heimat einander bedingen. Wer in seiner Heimat verwurzelt ist und ein starkes Identitätsgefühl hat, der kann auch weltoffen sein. Aber bleiben wir beim Thema Umwelt. Die Grünen haben kein Monopol auf Ökologie. Vielleicht hat die Union in den letzten Jahren zu selten gezeigt, dass auch uns die Umwelt sehr am Herzen liegt. Tatsächlich haben wir uns immer um die Erhaltung der Schöpfung gekümmert, das ist ein urkonservatives Anliegen. Die CSU hat mit Max Streibl in Bayern sogar europaweit den ersten Umweltminister gestellt. Aber für Umweltschutz brauchen wir die Grünen nicht als Koalitionspartner. Das können wir selbst und wir machen es ganzheitlich: Ökonomie und Ökologie sind für uns - anders als für die Grünen - kein Gegensatz.

Haben es die Grünen wirklich verdient, in einer Reihe genannt zu werden mit der AfD, wie das Alexander Dobrindt tut?

Er hat unsere Gegner aufgezählt, dazu gehören nun mal Grüne und AfD. Wir betrachten jede Partei natürlich für sich. Die AfD ist eine radikalisierte, in Teilen auch extremistische Bewegung. Einige AfD-Funktionäre agieren außerhalb des politischen Spektrums. Das werden wir aufs Härteste bekämpfen.

Und wie wollen Sie mit den Grünen umgehen?

Anders, aber eins gilt auch für die Grünen: Sie spalten unsere Gesellschaft. Die Grünen machen das, indem sie alle Sachfragen zu Moralfragen erklären. Die Grünen teilen Menschen und deren Überzeugungen ein in gut und schlecht, in richtig und falsch. Die Union hat einen anderen Ansatz: Wir wollen die Dinge, die in der Gesellschaft auseinanderstreben, wieder verbinden. Und wer außer den Volksparteien CDU und CSU hat heute noch die Kraft, die Menschen wieder zusammenzubringen?

Könnten Sie sich denn vorstellen, dass jemand wie Robert Habeck als Kanzlerkandidat antritt?

Robert Habeck sollte vielleicht zunächst einmal sein Verständnis von Demokratie überprüfen. Die Grünen denken ja, Demokratie ist nur, wenn Grün gewählt wird. Auf Twitter verbreitet Habeck, dass Thüringen erst noch demokratisch werden muss. Das hat er auch über Bayern gesagt. Welch grüne Überheblichkeit!

Jetzt wissen wir immer noch nicht, was Sie von einem Kanzlerkandidaten Habeck hielten.

Er kann antreten, als was er möchte. Wir als Union schauen vor allem auf uns und unseren Weg zu neuer Stärke. Natürlich nehme ich die Grünen ernst. In dem Maße, in dem die SPD schwächelt, werden die Grünen für uns der politische Hauptgegner auf der linken Seite. Wir werden sie deshalb politisch auch stellen und auf ihre Widersprüche und Doppelmoral hinweisen. Ich habe nichts dagegen, wenn jemand über Silvester nach Kalifornien fliegt. Aber wenn das die bayerische Fraktionschefin Katharina Schulze macht, die gegen den Ausbau des Münchner Flughafens demonstriert und den Flugverkehr brandmarkt, dann wird sie als scheinheilig entzaubert.

In Bayern haben sich viele Menschen eine schwarz-grüne Koalition gewünscht. Aber halten Sie die Grünen überhaupt für regierungsfähig, Herr Blume?

Wenn es die Umstände erfordern, müssen Demokraten versuchen, eine stabile Regierung zu bilden. Aber ich bin froh, dass wir in Bayern nicht auf die Grünen bei der Regierungsbildung angewiesen waren. Das wäre unendlich schwierig geworden. Die bayerischen Grünen haben noch einen weiten Weg vor sich. Sie kommen von einem völlig anderen Ende, das haben die Sondierungsgespräche gezeigt.

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