Zum Inhalt springen

30-Milliarden-Spende Buffett macht Gates-Stiftung zur Supermacht

Rund 30 Milliarden Dollar will US-Milliardär Buffett der Stiftung von Bill Gates vermachen. So entsteht ein weltweit agierender Charity-Riese mit einem Kapital von 60 Milliarden Dollar. Die Mega-Spenden-Fabrik hat auch Kritiker: Gates betreibe Entwicklungshilfe nach Gutsherrenart, heißt es.

Hamburg - Es wolle seine Prioritäten neu ordnen, erklärte Microsoft-Gründer Bill Gates vor kurzem. Bis 2008 wollte er sich deshalb Schritt für Schritt vollständig vom Microsoft-Geschäft zurückziehen, um sich ganz seiner Stiftung zu widmen. Für das Tagesgeschäft der weltweit agierenden Charity-Organisation mit ihren 241 Mitarbeitern waren bisher Gates Vater, William H. Gates, und Patty Stonesifer zuständig. Nur Entscheidungen über Spenden, die mehr als eine Million Dollar ausmachten, hatten Gates und seine Frau Melinda sich schon vorher vorbehalten.

Nun will Gates also bald vollzeit einsteigen. Und die Stiftung kann den cleveren Manager gebrauchen - mehr denn je. Mit einem Kapital von 29,2 Milliarden Dollar ist die Organisation jetzt schon die größte ihrer Art weltweit. Und wenn jetzt US-Investor Warren Buffett einen Großteil seines Geldes an die Stiftung abgibt, wird sich deren Vermögen auf satte 60 Milliarden Dollar verdoppeln.

Gegen den Charity-Riesen wirken andere Einrichtungen jetzt schon mickrig. Der weltweit zweitgrößten Charity-Organisation, der Ford-Stiftung, stehen gerade einmal 11 Milliarden Dollar zur Verfügung. Die Vereinten Nationen verfügen über ein Gesamtbudget von jährlich rund 12 Milliarden Dollar.

Noch immer ätzen Kritiker, Software-Mogul Gates habe sich vor allem aus PR-Gründen zum Gutmenschen gewandelt: Der Ruf des Microsoft-Gründers war wegen seiner Geschäftspraktiken nämlich eigentlich ziemlich ramponiert. In einem spektakulären Kartellverfahren, das schließlich in einem Vergleich endete, wurde im Jahr 2000 sogar die Zerschlagung von Microsoft gefordert. Damals gab Gates den Chefposten an den jetzigen CEO Steve Ballmer ab - und führte die bereits bestehenden Stiftungen "William H. Gates Foundation" und die "Gates Library Foundation" zur "Belinda and Bill Gates Foundation" zusammen. Die neue Organisation stattete er mit einem Vermögen aus, das inzwischen mehr als der Hälfte seines eigenen entspricht.

Ende der staatlichen Entwicklungspolitik?

Welche Motive den Software-Papst aber angetrieben haben mögen - er hat bisher mehr Geld für einen guten Zweck ausgegeben als irgendjemand sonst. Zehn Milliarden Dollar steckte die Stiftung seit ihrer Gründung in verschiedene Projekte weltweit. 30 Prozent der Gelder fließen in die USA: Dort werden etwa öffentliche Bibliotheken mit Internetzugängen und Computern ausgestattet oder sozial schwache Familien unterstützt. Immerhin eine Milliarde Dollar kommen in den nächsten Jahren einem internationalen Stipendienprogramm zugute.

Schwerpunkt der Arbeit ist jedoch der internationale Kampf gegen Malaria, Tuberkulose und Aids. Das Uno-Programm "Globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung" wird mit insgesamt 1,5 Milliarden Dollar unterstützt. Ein separates Entwicklungsprogramm für Malaria-Impfstoffe, das dank der Stiftung überhaupt erst zustande kam, bekommt insgesamt 258 Millionen Euro.

Gates kümmere sich um Krankheiten, die außerhalb der dritten Welt längst vergessen seien und deshalb in der Pharmaforschung kaum noch eine Rolle spielten, loben Experten. Kritiker dagegen sprechen von "Entwicklungshilfe nach Gutherrenart". Gates schaffe mit seinen eigenmächtigen Projekten neue Abhängigkeiten. Außerdem sei die Gefahr groß, dass in den zahlreichen Einzelprojekten Medikamente entwickelt würden, die den Gegebenheiten in Entwicklungsländern gar nicht angemessen sind.

Doch in der Gates-Foundation ist man bereit, dazuzulernen. Stiftungschefin Stonesifer hat schon Pläne ausgearbeitet, um die Beratung durch Experten zu verbessern. Insgesamt bezweifelt außerdem niemand, dass die Dritte Welt ohne die Gates Stiftung noch ein bisschen ärmer wäre. Weil auch andere Großverdiener sich immer stärker sozial engagieren - allen voran der U2-Frontmann Bono - spielt man in der Weltbank sogar mit dem Gedanken, ob nicht sogar auf absehbare Zeit das Ende staatlicher Entwicklungshilfe gekommen sei. Agenturen könnten stattdessen die privaten Gelder sinnvoll auf einzelne Projekte verteilen, so das Szenario. Außerdem könnten Managerikonen wie Gates das notwendige Quäntchen unternehmerisches Denken einbringen.

Investor-Legende Buffett jedenfalls vertraut vollkommen auf die Fähigkeiten von Gates und seiner Frau Melinda. Wohin genau die Zinsen aus dem unverhofft gewonnenen Kapital von Buffet nun fließen sollen, darauf hat die Stiftung allerdings bisher noch keine Antwort gegeben. Dank des unerwarteten Geldsegens gibt sie sich erstmal überwältigt. "Die Auswirkungen von Warrens Großzügigkeit werden erst in Jahrzehnten richtig verstanden werden", heißt es in einer Erklärung.

Die Mega-Spende dürfte auch indirekt stimulierend wirken. Schon jetzt hat die Großzügigkeit vieler Superreicher auch die Normalbürger in den USA immer kräftiger in die Taschen greifen lassen. 249 Milliarden Dollar gaben die US-Amerikaner schon 2004 für einen guten Zweck aus, immerhin 2,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und doppelt so viel wie noch vor 30 Jahren.

"In den USA können die Leute Spenden in Höhe von bis zu 50 Prozent ihres Einkommens steuerlich absetzen - in Deutschland sind es gerade mal zehn Prozent", erklärt Evelin Manteuffel, Beraterin des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft, die Großzügigkeit der Amerikaner. "Und vor allem ist die Kultur ganz anders. In Deutschland zahlen die Menschen viel mehr Steuern, deshalb halten sie den Staat für verantwortlich", erklärt Manteuffel. In den USA dagegen gebe es beispielsweise keine Kirchensteuer, und auch viele Bildungseinrichtungen seien auf private Mäzene angewiesen. "Deshalb haben viele Leute auch das Gefühl, sie müssten von ihrem Geld etwas abgegeben."