Nach dem rassistisch motivierten Anschlag im hessischen Hanau mit elf Toten haben sich Politiker von CDU, SPD und FDP dagegen ausgesprochen, AfD-Funktionäre im Staatsdienst zu dulden. "AfD-Funktionäre haben im öffentlichen Dienst nichts zu suchen", sagte der Fraktionschef im schleswig-holsteinischen Landtag, Ralf Stegner, dem Handelsblatt. Wer der Partei angehöre, identifiziere sich mit einer völkischen, nationalistischen, rechtsextremen Politik, die mit ihrer rassistischen Hetze "maßgebliche Mitverantwortung für den Rechtsterrorismus in Deutschland" trage.

"Mit dieser demokratiefeindlichen Grundhaltung kann man nicht gleichzeitig im öffentlichen Dienst und damit in einem besonderen Treue- und Loyalitätsverhältnis für einen Staat tätig sein, zu dessen Grundwerten die Menschenwürde, Meinungs- und Religionsfreiheit, Pressefreiheit und das Gleichheitsgebot, Rechtsstaatsgebot und das Gewaltmonopol des Staates gehören."

Der 43-jährige Tobias R. aus Hanau hatte am Mittwochabend neun Menschen in zwei Shisha-Bars erschossen und danach seine Mutter und sich selbst getötet. Er hinterließ ein wirres rechtsextremes Manifest, der Generalbundesanwalt Peter Frank sprach von einer "zutiefst rassistischen Gesinnung".

Höckes Beamtenstatus in der Kritik

SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil forderte auf Twitter, dem AfD-Politiker Björn Höcke den Beamtenstatus zu entziehen: "Es ist mir unbegreiflich, wieso die hessische Landesregierung einem Verfassungsfeind wie Björn Hocke nicht den Beamtenstatus aberkennt. Er ist beurlaubter Geschichtslehrer. Ein Feind der Demokratie und Spalter des Landes kann nicht dem Staat dienen." Klingbeil warf Höcke vor, mit seinen Reden als "Katalysator für rechten Terror wie in Hanau" zu wirken.

Hessens Kultusminister Alexander Lorz (CDU) sieht derzeit aber keine rechtliche Möglichkeit für Disziplinarmaßnahmen gegen Höcke, berichtet die Frankfurter Rundschau. Daran sei vorläufig auch nichts zu ändern, solange dessen Tätigkeit als Lehrer ruhe, wird Lorz zitiert.

Der Thüringer AfD-Vorsitzende Höcke ist Lehrer für Sport und Geschichte. Er unterrichtete an einem Gymnasium im nördlichen Hessen, unweit zur Grenze zu Thüringen, wo er sich später ein Haus in Bornhagen im Eichsfeld kaufte.

In verschiedenen Onlinepetitionen war bereits gefordert worden, Höcke aus dem hessischen Beamtenverhältnis zu entlassen. Auf der Petitionsseite WeACT heißt es: "Ein Faschist darf kein Beamter sein und keine Kinder unterrichten." Laut einem Urteil des Verwaltungsgerichtes Meiningen vom September 2019 darf Höcke als Faschist bezeichnet werden. Bei ihm sei nicht zu erwarten, "dass er im Falle seiner Rückkehr in den Schuldienst seinen Lehrauftrag im Sinne unserer demokratischen Werte und unserer Verfassung ausübt".

Bekenntnis zur Demokratie gefordert

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg sagte dem Handelsblatt, gerade vom öffentlichen Dienst erwarte man ein klares Bekenntnis zur Demokratie. "Ein Mitschwimmen bei der AfD geht da nach meiner Meinung nicht."

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) sagte dem Handelsblatt, in der AfD seien auch Menschen, die 30 Jahre in der CDU waren. Das seien nicht plötzlich alle Nazis. "Aber gerade diese Mitglieder sollten erkennen: Das Problem ist, dass die AfD keine Grenze zieht. Sie ist offen ins Rechtsextreme", sagte er.

"Man kann nicht im öffentlichen Dienst sein und gleichzeitig die freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen wollen", sagte der FDP-Innenpolitiker Konstantin Kuhle der Zeitung. Je mehr sich das Gedankengut des völkisch-nationalistischen Flügels des Thüringer Landeschefs Björn Höcke in der AfD durchsetze, "umso eher sollten Beamtinnen und Beamte sowie Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst ihr Engagement in der Partei überdenken".

Grünen-Chef Robert Habeck warf der AfD vor, sie schüre Rassismus und leiste Rechtsextremismus Vorschub. Die Relativierungen und Verharmlosungen der Morde von Hanau durch AfD-Politiker seien unerträglich. Der Passauer Neuen Presse sagte Habeck, die AfD solle als Verdachtsfall durch den Verfassungsschutz beobachtet werden.