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Agrarmärkte und Rohstoffpreise

Globale Agrarpreise im Höhenrausch – Neuer Superzyklus?

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Dr. Olaf Zinke, agrarheute
am Freitag, 19.02.2021 - 10:25 (1 Kommentar)

Die globalen Agrarpreise durchbrechen immer neue Höchststände. Analysten sehen die Agrarmärkte vor einem neuen Superzyklus – mit sehr hohen Preisen.

getreide verladen.

Im Januar sind die globalen Agrarpreise den achten Monat in Folge gestiegen – auf den höchsten Stand seit Juli 2014. Das zeigen die Exportpreise für Agrarrohstoffe und Nahrungsmittel, die durch die Welternährungs-Organisation (FAO) monatlich erhoben werden. Offensichtlich ist, dass die Preise für alle wichtigen Nahrungsmittelgruppen sehr stark steigen – am stärktsen für Getreide, Ölsaaten und Pflanzenöle – aber auch für Milch, Fleisch und Zucker geht es stetig nach oben.

Ein Auslöser für die Preisrallye ist die Corona-Pandemie. Diese störte weltweit die Lieferketten, führte zu Hamsterkäufen von Verbrauchern und auch von Ländern, sowie zur massiven Aufstockung von Lagerbeständen, und zu zahlreichen Handelsbeschränkungen sowie zu einer galoppierenden Nahrungsmittelinflation in vielen wichtigen Ländern ­– wie etwa in China, Russland oder Argentinien.

Hinzu kommt: Die Folgen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) für China und für den globalen Agrarhandel. Zum einen kaufen die Chinesen riesige Mengen Schweinefleisch und Milchprodukte am Weltmarkt, zum anderen importieren sie gewaltige Mengen an Nahrungs- und Futtergetreide.

Am chinesischen Binnenmarkt ist Getreide jedenfalls sehr knapp und die Getreidepreise sind noch höher als am Weltmarkt – das gleiche gilt für Schweinefleisch. Bereits für die letzte Boomphase der Agrarpreise von 2011 bis 2014 war China der entscheidende Auslöser und erst die Abschwächung der chinesischen Nachfrage, in Verbindung mit einer wachsenden Selbstversorgung der Chinesen, ließ den Boom dann zusammenbrechen.  

Der neue Superzyklus hat schon begonnen

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Nun könnte sich dieses Scenario, verstärkt durch die Folgen der Corona-Pandemie, wiederholen. Immer mehr Analysten, wie etwa Brett Stuart, der Chef von Global AgriTrends, halten es für möglich, dass wir am Beginn eines globalen Superzyklus für Agrarprodukte und andere Rohstoffe stehen. Gemeint ist damit: Ein lange anhaltender Nachfrageboom, der die Preise oben hält und sogar weiter steigen lässt.

Stuart sagte in einem Gespräch mit dem agraronline-Dienst successful farming: Wir stehen am Anfang eines neuen Agrarsuperzyklus. Die Preise für Mais, Weizen und Sojabohnen steigen. Wir haben momentan eine unglaubliche chinesische Nachfrage nach Mais. China treibt außerdem die globalen Märkte für Rindfleisch, Schweinefleisch, Geflügel, Mais und Sojabohnen an. Wir werden ein Jahr haben, in dem alle wichtigen Rohstoffmärkte von einem Land mit sehr begrenzten verfügbaren Daten angetrieben werden. Das wird natürlich einige Unsicherheiten für die Märkte bringen  – und erhöht die Volatilität der Preise.

Aber mit der allmählichen COVID-Erholung werden wir einen globalen Aufschwung für die globalen Rohstoffmärkte sehen, sagt Stuart. Fakt ist auch: An den Energie- und übrigen Rohstoffmärkten hat die Rallye schon begonnen. Dort sind die Preise für Rohöl um 70 Prozent gestiegen und auch Erdgas hat sich dramatisch verteuert. Das treibt natürlich auch die Kosten für die Landwirte nach oben. Doch wenn die Agrarpreise noch stärker steigen, wäre das kein so großes Problem.

Globale Agrarpreise bereits auf 6-Jahreshoch

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Ähnlich wie der Chef von Global AgriTrends äußeren sich auch die Rohstoffanlysten großer Banken wie JP Morgan und Goldman Sachs. Sie wollen ebenfalls den Beginn eines neuen globalen Rohstoff-Superzyklus erkennen.

Während die starke Erholung vieler Rohstoffpreise im vorigen Jahr zunächt als "V-förmige Impfstofferholung" angesehen werden könnte, sind die Analysten von Goldman Sachs der Ansicht, dass wir jetzt vor "dem Beginn eines viel längeren strukturellen Bullenmarktes für Rohstoffe" stehen. „Mit Blick auf die 2020er Jahre glauben wir, dass ähnliche strukturelle Kräfte wie in den 2000er Jahren eine Rolle spielen werden", argumentiert Goldman in seinem Rohstoffausblick 2021.

Auch der Rohstoff-Analyst Larry McDonald bestätigte die Erwartungen eines Superzyklus für Agrarprodukte und Rohstoffe im Gespräch mit dem Onlineportal the market. Er sagte: Die Pandemie klingt ab, und es wird viele finanzielle Stimulus-Maßnahmen für die Wirtschaft geben. Die Folge ist eine gewaltige Hausse bei Rohstoffen: Und damit beginnt ein Superzyklus, ist der Investmentexperte überzeugt.

Nach der Beobachtung von McDonald, ist die Belebung der Weltkonjunktur auch schon im Schiffstransport zu sehen, wo die Frachtraten für Container nach oben gehen.

Für den Agrarsektor beobachtet die FAO die Entwicklung der globalen Exportpreise. Und hier ist die Entwicklung eindeutig: Der FAO-Lebensmittelpreisindex (FFPI) lag im Januar 2021 im Durchschnitt bei 113,3 Punkten. Das waren 4,7 Punkte (4,3 Prozent) mehr als im Dezember 2020 . Gleichzeitig sind die Agrarpreise damit den achten Monat in Folge gestiegen – auf das höchste Preisniveau seit Juli 2014.

Der starke Anstieg im Januar spiegelte vor allem die starken Zuwächse bei den Teilindizes Zucker, Getreide und Pflanzenöle wider. Doch auch die Preise für Fleisch- und Milch haben weiter zugelegt.

Getreidepreise steigen am stärksten

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Der FAO-Getreidepreisindex lag im Januar im Durchschnitt bei 124,2 Punkten, was einem starken Anstieg von 8,3 Punkten (7,1 Prozent) gegenüber Dezember und dem siebten monatlichen Anstieg in Folge entspricht. Die internationalen Maispreise stiegen besonders kräftig und legten im Januar um 11,2 Prozent zu, was einem Anstieg von 42,3 Prozent gegenüber dem Stand von Januar 2020 entspricht.

Dies spiegelt das zunehmend knappe weltweite Angebot mit deutlich kleiner als erwarteten Produktionsmengen und Lagerbeständen in den USA wider. Dazu kommen die gewaltigen Käufe Chinas. Die Besorgnis über die Trockenheit in Südamerika und eine zeitweise Aussetzung der Maisexporte in Argentinien trieben die internationalen Maispreise auf ihren höchsten Stand seit Mitte 2013.

Außerdem stiegen auch die Preise für Gerste im Januar um 6,9 Prozent, unterstützt durch eine festere Nachfrage und die Preiserhöhungen für Mais, Weizen und Sojabohnen. Die Weizenpreise verzeichneten im Januar ebenfalls einen starken Anstieg um 6,8 Prozent. Dies wurde durch die starken Maispreise sowie die starke weltweite Nachfrage und die Erwartung eines Exportrückgangs Russlands beeinflusst, wo sich der Weizenexportzoll verdoppeln wird.

Beim Reis stützte die robuste Nachfrage asiatischer und afrikanischer Käufer in Verbindung mit dem anhaltend knappen Angebot aus Thailand und Vietnam die Exportpreise im Januar weiter.

Pflanzenöl so teuer wie zuletzt vor 8 Jahren

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Der FAO-Pflanzenölpreisindex lag im Januar im Durchschnitt bei 138,8 Punkten, ein Plus von 7,7 Punkten (oder 5,8 Prozent) gegenüber Dezember und damit der höchste Stand seit Mai 2012. Der achte monatliche Anstieg des Index in Folge spiegelte höhere Preise für Palmen-, Soja- und Sonnenblumenöl wider.

Da die Palmölproduktion sowohl in Indonesien als auch in Malaysia aufgrund übermäßiger Niederschläge (und im Fall von Malaysia aufgrund des anhaltenden Mangels an Arbeitskräften) niedriger ausfiel als erwartet, stiegen die internationalen Palmölnotierungen auf den höchsten Stand seit achteinhalb Jahren.

Außerdem stiegen auch die internationalen Sojaölpreise den achten Monat in Folge, was auf eine geringere Exportverfügbarkeit und auch auf die anhaltenden Streiks in Argentinien zurückzuführen war. Bei Sonnenblumenöl waren die anhaltend steigenden Preise auf die anhaltenden weltweiten Versorgungsengpässe zurückzuführen, die auf stark reduzierte Ernten im Jahr 2020/21 zurückzuführen waren.

Milchpreise deutlich höher als im Vorjahr

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Der FAO-Milchpreisindex lag im Januar im Durchschnitt bei 111,0 Punkten, ein Plus von 1,7 Punkten (1,6 Prozent) gegenüber Dezember 2020. Er stieg zum achten Mal in Folge und lag 7,1 Punkte (6,9 Prozent) über seinem Wert im entsprechenden Monat des Vorjahres.

Im Januar stiegen die Preisnotierungen für Butter und Vollmilchpulver (WMP), was durch Chinas hohe Einkäufe im Zuge der bevorstehenden Neujahrsfeierlichkeiten des Landes und wegen der saisonal geringeren Exportmöglichkeiten Neuseelands ausgelöst wurde.

Auch die Preisnotierungen für Magermilchpulver (SMP) stiegen aufgrund der hohen Importnachfrage und der geringeren Produktionsaktivitäten in Westeuropa.

Im Gegensatz dazu fielen die Käsepreise etwas von den Höchstständen im Dezember 2020 zurück, was auf etwas schwächere Verkäufe in Europa sowie auf wachsende Lagerbestände in den Vereinigten Staaten von Amerika zurückzuführen war.

Fleischpreise gehen nach Korrektur wieder höher

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Der FAO-Fleischpreisindex lag im Januar im Durchschnitt bei 96,0 Punkten, ein Plus von 0,9 Punkten (1,0 Prozent) gegenüber Dezember 2020, was den vierten monatlichen Anstieg in Folge darstellt, und um 7,6 Punkte (7,3 Prozent) höher ist als im entsprechenden Monat des Vorjahres.

Der Rückgang im vorigen Jahr resultiert aus dem wieder wachsenden Angebot in China und dem dortigen Preisrückgang bei Schweinen. Im Moment steigen die Preise in China jedoch wieder.

Die internationalen Preisnotierungen für alle Fleischarten, aus denen sich der Index zusammensetzt, stiegen im Januar, wobei die für Geflügelfleisch am stärksten zunahm, insbesondere für brasilianische Herkünfte. Dies wurde durch die lebhafte weltweite Importnachfrage ausgelöst, während der Ausbruch der Aviären Influenza die Geflügelexporte aus mehreren europäischen Ländern einschränkte.

Trotz der hohen Einkäufe Chinas im Vorfeld der Neujahrsfeierlichkeiten des Landes stiegen die Preisnotierungen für Rinder- und Schweinefleisch nur geringfügig an, da das weltweite Angebot ausreichte, um die Nachfrage zu befriedigen. Die Preise für Schafsfleisch festigten sich zum vierten Mal in Folge, was auf das knappe Angebot aus Ozeanien und die starke Nachfrage aus China zurückzuführen war.

Höchste Zuckerpreise seit 2017

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Der FAO-Zuckerpreisindex lag im Januar im Durchschnitt bei 94,2 Punkten, ein Plus von 7 Punkten (8,1 Prozent) gegenüber Dezember 2020. Das ist der höchste Stand seit Mai 2017.

Der Preisanstieg resultierte hauptsächlich aus den Sorgen wegen einer geringeren globalen Verfügbarkeit im Jahr 2020/21, nach schlechten Ernteergebnissen in der Europäischen Union, der Russischen Föderation und in Thailand sowie trockenere Wetterbedingungen in Südamerika.

Weitere Unterstützung für die Zuckerpreise gab der jüngste Anstieg der Rohölpreise und die Stärkung des brasilianischen Real gegenüber dem US-Dollar, was tendenziell die Lieferungen aus Brasilien, dem weltweit größten Zuckerexporteur, bremst.

Die anhaltend robuste weltweite Importnachfrage nach Zucker stützte die Preise weiter. Der Preisanstieg wurde durch die großen exportierbaren Lieferungen aus Indien aufgrund der erwarteten Genehmigung von Exportsubventionen durch die Regierung für die Saison 2020/21 etwas begrenzt.

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