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Geschichte 1453

Der Untergang eines 1000-jährigen Reiches

Die Stadt Konstantinopel war im 15. Jahrhundert der klägliche Rest des einst so mächtigen, 395 gegründeten Oströmischen oder Byzantinischen Reiches. Seit 800 Jahren bildete sie ein christliches Bollwerk gegen den aggressiven Islam. Doch 1453 sah Europa tatenlos zu, wie dieses Bollwerk von einer Übermacht der Türken belagert und erobert wurde.

Es war ein trübseliges Bild, das sich dem jungen Spanier Pedro Tafur 1437 in Konstantinopel bot: „Es gibt nur wenige Einwohner. Sie sind nicht gut gekleidet, sondern elend und arm, gezeichnet von der Härte des Schicksals.“ Die Lage war in der Tat verzweifelt. Seit Ende des 14. Jahrhunderts hatten osmanische Türken den Balkan erobert und das anatolische Vorland im Osten besetzt. Konstantinopel war von allen Seiten eingekreist und nur noch auf dem Seeweg zu erreichen.

1437 unternahm der damalige Kaiser Johannes VIII. eine zweijährige Rundreise durch Europa und wies auf die Türkengefahr hin. Aber er stieß auf taube Ohren, weil alles daraufhindeutete, dass die Osmanen sich mit der Existenz Konstantinopels abgefunden hätten. Immerhin verfügte diese Stadt über die stärksten Mauern der Welt. Sultan Murad II. residierte in Edirne, dem früheren Adrianopel, und benahm sich durchaus friedfertig.

7000 Verteidiger gegen 150.000 Angreifer

Als Murad 1451 starb, änderte sich die Situation vollständig. Sein erst 19-jähriger Sohn Mohammed II. war ein fanatischer Christenhasser. Seine intellektuelle Bildung (er beherrschte sechs Sprachen, darunter Latein und Griechisch) hinderte ihn nicht daran, alle Untertanen mit grausamer Härte zu behandeln.

Schon im Sommer 1451 begannen die Vorbereitungen zur Belagerung Konstantinopels. Ihre mächtigen Stadtmauern waren nur durch Artillerie zu bezwingen, eine Waffengattung, die damals noch in den Kinderschuhen steckte. Kanonengießer und Geschützmeister zählten zu den hochbezahlten Fachleuten. 1452 gelang es Sultan Mohammed II., einen ungarischen Ingenieur zu bestechen, der ihm mehrere riesige Bronzekanonen baute. Die größte war neun Meter lang und verschoss eine Kugel von 650 kg mehr als 1500 Meter weit.

Der oströmische Kaiser Konstantin XI. erkannte die Gefahr und bat in Europa um Hilfe. Doch nur aus Genua und Venedig kamen Soldaten – ganze 700, geführt von dem Genuesen Giovanni Giustiniani. Auch eine Handvoll Spanier unter Francisco de Toledo fand sich ein. Am Ende standen kaum 7000 Mann zur Verteidigung bereit, während die Türken mit mindestens 150.000 Soldaten und einer riesigen Kriegsflotte anrückten.

Ochsengespanne schleifen Kriegsschiffe übers Land

Am 1. April 1453 sichteten Vorposten die ersten türkischen Truppen. Kaiser Konstantin ließ sämtliche Stadttore schließen, die Hafeneinfahrt durch eine eiserne Kette sperren und alle Brücken zerstören, die stadteinwärts führten.

Der Sultan traf am 3. April ein und nun begann ein achtwöchiges Drama. Zunächst beschoss die türkische Artillerie Konstantinopels Mauern. Immer wenn eine Bresche geschlagen war, schickte Mohammed seine „Baschi-Bazuks“ vor, irreguläre Söldnertruppen. Es waren Abenteurer aus aller Herren Länder, bewaffnet mit einem Sammelsurium von Krummsäbeln, Schleudern, Schießprügeln und Bögen. Hinter diesem Kanonenfutter stand eine Reihe „Jassaulen“ (Militärpolizisten), die mit Peitschen und Streitkolben ausgerüstet waren und jeden Fliehenden mit Schlägen zurück an die Front trieben. Erst wenn diese Baschi-Bazuks aufgerieben waren, kam die Elitetruppe der Janitscharen zum Einsatz.

Drei Wochen lang stürmten die Türken gegen die Stadt, doch die präzisen Verteidigungsmaßnahmen des Giovanni Giustiniani erwiesen sich als stärker. Sultan Mohammed musste sich etwas einfallen lassen. Am 22. April schleiften unzählige Ochsengespanne etwa 70 Kriegsschiffe auf Radgestellen übers Land, die dann am Goldenen Horn ins Wasser gelassen wurden. Nun war Konstantinopel auch von der Seeseite bedroht.

Dreitägige Plünderung, vom Sultan genehmigt

Am 28. Mai stellten die Belagerten fest, dass am folgenden Tag der Generalsturm beginnen würde. Kaiser Konstantin begab sich zum letzten Gottesdienst und ließ am Morgen des 29. Mai sämtliche Kirchenglocken läuten. Zwei Angriffe der Türken wurden zurückgeschlagen. Dann gelang es ihnen, die Kerkoporta, ein kleines Ausfalltor, einzuschlagen und in die Stadt einzudringen. Konstantin eilte mit seinem Gefolge dorthin und drängte den Feind zurück. In diesem Moment wurde Giustiniani von einem Kanonensplitter getroffen und sank blutend zu Boden. Unter Freudengeheul drangen die Janitscharen wieder vor, während die Verteidiger ihr Mut verließ. Kaiser Konstantin kämpfte bis zum letzten Atemzug, dann ging er gemeinsam mit seiner Stadt unter.

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Der Sultan erlaubte seinen Männern eine dreitägige Plünderung, die ihnen gemäß islamischer Tradition zustand. Über Konstantinopel brach die Hölle los. „Am Mittag färbten sich Straßen und Gassen rot von Blut“, heißt es im Bericht eines venezianischen Augenzeugen. „Die Häuser wurden geplündert, Frauen, Männer und Kinder vergewaltigt, gepfählt oder auf andere Art umgebracht.“ Die letzten Einwohner flüchteten sich in die Kirche „Hagia Sophia“ (Heilige Weisheit). Sie wurden mitsamt ihren Priestern, welche die Messe lasen, erschlagen oder in die Sklaverei verschleppt.

Bereits nach einem Tag gab es in Konstantinopel nichts mehr zu erbeuten. Sultan Mohammed wartete das Ende der schlimmsten Ausschreitungen ab, dann betrat er am 30. Mai 1453 die Stadt. Vor der Hagia Sophia angekommen, bestieg auf seinen Befehl der oberste Imam die Kanzel und verkündete den Sieg im Namen Allahs. Konstantinopel heißt bis heute Istanbul.

Mehr Anekdoten aus der Geschichte, erzählt von Jan von Flocken, finden sich in dem Buch "111 Geschichten zur Geschichte"

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