Unkonventionelle Lösung eines Konflikts und positiver Neustart zugunsten der außerordentlichen Form des Römischen Ritus in Tirol

Ein Beitrag von Clemens Victor Oldendorf.
Erstellt von Clemens Victor Oldendorf am 12. September 2020 um 19:53 Uhr
Alte Messe - Manipel

Innsbruck (kathnews). Pfarrer Stephan Müller ist ein Innsbrucker Diözesanpriester, der im Verlaufe der vergangenen beiden Jahrzehnte, insbesondere seit dem Motuproprio Summorum Pontificum vom 7. Juli 2007, zunehmend die liturgische Tradition des Römischen Ritus als Mitte seiner priesterlichen Spiritualität und pfarrlichen Seelsorge entdeckte. Leider ging dies in der von ihm betreuten Pfarre nicht ohne Reibungen und Konflikte vonstatten. Als diese ihren finalen Höhepunkt erreichten, habe ich für Kathnews bereits einmal darüber berichtet.

Ein nicht als Traditionalist oder Konservativer bekannter Bischof zeigt traditionsfreundlichen Einfallsreichtum

Bischof Hermann Glettler ist nicht als Konservativer bekannt. Im Gegenteil irritiert sicher nicht wenige sein ausgeprägtes Interesse und Engagement für zeitgenössische Kunst. Seine unzweifelhafte Unkonventionalität kommt aber nun der überlieferten Römischen Liturgie gemäß Summorum Pontificum zugute. Glettler respektiert die Sensibilität, die sich für Pfarrer Müller zu einer Gewissensfrage entwickelt hat. Er hat ihn zwar als Pfarrprovisor von Imsterberg entpflichtet, ihn aber gleichzeitig für die ausschließliche (!) Feier der heiligen Messe und die Spendung der Sakramente nach den liturgischen Büchern von 1962 freigestellt.

Er hat ihm ein bisher nicht mehr besetztes Pfarrhaus in Telfs-Pfaffenhofen als Wohnsitz für sich und seine betagte Mutter, die der Priester pflegt, zugewiesen und ihn ausdrücklich damit beauftragt, an Sonn- und Feiertagen in der bekannten Wallfahrtskirche St. Antonius in Rietz, die unweit von Telfs liegt, die heilige Messe im Usus antiquior zu zelebrieren. Auch werktags hat Pfarrer Müller dort eine Zelebrationsmöglichkeit, kann aber von seinem neuen Seelsorgsauftrag her prinzipiell in der ganzen Diözese hinzugezogen werden, wenn Gläubige das Motuproprio Summorum Pontificum in Anspruch nehmen möchten. In die Seelsorge im ordentlichen Usus ist Müller ausdrücklich nicht länger eingebunden.

Nicht Kirchenrektor, keine Personalpfarre der außerordentlichen Form

Kirchenrektor der Wallfahrtskirche ist Pfarrer Stephan Müller nicht, diese steht auch weiterhin für andere Gottesdienste zur Verfügung. Eine Personalpfarre für die Gläubigen, die die heilige Messe in der älteren Form mitfeiern möchten, wird nicht errichtet, zumal bisher an der Wallfahrtskirche selbst keine stabile Gruppe im Sinne des Motuproprio bestanden hat. Diese drei Aspekte kann man kritisch sehen, sie geben Pfarrer Müller aber umso größere Flexibilität und Bewegungsfreiheit, seine vollständige Freistellung als eine Art Diözesanbeauftragter für die Belange von Summorum Pontificum bistumsweit in ein reges Apostolat zugunsten der liturgischen Überlieferung und der ihr verbundenen Tiroler Katholiken umzumünzen.

Dafür von Vorteil ist nicht zuletzt, dass Pfarrer Müller auch mit der Priesterbruderschaft St. Pius‘ X., die in Innsbruck ein Priorat unterhält und im Dorf Umhausen eine Kapelle betreut, in menschlich gutem Kontakt steht. So kann der Eindruck vermieden werden, seine Aufgabe sei als Konkurrenz zur Piusbruderschaft zu verstehen, die nur Gläubige abwerben wolle, obgleich in der Tat zahlreiche Gläubige, die bei der Piusbruderschaft die heilige Messe besuchen, aus dem Bezirk Imst kommen, wo sich die frühere sowie die künftige Wirkungsstätte des neuernannten Altritusseelsorgers befindet. So können seine früheren Pfarrkinder, sofern sie es möchten, leicht den Kontakt zu ihm halten.

Zuversichtlich stimmt, dass Müller seine neue Aufgabe mit großem Enthusiasmus antritt, sich durch die vorausgegangenen Spannungen nicht in eine Haltung des prinzipiellen Argwohns gegenüber der Diözesanleitung hat drängen oder durch medialen Rummel um ihn nicht hat vergrämen lassen.

Erstes Hochamt in der Wallfahrtskirche Rietz am morgigen Sonntag

Morgen hat die Neuregelung ihren praktischen Start mit einer Missa cantata, die Pfarrer Stephan Müller um 10:00 Uhr in der barocken Wallfahrtskirche zur Unbefleckten Empfängnis und zum heiligen Antonius von Padua in Rietz singen wird. Alle interessierten Gläubigen, neu hinzukommende und alte Freunde der liturgischen Tradition und Pfarrer Stephan Müllers gleichermaßen, sind dazu herzlich eingeladen. Die verkehrsgünstige Lage im Oberinntal ist ein weiterer Pluspunkt des neuen Zelebrationsorts und lässt auf eine rege Teilnahme nicht nur aus Neugierde und am Sonntag des Neubeginns hoffen!

Foto: Manipel – Bildquelle: Berthold Strutz

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