Beschneidung: Israel fordert Rücknahme von Resolution

Israel hat am Freitag die sofortige Rücknahme einer europäischen Resolution zur Fragwürdigkeit von Beschneidungen kleiner Buben aus religiösen Gründen gefordert.

Die Parlamentarische Versammlung des Europarates hatte in dem Dokument die Beschneidung von Buben zusammen mit der genitalen Verstümmelung von Mädchen als Grund „besonderer Besorgnis“ bezeichnet. Die Mitgliedsstaaten des Europarates sollten deshalb das Bewusstsein für Risiken solcher Praktiken fördern und das Kindeswohl in den Mittelpunkt stellen.

„Europarat fördert Hass“

Der Sprecher des Außenministeriums in Jerusalem, Yigal Palmor, betonte, die Beschneidung kleiner Buben sei „von Alters her Teil der religiösen Traditionen zweier wichtiger Religionen, des Judentums und des Islams“.

Das mit der „barbarischen“ Genitalverstümmelung von Mädchen zu vergleichen, sei bestenfalls Ausdruck einer „schockierenden“ Unwissenheit. „Diese Resolution wirft einen Schatten auf den Europarat und fördert Hass und rassistische Tendenzen in Europa“, schrieb Palmor.

In der Resolution hatte sich die Parlamentarierversammlung am Dienstagabend in Straßburg besorgt über „Verletzungen der physischen Integrität“ von Kindern geäußert. Die Versammlung forderte die Europaratsländer auf, eine „öffentliche Debatte“ auch unter den Religionsgemeinschaften über das Thema anzustoßen. Ziel müsse es sein, ein „Gleichgewicht“ herzustellen zwischen den „Rechten und Interessen der Kinder“ sowie den „Rechten und der Religionsfreiheit von Eltern und Familien“.

Sexuelle Verstümmelung von Mädchen verbieten

Die sexuelle Verstümmelung von Mädchen müsse gesetzlich verboten werden, forderte die Versammlung. Bei der Beschneidung von Jungen aus religiösen Gründen müssten klare Vorschriften zu den medizinischen und hygienischen Bedingungen erlassen werden. Des weiteren sollten gewisse Eingriffe erst vorgenommen werden, wenn das Kind alt genug ist, selbst dazu befragt zu werden. Die Parlamentarier äußerten sich auch kritisch zu medizinischen Eingriffen zur Bestimmung des Geschlechts von Kindern sowie zu Piercings, Tätowierungen und Schönheitsoperationen.

Die von der deutschen SPD-Abgeordneten Marlene Rupprecht erarbeitete Resolution wurde mit 77 gegen 19 Stimmen angenommen, zwölf Abgeordnete enthielten sich. Mehrere Parlamentarier, vor allem aus muslimischen Ländern wie der Türkei, verteidigten die religiöse Praxis der Beschneidung. Der Versammlung gehören 318 Abgeordnete aus den 47 Europaratsländern an. Das Gremium hat keinerlei legislative Befugnisse, versteht sich aber als „Gewissen Europas“. Die Versammlung tagt vier Mal jährlich in Straßburg.

Ritual für „Bund mit Gott“

Im Judentum wird durch die Beschneidung der Bund mit Gott geschaffen. Auch säkular lebende Juden unterziehen ihre Söhne diesem Ritual, bei dem den männlichen Säuglingen am achten Tag nach der Geburt die Vorhaut des Penis entfernt wird.

Die Beschneidung wird ausschließlich von zertifizierten Beschneidern (Mohel) durchgeführt, von denen erwartet wird, nach den Vorgaben der Halacha, dem jüdischen Religionsgesetz, zu leben. Neben den religiösen Kenntnissen müssen die Mohalim auch im medizinischen Bereich entsprechende Trainings oder Fortbildungen nachweisen können.

In Österreich straffrei

In Österreich ist die Beschneidung von Knaben aus religiösen Gründen straffrei. Eine vertretungsweise Einwilligung durch die Eltern in eine Körperverletzung (wie die Beschneidung grundsätzlich definiert wird) sei in Österreich auch in strafrechtlicher Hinsicht zulässig, wenn die Maßnahme im Kindeswohl gelegen sei, „wobei es im österreichischen strafrechtlichen Schrifttum derzeit keine Äußerungen gibt, die das Kindeswohl durch eine religiös motivierte Einwilligung in eine Beschneidung gefährdet sehen“, so das Justizministerium dazu.

Freilich wird immer wieder Kritik gegen die Praxis der Beschneidung laut. So kritisiert die Initiative Religion ist Privatsache am Freitag in einer Aussendung zum Thema, in Österreich werde das Kindesrecht auf körperliche Unversehrtheit „mit Füßen getreten, wenn immer dieses den Interessen der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften entgegensteht“.

religion.ORF.at/APA/dpa/AFP

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