„Klaus Gamber: IST DIE NEUE MESSE GÜLTIG?“


Unter dieser Überschrift wurde mir kürzlich per Email eine Abhandlung zugeschickt, bei welcher als Quelle angegeben wird: „(Zitiert nach ‚Zurück zum gemeinsamen Erbe‘, S. 104 - 107) Quelle: Summorum pontificum.de“). Da werden Ansichten vertreten, die man oft seitens konservativer Mitglieder der „Konzilskirche“ vernimmt, wenn es darum geht, die „neue Messe“ trotz aller ihrer schwerwiegenden theologisch-liturgischen Mängel als gültig darzustellen.
Aber wenden wir uns diesem Text zu und analysieren Schritt für Schritt dessen Argumente. Dies ist umso wichtiger, da Klaus Gamber (1919-1989), ein bekannter katholischer Priester und Liturgiehistoriker, das „Liturgiewissenschaftliche Institut Regensburg-Prüfening“ leitete und Kritik an der Durchführung der Liturgiereform unter Paul VI. äußerte, und somit v.a. bei konservativen Katholiken der „Konzilskirche“ hohes Ansehen genießt. Wie haltbar sind nun seine betreffenden Argumente?
1) „Nichts hat zahlreiche gläubige Katholiken mehr in Unruhe versetzt und im Glauben unsicher gemacht als die verschiedentlich aufgestellte Behauptung, die ‚neue Messe’ sei in jedem Fall ungültig. Es sei daher auch nicht erlaubt, einem solchen Gottesdienst beizuwohnen und dabei zu kommunizieren.“
Diese Worte erwecken zunächst den Eindruck, als sei die sprichwörtliche Überbringung einer sog. „schlechten Nachricht“ als irgendwie aufsehenerregender einzustufen als die betreffende schwerwiegende Problematik der „neuen Messe“ selbst. Besteht denn das eigentliche Problem in diesem gesamten Zusammenhang nicht eher darin, dass da seitens des modernistischen Rom eine „neue Messe“ geschaffen wurde, die bedeutsame dogmatisch-liturgische Defizite be-inhalt-et und eben gerade deswegen „zahlreiche gläubige Katholiken in Unruhe versetzt“ hat? Daher sollte man auch das primäre Augenmerk einer sachlichen theologischen Diskussion eher auf diesen wirklich wunden Punkt richten, statt die Menschen einem indirekten Verdacht einer etwaigen unkatholisch-aufrührerischen Gesinnung auszusetzen, die die betreffende Problematik in ihrer aufrichtigen Sorge um das katholische Glaubensgut nur beim Namen nennen und dabei auch die sich daraus logischerweise ergebenden schwerwiegenden Konsequenzen für ihre liturgische Praxis nicht verschweigen!
2) „Man muss sich jedoch ernsthaft fragen, ob der Herr, der seinen Beistand bis zum Ende der Zeiten versprochen hat, es tatsächlich zulässt, dass ein großer Teil der Gesamtkirche, also mehrere 100 Millionen Gläubige, der Gnaden des heiligen Messopfers verlustig gehen.“
Erstens muss festgestellt werden, dass dieses „Argument“ komplett den Boden einer objektiv-seriösen theologischen Diskussion verlässt, da es praktisch ausschließlich mit subjektiven Emotionen operiert und rein menschliche Mutmaßungen des betreffenden Autors zur Grundlage hat. Es ist grundsätzlich nicht unsere Aufgabe bzw. übersteigt bei weitem die sog. Kapazität und Leistungsfähigkeit unseres menschlich-begrenzten Geistes, sich vorzustellen, was der Herrgott „tatsächlich zulässt“ bzw. überhaupt zulassen kann oder nicht!
Außerdem gibt es vieles, was sich die Menschen im Laufe der Geschichte so alles sicher nicht haben vorstellen können, es aber dann trotzdem sozusagen zugelassen wurde. So z.B. dass Jesus Christus, der wahre und eingeborene Sohn Gottes, in eine arme Familie hinein und dann im einem Stall geboren wurde, oder dass Er überhaupt leiden musste (zumal zu Sühne unserer Sünden) und dieses furchtbare Kreuz dann auch freiwillig auf sich genommen hat. Aus den folgenden Worten des hl. Apostels Paulus wird gut ersichtlich, für wie unvorstellbar viele seiner Zeitgenossen einen gekreuzigten Messias gehalten haben: „Freilich gilt die Predigt vom Kreuz denen, die verlorengehen, als Torheit, uns aber, die gerettet werden, als Gottes Kraft. Es steht ja geschrieben: ‚Der Weisen Weisheit mache ich zunichte, verwerfe der Verständigen Verstand.’ … Die Juden fordern Wunderzeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir aber predigen Christus, den Gekreuzigten: für die Juden ein Ärgernis, für die Heiden eine Torheit; für die aber, die berufen sind, ob Juden oder Heiden, Christus als Gottes Kraft und Gottes Weisheit. Denn Gottes ‘Torheit’ ist weiser als die Menschen, und Gottes ‘Schwachheit’ ist stärker als die Menschen.“ (1 Kor 1,18-25)
Offensichtlich hat Gott auch zugelassen, dass dann auch Seine Kirche sich bisweilen furchtbarster blutiger Verfolgungen ausgesetzt sah, die sie dann zahlenmäßig teilweise auch wesentlich dezimiert hatten. Oder dass gefährliche Häresien grassierten und z.B. zu Zeiten des hl. Athanasius sogar den größeren Teil der Christenheit auf ihre Seite zogen. Offensichtlich hat Gott auch nicht verhindert (was die Menschen nämlich zu verantworten haben!), dass ein Schisma zwischen der Ost- und Westkirche entstand und dieser Bruch ihr nicht unwesentlich Schaden zugefügt hat.
Offenkundig sind dann in der Folge der Protestantisierung sehr viele Landstriche sogar komplett vom katholisch-apostolischen Glauben abgefallen. Da gehen heute auf diese Weise leider ebenfalls „mehrere 100 Millionen Gläubige der Gnaden des heiligen Messopfers verlustig“! Sicherlich konnte sich das im 16. Jahrhundert auch so manch einer menschlich gesehen nicht vorstellen. Und trotzdem ist dieser Sachverhalt historische Realität, folgt man jedenfalls der entsprechenden kirchlichen Sakramentslehre! Sollen wir nun auch den Protestantismus künstlich „gesundbeten“, damit man in Bezug auf die Protestanten nicht sagen muss, sie gingen „der Gnaden des heiligen Messopfers verlustig“?
Außerdem kann kein Mensch in voraus wissen, wie Gott alle diese Brüche, Kreuze, Enttäuschungen und Niederlagen dann eventuell auch zu unserem Besten wenden könnte bzw. auf irgendeine nur Ihm bekannte Art und Weise tatsächlich zu unserem Nutzen dreht. Wir haben ja wohl auch schon gelegentlich erlebt, wie sich das, was wir ursprünglich sehr wohl als etwas Schlimmes empfunden und eingestuft haben, später für uns vielleicht sogar als äußerst segensreich erwiesen hat – wenigstens in seinen Teilen, bisweilen vielleicht sogar auch in seiner Gesamtheit! „O Tiefe des Reichtums und der Weisheit und Erkenntnis Gottes! Wie unerforschlich sind Seine Ratschlüsse, wie unergründlich Seine Wege! Denn wer erschließt die Gedanken des Herrn? Wer ist Sein Ratgeber?“ (Röm 11,33f.)
Will denn Gott insofern alle diese „Verluste“, dass Er eine Freude an unserem Leid hätte? Sicher nicht. Nur wissen wir nicht, weshalb Er alle früheren und gegenwärtigen Tragödien zugelassen hat und zulässt, die uns heute das Leben sozusagen schwer machen. Wenn wir nun anfangen sollten zu „argumentieren“, dies oder jenes dürfe nicht sein, weil es unserer privaten Meinung nach nicht sein dürfe oder könne, dann finden wir uns sehr schnell im sog. „Absurdistan“ wieder, in welchem nicht eine auf objektiven historischen Tatsachen aufbauende sachliche theologische Argumentation den Ausschlag gibt, sondern das persönliche Dafürhalten, eine reine Gefühlsduselei, die bei jedem von uns dann natürlich inhaltlich auch jeweils anders aussieht. Dies würde dann nicht nur einen kompletten Bruch mit der seriösen katholischen Theologie darstellen, sondern auch ein wirres und chaotisches Durcheinander einer ganzen Menge an privaten Ideen und subjektiven Meinungen bedeuten!
Und wo wird denn außerdem gesagt, dass die Zahl der glaubenstreuen Katholiken unbedingt eine bestimmte Mindestzahl haben müsse, die auf keinen Fall unterschritten werden dürfe, damit man halt nicht daran zweifeln müsste, Er habe Seiner Kirche „seinen Beistand bis zum Ende der Zeiten“ nicht entzogen? Weder im Neuen Testament noch in den Schriften der Kirchenlehrer ist irgendetwas über irgendeine bestimmte und unbedingt erforderliche Zahl (Quantität) der Gläubigen zu finden, ab welcher man erst über sie als von der von Ihm gestifteten Einen, Heiligen, Katholischen und Apostolischen Kirche sprechen könnte. Jesus kündigt Seinen Aposteln eher an, dass ihnen überall widersprochen und sie Verfolgungen ausgesetzt werden (vgl. Mt 10,16-25).
Natürlich wünschen wir es uns und allen anderen innig, dass die wahre katholische Kirche wieder zu einer großen und zahlreichen Organisation werde, wie sie früher einmal war. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass Jesus Seine Jünger im Evangelium als „kleine Herde“ bezeichnet (Lk 12,32)! Er stellt die Rechtgläubigkeit und die Treue zu Seinen lebenspendenden Worten, die sog. Qualität, eindeutig und unmissverständlich über irgendwelche Mitgliedszahlen und somit die Quantität!
3) „Womit wird die Ungültigkeit des neuen Messritus begründet? Als wichtigstes Faktum werden die Änderungen der traditionellen Konsekrationsworte angeführt. Dabei wird vor allem die (sicher falsche) Übersetzung von “pro multis” (‚für alle’ statt ‚für viele’) in den volkssprachlichen Ausgaben des Missale beanstandet. Durch diese Übersetzung hat bekanntlich die Auffassung moderner Theologen ihren Ausdruck gefunden, dass alle Menschen ohne weiteres das ewige Heil erlangen, weil Christus für das ‚Leben der (ganzen) Welt’ (Joh 6,52) sein Blut am Kreuz vergossen hat.“
Ja, hier wird in Kürze einer der wesentlichen Kritikpunkte am „Novus Ordo Missae“ Pauls VI. zur Sprache gebracht, der diesen Ritus nach der Lehre der katholischen Kirche ungültig macht. Denn das überlieferte Missale Romanum enthält dazu in dem Teil, in dem es über mögliche Fehler bei der Feier der hl. Messe (De Defectibus) handelt, die folgende Erläuterung: „Mängel von der Form her können auftreten, wenn etwas von den Worten fehlt, welche zur Vollständigkeit der zur Konsekration als solcher erforderlichen Worte gehört. Die Worte der Konsekration jedoch, welche die Form dieses Sakramentes bilden, sind die folgenden: Hoc est enim Corpus meum (Denn das ist mein Leib). Sowie: Hic est enim Calix Sanguinis mei, novi et aeterni testamenti: mysterium fidei, qui pro vobis et pro multis effundetur in remissionem peccatorum (Denn das ist der Kelch meines Blutes, des Neuen und ewigen Bundes: Geheimnis des Glaubens, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden). Falls nun aber jemand etwas von der Form der Konsekration des Leibes und Blutes wegnehmen oder verändern würde, (so gilt): wenn eben bei dieser Worte-Veränderung die Worte nicht mehr die gleiche Bedeutung haben, dann würde er das Sakrament nicht vollziehen. Wenn er aber etwas hinzufügen würde, was die Bedeutung nicht ändert, dann vollzöge er (das Sakrament) zwar; aber er würde allerschwerstens sündigen.“ (Haselböck Karl, Freude an der Wahrheit, Nr. 99: Die heiligen Sakramente im Lichte des Obersten Kirchlichen Lehramtes. Wien 1988, S. 18.)
Klaus Gamber gibt selbst zu, dass die „Übersetzung von ‚pro multis’ (‚für alle’ statt ‚für viele’)“ eine „sicher falsche“ ist. Wenn es aber eine falsche Übersetzung ist, dann ist logischerweise der Sinn und die Bedeutung der entsprechenden Worte Jesu Christi verändert worden. Führt ja Gamber aus, dass durch diese falsche Übersetzung der Irrlehre „moderner Theologen Ausdruck“ verliehen wurde, wonach das Blut des Bundes angeblich „für alle … zur“ eben wirksamen (!) „Vergebung der Sünden“ vergossen worden sei, was der Förderung der häretischen Allerlösungslehre gleichkommt! Denn die Konsekrationsworte drücken keinesfalls den allgemeinen Heilswillen Gottes aus, sondern handeln davon, dass Gott im Heiligen Messopfer mit allen jenen Menschen diesen Neuen und ewigen Bund eingeht, die gläubig an dieser Liturgie teilnehmen und so das Bundesblut Jesu Christi über sich mystisch fließen lassen - zur wirksamen „Vergebung der Sünden“!
Weil aber die neuen Konsekrationsworte „nicht mehr die gleiche Bedeutung haben“, so muss man daraus auf der Grundlage der kirchlichen Lehre folgern, dass diese Messen in jedem Fall nicht gültig sein können!
4) „Ferner wird als Beweis für die Ungültigkeit der neuen Messe die Tatsache angeführt, dass in den geänderten Messtexten und in den neuen biblischen Lesungen die Glaubenswahrheiten verkürzt, ja, vielfach im protestantischen Sinn dargestellt würden. Protestantischer Einfluss zeige sich besonders in der Zurückdrängung des latreutischen Elements (Liturgie als Dienst vor Gott) und des Sühneopfercharakters der Messe sowie in der starken Betonung des allgemeinen Priestertums der Gläubigen; bei einem gleichzeitigen Abbau des Weihepriestertums, indem fast nur noch vom “Amt” des Vorstehers der versammelten Gemeinde gesprochen werde. Außerdem sei, so sagt man, in den Gebeten und Gesängen der neuen Liturgie das trinitarische Element, d. h. das Geheimnis der heiligen Dreifaltigkeit, sowie der Gedanke an den gerechten Gott und das Gericht in den Hintergrund getreten. Es wird dabei verwiesen auf die Streichung des ‚Gloria Patri …’ (Ehre sei dem Vater und dem Sohne und dem Heiligen Geiste …) im Introitus und auf die Streichung der bisherigen trinitarischen Schlussformel ‚Durch unseren Herrn Jesus Christus, Deinen Sohn, der mit Dir lebt und herrscht in der Einheit des Heiligen Geistes Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit’ zu Gunsten der auch für einen Arianer passenden Wendung: ‚Darum bitten wir durch Christus unseren Herrn’.
Eine Messe, die nicht mehr, wie der überlieferte Ritus, den katholischen Glauben unverkürzt wiedergebe, ja der Häresie oft erschreckend nahe sei, und in dem außerdem die von früheren Päpsten verbindlich festgelegten Konsekrationsworte geändert seien, könne, so argumentiert man, nicht mehr die Konsekration der Opfergaben von Brot und Wein in den Leib und das Blut des Herrn bewirken.
Darauf ist zu erwidern: Wahr ist, dass im neuen Missale und im neuen Messritus im besonderen eine Reihe wichtiger Elemente des überlieferten Glaubensgutes zu kurz kommen. Wahr ist, dass auch der äußere Ritus eine starke Wandlung mitgemacht hat. Diese macht die modernen dogmatischen Anschauungen auch nach außen hin deutlich, so die Zelebration des Priesters zum Volk hin, sowie die verstärkte Einbeziehung der Laien als Kommunionhelfer und Prediger in die Liturgie – und dies gegen eine fast 2000 jährige Tradition der Kirche. Wahr ist auch, dass der Glaube an den eucharistischen Herrn unter den Gestalten von Brot und Wein heute vielfach neuen unklaren Vorstellungen gewichen ist, wobei die Einführung der Handkommunion in mehreren Ländern diese negative Entwicklung gefördert und zum Schwinden der Ehrfurcht vor diesem heiligen Sakrament geführt hat …“
Ja, es ist wirklich zu fragen, zu welchem Zweck denn alle diese Änderung eingeführt worden sind. Offensichtlich verfolgten die Erfinder der „neuen Messe“ damit schon bestimmte Ziele, die wohl kaum edel gewesen sein konnten, weil sie nicht von einem gesunden katholischen Geist durchdrungen waren. Auch alle jene, die auch heute an einer solchen „Messe“ teilnehmen, sollten sich ernsthaft fragen, welche unkatholische Sache sie allein mit ihrer Teilnahme an dieser „neuen Messe“ fördern bzw. welchen Irrlehren sie damit wenigstens indirekt Vorschub leisten.
5) „Dies alles beweist jedoch noch lange nicht, dass die von einem gläubigen Priester im Gehorsam gegenüber den kirchlichen Vorschriften nach dem neuen Missale gefeierte Messe ohne weiteres ungültig ist.
Warum nicht? Weil es nicht so sehr auf den Ritus, nicht einmal auf den genauen Wortlaut der Konsekrationsworte ankommt – wesentlich ist nur: “Das ist mein Leib”, “Das ist mein Blut” -, sondern auf den Willen (die Intention) des zelebrierenden Priesters, eine gültige Messe im Sinne der Oberlieferung der Kirche zu feiern.“
Nun wird es richtig abenteuerlich. Das obige eindeutige und unmissverständliche Zitat aus dem Missale Romanum selbst widerlegt die Auffassung hier, wonach es bei den Wandlungsworten über den Kelch angeblich nur auf deren Beginn ankomme: „Das ist mein Blut“. Wenn eine bestimmte Formulierung von der Kirche ausdrücklich als Form eines Sakramentes bestimmt worden ist, dann ist es sowohl gegen den Buchstaben als auch gegen den Geist dieser Bestimmung, bestimmte Teile dieses Satzes als unwesentlich und somit als unwichtig zu erklären! Zumal das Missale Romanum auch in seinem Kanon die gesamte als Form der Konsekration über den Kelch bestimmte Formulierung optisch hervorhebt - eben nicht nur deren Beginn! Wer besitzt jetzt mehr kirchliche Autorität: ein einzelner Priester oder das Missale Romanum?
Vor der Approbierung des Missale Romanum durch Papst Pius V. im Jahre 1570 hat auch schon das Konzil von Florenz die uns bekannten Wandlungsworte als Form der Konsekration bestimmt. Denn im „Dekret für die Jakobiten“ vom 04.02.1441 (Denzinger 715) heißt es da nämlich: „Weil jedoch im obenstehenden DEKRET FÜR DIE ARMENIER die Worte der Form nicht ausdrücklich angeführt sind, welche die hochheilige Römische Kirche bei der Konsekration des Leibes und Blutes des Herrn, bestätigt durch die Lehre und durch den Geheiß der Apostelfürsten Petrus und Paulus, immer zu gebrauchen pflegte, so haben Wir diese Form in die vorliegende Bestimmung einzufügen beschlossen. Dieselbe gebraucht für die Konsekration des Leibes Christi folgende Worte als Form: Hoc est enim Corpus meum (denn das ist mein Leib); für die Konsekration des Blutes hingegen: Hic est enim calix sanguinis mei, novi et aeterni testamenti, mysterium fidei, qui pro vobis et pro multis effundetur in remissionem peccatorum (denn das ist der Kelch meines Blutes, des neuen und ewigen Bundes, Geheimnis des Glaubens, das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden).“ (Haselböck Karl, ebd., S. 15.) Somit ist es unkatholisch, lediglich die gekürzte Formel „Das ist mein Blut“ als die wesentliche Form der Konsekration des Blutes Christi zu bezeichnen!
Zumal der Nebensatz immer die genaue Aussage des Hauptsatzes mitbestimmt bzw. dessen eigentlichen Inhalt präzisiert! Jeder von uns würde ja wohl gewaltig Widerspruch einlegen (zu recht!), wenn jemand dem Hauptsatz „Das ist der Kelch meines Blutes“ etwa den Nebensatz hinzufügen wollte: „das für euch und für den Teufel vergossen wird zur Vergebung der Sünden“, oder: „das an sich keine Bedeutung für mein Heilswirken und euer Seelenheil hat“. Die Kirche kann und darf nur bei den von Jesus Christus benutzten Konsekrationsworten bleiben und darf diese auf keinen Fall ihrem Inhalt nach verändern. Sonst wird das Sakrament eben nicht vollzogen - ungültige Messe!
Ebenso theologisch abwegig ist die Auffassung, bei der Messfeier komme es „nicht so sehr auf den Ritus, nicht einmal auf den genauen Wortlaut der Konsekrationsworte an“, sondern wohl primär „auf den Willen (die Intention) des zelebrierenden Priesters, eine gültige Messe im Sinne der Oberlieferung der Kirche zu feiern.“ In seinem Apostolischen Schreiben „Apostolicae Curae“ von 1896 geht ja Papst Leo XIII. der Frage nach der Gültigkeit der anglikanischen Weihen nach und erklärt diese dann wegen eines wesentlichen Defekts in der Form bekanntlich für ungültig. Im Hinblick auf unsere Frage hier heißt es da: „Form und Intention sind ja beide gleich notwendig für das Zustandekommen eines Sakramentes. … Wenn also jemand bei der Bereitung und bei der Spendung eines Sakramentes in ernster Weise Materie und Form gemäß dem Ritus der Kirche gebraucht: so wird auf Grund dessen von diesem angenommen, dass er ohne Zweifel die Absicht hatte, das zu tun, was die Kirche tut. … Hingegen: wenn der Ritus mit der offenbaren Absicht, einen anderen Ritus einzuführen, geändert wird, und das zurückgestoßen wird, was die Kirche tut und was gemäß der Einsetzung durch Christus zum Wesen des Sakramentes gehört: dann fehlt es offenkundig nicht nur an der für das Sakrament notwendigen Intention, sondern es liegt dann sogar eine Gegen-Intention vor, die dem Sakrament feindlich ist und zu ihm in Widerspruch steht.“ (Haselböck Karl, ebd., S. 19.)
Also kann man die innere Intention des Sakramentenspenders, die man sonst ja nicht ohne weiteres kennen kann (!), dadurch erkennen, ob er einen einwandfreien katholisch-apostolischen Ritus verwendet oder nicht. Tut er dies, so wird angenommen, „dass er ohne Zweifel die Absicht hatte, das zu tun, was die Kirche tut“. Man geht von einer gültigen Sakramentenspendung aus! Verändert und verfälscht er aber einen Ritus sogar auf eine solche Weise, dass „zurückgestoßen wird, was die Kirche tut und was gemäß der Einsetzung durch Christus zum Wesen des Sakramentes gehört“ (wozu zweifelsohne auch die richtigen Wandlungsworte gehören!), wird logischerweise nicht nur vom Fehlen einer „für das Sakrament notwendigen Intention“ ausgegangen, sondern sogar auf eine „Gegen-Intention“ geschlossen!
Wenn man aber behauptet, die notwendige Intention könne man auch im Widerspruch zu einer ungültigen Form setzen, dann öffnet man einem gefährlichen Subjektivismus die Tür, wo dann jeder einzelne Priester letztendlich in völliger Unabhängigkeit von der Frage, ob er nämlich einen gültigen katholischen Ritus verwendet, behaupten dürfe, er feiere eine gültige Messe und spende gültig die Sakramente. Dies widerspricht zutiefst der katholischen Lehre von den Sakramenten!
Im Mittelalter ist ein Fall bekannt geworden, in dem ein Priester wegen seiner mangelnden Kenntnis der lateinischen Sprache einmal die Taufe mit der Formel gespendet hatte: „In nomine patria et filia et Spiritus Sancti“ („Im Namen des Vaterlandes und der Tochter und des Heiligen Geistes“). Rom entschied, dass diese Taufspendung gültig war, weil der betreffende Taufspender schon die richtige katholische Intention besaß, weil er auch im Prinzip die richtige Taufformel verwenden wollte bzw. verwendet hat, ihm aber lediglich einige grammatikalische Fehler unterlaufen sind, die dann zufälligerweise den betreffenden absurden Sinn ergaben.
So wäre die Wandlung auch gültig, wenn ein Priester mal versehentlich entweder das Geschlecht oder den Fall eines Wortes in Latein (als liturgischer Sprache, welche ja nicht unsere Muttersprache ist), verwechseln sollte: „Der ist mein Leib“, oder: „Das ist der Kelch meinem Blute“. In diesen Fällen will ja der Ritus nicht geändert werden – er bleibt wie selbstverständlich in seiner Substanz erhalten!
Wenn aber jemand dagegen absichtlich eine inhaltliche Veränderung durchführt, dann kann weder von einem Flüchtigkeitsfehler noch von einem grammatikalischen Irrtum gesprochen werden, sondern mit den Worten von Leo XIII. von einer „Gegen-Intention, die dem Sakrament feindlich ist und zu ihm in Widerspruch steht.“ Und bei keiner Gegenintention kann das betreffende Sakrament gültig gespendet werden!
6) „So finden wir in anderen Riten, sowohl bei den mit dem Papst unierten als auch bei den von ihm getrennten Christen im Orient, einen vom römischen Canon verschiedenen Wortlaut des Einsetzungsberichts, ohne dass irgend ein Theologe je auf den Gedanken gekommen wäre, die Verwendung der Konsekrationsworte dieser Riten bewirkten keine gültige Messe.“
Ja, das alles hier stimmt. Neben dem uns bekannten Römischen Messritus gibt es noch mehrere andere Messriten, die alle auf apostolische Zeiten zurückgehen und von der katholischen Kirche wie selbstverständlich anerkannt wurden. Und auch wenn sie eine jeweils etwas andere Version der Wandlungsworte aufweisen - aufgrund verschiedener überlieferter und in den jeweiligen geographischen Gegenden ursprünglich verfügbaren Schrift-Codices in der Überlieferung der Texte des Neuen Testamentes -, so enthalten diese Versionen immer alle wesentlichen Teile, die nach kirchlicher Lehre unbedingt erforderlich sind!
So lauten z.B. die Wandlungsworte der Koptischen Liturgie: „Nehmet hin und esset alle, dies ist mein Leib, der für euch gebrochen und hingegeben wird für viele zur Vergebung der Sünden. Tut dies zu meinem Andenken!“ bzw.: „Das ist mein Blut, das Blut des Neuen Testamentes, das für euch vergossen und für viele hingegeben wird zur Vergebung der Sünden. Tut dies zu meinem Andenken!“ (Liesel, N., Die Liturgien der Ostkirche. Herder 1960, S. 25.) Und die Äthiopische Liturgie weist da auf: „Nehmet hin und esset, das ist mein Leib, der für euch gebrochen wurde zur Vergebung der Sünden“ bzw.: „Nehmet hin und trinket, dies ist mein Blut, das für euch vergossen wird zur Erlösung vieler“ (Liesel, ebd., S. 47f.)
In allen diesen und anderen analogen Fällen ist neben dem Vorhandensein aller wesentlicher Inhaltselemente auch kein einziger theologisch-inhaltlicher Widerspruch zu finden – weder zu den von sämtlichen Schrift-Codices in ihrem Wesen praktisch einheitlich überlieferten Wandlungsworten Jesu Christi selbst noch zu den betreffenden Inhalten anderer Apostolischer Liturgien! Die einzige berühmt-berüchtigte Ausnahme bildet hier nur der sog. „Novus Ordo Missae“ (mit seinen von Rom offiziell anerkannten falschen Übersetzungen von „pro multis“ in „für alle“ in verschiedenen Volkssprachen), der ja aber bekanntlich auch keinen Apostolischen Messritus darstellt, sondern lediglich eine künstliche Schöpfung modernistisch-häretischer Theologen des 20. Jahrhunderts ist.
7) In den orientalischen Liturgien wird außerdem das eigentlich konsekratorische (die Wandlung bewirkende) Element nicht in den Einsetzungsworten Jesu gesehen – wenn auch diese nie ausgelassen werden -, sondern in der auf den Einsetzungsbericht folgenden Anrufung des Heiligen Geistes (Epiklese), er möge über die Opfergaben herabkommen und sie in den Leib und das Blut Christi verwandeln. Doch war auch dies für die Päpste in den vergangenen Jahrhunderten kein Grund, den Orientalen die Gültigkeit des von ihnen verwendeten Messritus abzusprechen.“
Das stimmt. Dennoch dürfen wir nicht vergessen, dass sämtliche anerkannten „orientalischen Liturgien“ die Einsetzungsworte Christi kennen und man sich da niemals vorstellen könnte, diese entweder komplett zu streichen oder wenigstens irgendwie, geschweige denn essentiell, ihrem Inhalt nach zu verändern! Und darauf kommt es letztendlich an.
Außerdem erfolgte in diesen östlichen Liturgien nie eine formale Festlegung der Form und Materie der Konsekration oder anderer Sakramente, wie dies in Bezug auf den Römischen Ritus geschah (als Folge der scholastischen Theologie des Mittelalters). Somit stuft man bei den Orthodoxen praktisch den gesamten Messritus als wesentlich ein – die Begriffe „Form“ und „Materie“ der Sakramente kennt die östliche Theologie praktisch überhaupt nicht. Somit ist es sachlich auch unzulässig, sich in der betreffenden Frage auf die „orientalischen Liturgien“ zu berufen.
8) „Wir dürfen das eine nicht vergessen: Nicht der Priester ist es letztlich, der die Verwandlung von Brot und Wein bewirkt, es ist vielmehr der Heilige Geist, der dies auf die Bitten des in der Person und Vollmacht Jesu Christi handelnden Priesters tut. Wenn also ein Priester den Willen hat, in der Person und Vollmacht Christi zu handeln, so bewirkt dies ohne Zweifel eine gültige Konsekration, auch wenn er sich dabei der Texte des neuen Messbuchs bedient.“
Ja, es ist sicher der Heilige Geist, der „die Verwandlung von Brot und Wein bewirkt“. Nur geschieht diese nicht irgendwie im luftleeren Raum oder schwärmerisch-undefinierbar, sondern nur mittels des sakralen Dienstes eines konkreten menschlichen Priesters. Und wenn dieser letztere wirklich in der Person Jesu Christi handeln und auch den Heiligen Geist entsprechend wirken lassen will, kann und darf er dabei nur auf die von den Evangelien und den apostolischen Liturgien entsprechend überlieferten Worte Jesu Christi zurückgreifen. Verändert aber der zelebrierende Priester deren Inhalt sogar auf eine solche Weise substanziell, dass sich daraus nicht nur andere, sondern sogar häretische Inhalte ergeben (was Klaus Gamber für die „neue Messe“ ja selbst beklagt), kann er definitiv nicht in persona Christi handeln und u.a. auch eine gültige Konsekration bewirken.

P.Eugen Rissling

 

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