„Vogelschiss“-Vergleich : Seibert: Gaulands Aussagen sind „beschämend“
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„Die nationalsozialistische Herrschaft und das vom NS-Regime ersonnene Verbrechen des Holocaust sind singulär, ein echtes Menschheitsverbrechen“: Regierungssprecher Steffen Seibert zu Gaulands „Vogelschiss“-Vergleich Bild: dpa
Alexander Gauland stellt zwei Tage nach seiner Rede in Thüringen in Abrede, dass er Verbrechen der Nationalsozialisten habe bagatellisieren wollen. Die Empörung über seine „Vogelschiss“-Äußerung hält an.
Die relativierenden Äußerungen des AfD-Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland über die NS-Zeit sorgen weiter für Empörung in Politik und Gesellschaft. Es sei „beschämend“, dass man sich mit solchen Äußerungen eines Bundestagsabgeordneten befassen müsse, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. „Die nationalsozialistische Herrschaft und das vom NS-Regime ersonnene Verbrechen des Holocaust sind singulär, ein echtes Menschheitsverbrechen. Unermessliches Leid war die Folge in vielen Ländern, auch bei uns in Deutschland.“ Deutschland sei nach dem Holocaust nur deswegen wieder ein international geachteter Partner geworden, weil sich die Deutschen zu der „immerwährenden Verantwortung“ für die Verbrechen der Nazis bekannt hätten. Deswegen beginne auch das Grundgesetz mit der Unantastbarkeit der Würde jedes Menschen. „Wer das nicht verstehen will, wer das aufs Spiel setzt, der disqualifiziert sich selbst“, sagte Seibert.
Die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, erklärte: „Gaulands Haltung zeugt von einer menschenverachtenden Ideologie, die in Wahrheit deutschlandfeindlich ist.“ Gaulands Aussage verhöhne „alle Opfer der in der Tat nur zwölf Jahre dauernden nationalsozialistischen Herrschaft. Sie verhöhnt das daraus resultierende anhaltende Leid und die bleibende Trauer, die die Menschen in der Bundesrepublik Deutschland bis heute prägen“.
Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sprach von einer „widerwärtigen und verantwortungslosen“ Rede. Die Worte Gaulands seien mehr als eine Geschmacklosigkeit. Gauland wolle vielmehr gezielt das rechtsradikale Potenzial innerhalb und außerhalb der AfD mobilisieren. Mit solchen Aussagen ziele die AfD auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung, kritisierte der Zentralrat am Montag. Er forderte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) auf, die AfD durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen.
Gauland hatte am Samstag bei einem Kongress der Jungen Alternative für Deutschland im thüringischen Seebach gesagt, Hitler und die Nazis seien „nur ein Vogelschiss“ in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte gewesen.
Der 77-jährige AfD-Fraktionsvorsitzende wandte sich zwei Tage nach seinen Äußerungen mit der Beteuerung an die Presse, es sei nicht seine Absicht gewesen, die Verbrechen des Nationalsozialismus zu bagatellisieren. Er habe in seiner Rede seine „tiefste Verachtung für den Nationalsozialismus mit einem Sprachbild zum Ausdruck gebracht, das für Missverständnisse sowie Missdeutung gesorgt hat“, hieß es in der Pressemitteilung der AfD-Fraktion vom Montag. „,Vogelschiss' ist und bleibt für mich der letzte Dreck, ein animalischer Auswurf, mit dem ich den Nationalsozialismus verglichen habe“, erklärte Gauland. Viele hätten allerdings in dem Begriff eine unangemessene Bagatellisierung gesehen. „Nichts lag mir ferner als einen solchen Eindruck entstehen zu lassen.“ Er bedauere die entstandene Wirkung. Es sei nicht seine Absicht gewesen, die NS-Opfer zu bagatellisieren oder gar zu verhöhnen. Die Äußerungen Gaulands hatten bereits am Wochenende scharfe Kritik bei Holocaust-Überlebenden und in der Politik hervorgerufen.
Unterdessen hat die AfD-Spitze den eigenen Parteinachwuchs dafür gerügt, dass dieser bei seinem Bundeskongress am Wochenende das komplette Deutschlandlied gesungen hat. „Der Bundesvorstand der Alternative für Deutschland (AfD) drückt sein Befremden und seine Missbilligung aus“, hieß es in einer Erklärung vom Montag. Der Mitteilung zufolge hatte eine Mehrheit der Kongressteilnehmer am Samstag im thüringischen Seebach auch jene Strophen des Liedes der Deutschen gesungen, die nicht Bestandteil der Nationalhymne sind.
Zu dem Vorschlag der Nachwuchsorganisation Junge Alternative, bei besonderen Anlässen in Schulen ebenfalls das ganze Deutschlandlied singen zu lassen, äußerte sich der AfD-Bundesvorstand nicht. Zu dem Lied zählt auch die Textpassage „Deutschland, Deutschland über alles“ aus der ersten Strophe.
Der damalige Bundespräsident Theodor Heuss (FDP) hatte 1952 auf Bitten von Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) zugestimmt, das Deutschlandlied als Nationalhymne anzuerkennen. Bei staatlichen Veranstaltungen wurde nur die dritte Strophe gesungen. Nach der Wiedervereinigung wurde dann ausschließlich diese Strophe als Nationalhymne festgelegt.