Ein Jahr Franziskus: „Bereits jetzt ein Reformpapst“

Bald ein Jahr Franziskus: Für viele ist er ein „Reformpapst“. So auch für ORF-Korrespondentin Mathilde Schwabeneder und der Dogmatiker Franz Gruber, die am Monntag über Franziskus’ erstes Amtsjahr diskutierten.

Das authentische Auftreten von Papst Franziskus, seine Bescheidenheit und sein Zugehen auf Menschen an den existenziellen Rändern der Gesellschaft haben ihn schon nach einem Jahr Amtszeit zu einem „Reformpapst“ gemacht: Darin waren sich Schwabeneder, ORF-Korrespondentin in Rom und Gruber, Dogmatikprofessor an der katholisch-theologischen Privatuniversität Linz, bei einer Pressekonferenz des oberösterreichischen Journalistenforums am Montag in Linz einig.

Schwabeneder: „Mauern abgerissen“

Für Schwabeneder hat Jorge Mario Bergoglio bereits Mauern abgerissen, als er am 13. März 2013 beim seinem ersten Auftritt als Papst Franziskus mit einem einfachen „Buona sera“ vor die katholischen Gläubigen trat: „Dieser erste Auftritt am Balkon des Petersdomes hat in den ersten Minuten Emotionen ausgelöst, die ich noch kaum erlebt habe. Papst Franziskus ist ein durch und durch authentischer Mensch.“ Mit ihm sitze jemand in Rom, der es gewohnt sei, weit über den Tellerrand hinaus zu blicken - im Politischen wie Religiösen - und der eine große Offenheit lebe, so die ORF-Korrespondentin.

ORF-Korrespondentin Mathilde Schwabeneder

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ORF-Korrespondentin Mathilde Schwabeneder

Mit Franziskus Papst ist das Bild von der „winterlichen Kirche“ verschwunden, ist auch Gruber überzeugt: „Er hat einen neuen Wind hineingebracht, einen Frühlingswind.“ Ob durch Franziskus noch ein fruchtbarer „Sommer“ kommt, ist laut Gruber noch nicht entschieden. Den könne ein Papst alleine nicht schaffen. Franziskus habe aber bereits jetzt eine Aufbruchsstimmung geschaffen und Freude an der Kirche und dem katholischen Glauben „herübergebracht“.

Franziskus’ Stärke sieht auch Gruber in seiner authentischen Persönlichkeit. Der Argentinier auf dem Stuhl Petri sei ein „schlichter Kirchenmann mit einer großen personalen Stabilität“. Erstaunt zeigte sich Gruber von Franziskus Fähigkeit, „in seiner starken Liebe zur Kirche auch scharfe Kritik anzubringen“. Er sei „nicht für die eine oder andere Sichtweise der Kirche zu vereinnahmen“, so Gruber.

„Im Hintergrund viel Reformarbeit“

Angesprochen auf die hohen Reformerwartungen an den Papst betonten beide Gäste des Journalistenforums, dass der neue Papst zum Beispiel die Frage der Frauenpriesterweihe nicht als vordergründiges Projekt sehe. Im Hintergrund werde derzeit jedenfalls viel gearbeitet in Bereichen wie Kurienreform, Vatikanbank, Güterverwaltung oder zur Vorbereitung der Bischofssynode zu Familienfragen. Gruber: „Wenn Franziskus an der Dezentralisierung weiterarbeitet, ist ihm bereits viel gelungen.“

Auch der emeritierte Linzer Bischof Maximilian Aichern war Gast des Pressegesprächs, er schilderte seine Erlebnisse als Gesandter der Österreichischen Bischofskonferenz bei der Italienischen Bischofskonferenz. Mit den Worten „Ich bin ein Bruder, ich bin der Bischof von Rom. Ich gehöre zu euch und zu eurer Konferenz“ habe Franziskus die Bischöfe bescheiden begrüßt.

religion.ORF.at/KAP