Zerstörung nach Anschlag in Sri Lanka
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Explosionen in Sri Lanka

Zahlreiche Touristen unter den Opfern

Bei den Explosionen in Kirchen und Hotels am Ostersonntag in Sri Lanka sind mindestens 290 Menschen ums Leben gekommen – unter ihnen auch zahlreiche Touristen und Touristinnen. Das Land befindet sich im Schockzustand, doch auch international zeigte man sich über die Ereignisse erschüttert.

Trauer, Wut, Entsetzen, Fassungslosigkeit – das sind die Reaktion der Menschen in Sri Lanka nach den verheerenden Bombenanschlägen auf Kirchen und Luxushotels am Ostersonntag. Unter den 290 Todesopfern befinden sich nach Angaben der Polizei 35 Ausländer und Ausländerinnen aus neun Staaten. Dazu gehörten den Angaben vom Sonntag zufolge Bürger Indiens, der USA, Großbritanniens, Portugals, Dänemarks, Chinas, der Niederlande, Belgiens und der Türkei. Mehr als 500 Menschen wurden außerdem verletzt, teilten die Behörden Sonntagfrüh mit.

Auch 300 Österreicher befinden sich laut Außenministerium auf Sri Lanka. Bis jetzt sei aber nichts darüber bekannt, ob Österreicher auch unter den Opfern sind – die Lage sei aber unübersichtlich. Laut dem Außenministerium in Wien besteht ein „hohes Sicherheitsrisiko von weiteren Anschlägen“. „Bleiben Sie bis auf Weiteres vor Ort und folgen Sie den Anweisungen der Sicherheitsbehörden“, hieß unter den Reiseinformationen zu Sri Lanka auf der Website des Ministeriums.

Hausdurchsuchung nach Anschlag in Sri Lanka
Reuters
Soldaten der sri-lankischen Special Task Force im Einsatz

Acht Explosionen in Kirchen und Luxushotels

Insgesamt kam es am Ostersonntag zu acht Explosionen, sechs davon innerhalb einer halben Stunde. Ziel waren drei Kirchen, in denen Ostergottesdienste stattfanden, in verschiedenen Teilen des Landes, außerdem drei Luxushotels in der Hauptstadt Colombo.

Bei den Kirchen handelte es sich um die St.-Antonius-Kirche in der Hauptstadt Colombo, die St.-Sebastians-Kirche im rund 30 Kilometer von der Hauptstadt entfernten Negombo sowie die Zionskirche in Batticaloa, rund 250 Kilometer östlich von Colombo. Außerdem gab es Explosionen in den Fünfsternehotels Shangri-La, Cinnamon Grand und Kingsbury in Colombo.

Später wurde eine siebente Explosion in einem kleinen Hotel in einem Vorort der Hauptstadt Colombo mit zwei Toten gemeldet. Eine achte Explosion mit drei weiteren Todesopfern ereignete sich am Nachmittag in einer Wohngegend in Dematagoda, einem anderen Vorort Colombos. Nach Angaben der Regierung seien für diese zwei Explosionen vor der Polizei flüchtende Täter verantwortlich gewesen.

„Schreckliche Szenen“ in Kirche

Der Minister für Wirtschaftsreform, Harsha de Silva, schrieb auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, in einer Kirche in Colombo habe es „schreckliche Szenen“ gegeben. Diese sei mit Körperteilen übersät gewesen. Auf Fernsehbildern war zu sehen, wie Einsatzkräfte Verletzte aus einer verwüsteten Kirche trugen.

St. Sebastian Kirche nach dem Anschlag
APA/AP/Chamila Karunarathne
Die St.-Sebastians-Kirche in Negombo

Eine 20 Jahre alte Touristin aus Dänemark, die mit drei Freundinnen in einem Hotel in Colombo untergekommen ist, sagte dem dänischen Rundfunk zur Explosion in der St.-Antonius-Kirche: „Es herrschte Chaos in der Straße, mit Menschen und Rettungswagen überall. Viele der Einheimischen haben die Straße hinunter gezeigt und gesagt, es habe eine Explosion gegeben, und viele seien tot.“

Acht Festnahmen nach „Terroranschlag“

Der stellvertretende Verteidigungsminister Ruwan Wijewardene sagte, es handle sich bei den Angriffen um einen „Terroranschlag“, und dieser sei von religiösen Extremisten verübt worden. Ermittler hätten die Täter bereits identifiziert, so Wijewardene.

Acht Menschen wurden im Zusammenhang mit den Attacken festgenommen, sagte Wijewardene bei einer Pressekonferenz. Nach Angaben der Polizei gab es inzwischen sogar 13 Festnahmen. Bei den Verdächtigen handle es sich um Einwohner des Inselstaats, allerdings gingen die Behörden auch möglichen Verbindungen ins Ausland nach, sagte Regierungschef Ranil Wickremesinghe am Sonntag.

Bisher bekannte sich niemand zu den Angriffen. Staatspräsident Maithripala Sirisena sagte, die Streitkräfte und die Polizei gingen der „Verschwörung“ auf den Grund. Die Oberbefehlshaber der Streitkräfte trafen mehrere Minister zu einer Krisensitzung. Wickremesinghe sagte, die Anschläge „zielten klar darauf ab, das Land zu destabilisieren“. Nähere Informationen über die Hintergründe der Tat fehlen jedoch bis zur Stunde.

Terror in Sri Lanka: Mehr als 200 Tote

Eine Serie von Anschlägen erschütterte am Ostersonntag Sri Lanka. Bei Explosionen in katholischen Kirchen und Luxushotels wurden mindestens 207 Menschen getötet und mehr als 500 weitere verletzt.

Als Reaktion auf die Angriffe verhängte die Regierung noch am Sonntagnachmittag (Ortszeit) eine sofortige Ausgangssperre, die über Nacht gelten soll. Der Flughafen von Colombo ist laut österreichischem Außenministerium jedoch in Betrieb, Passagiere könnten diesen „unter Vorweisung des Flugtickets“ erreichen. Weiters wurde der Zugang zu Sozialen Netzwerken und Messenger-Diensten gesperrt. Die Schulen sollten die kommenden zwei Tage geschlossen bleiben, die Universitäten unbefristet.

Leere Straßen nach Ausganssperre in Colombo, Sri Lanka
APA/AFP/Ishara Kodikara
Die Regierung verhängte eine sofortige Ausgangssperre, auch Schulen und Universitäten bleiben geschlossen

Hinweise auf möglichen Anschlag

Erst vor zehn Tagen hatte Sri Lankas Polizeichef Pujuth Jayasundara vor möglichen Selbstmordanschlägen auf Kirchen und das Indische Hochkommissariat durch die radikalislamische Gruppe NTJ gewarnt. Er berief sich dabei auf Informationen eines „ausländischen Geheimdiensts“. Auch laut Wickremesinghe lagen Sri Lankas Geheimdienst Hinweise auf einen möglichen Anschlag vor. Es müsse untersucht werden, warum keine entsprechenden Maßnahmen ergriffen worden seien, sagte Wickremesinghe in einer Fernsehansprache am Sonntagabend (Ortszeit).

Mahamood Lebbe Alim Mohamed Hizbullah, Minister für Umsiedlungen und Wiedereingliederung, warnte jedoch in einem Interview mit dem malaysischen Nachrichtenportal The Leaders Online vor voreiligen Schuldzuweisungen. „Die Ermittlungen laufen. Aber es gibt keine Beweise gegen eine spezielle Partei, Gemeinschaft oder Gruppe“, betonte der muslimische Politiker.

Internationale Anteilnahme

Außerhalb Sri Lankas zeigte man sich von den Angriffen erschüttert. Bundespräsident Alexander Van der Bellen verurteilte den „barbarischen Akt“: „Die Anschläge in Sri Lanka, auf friedlich betende und Gottesdienst feiernde Menschen und auf Hotelgäste, sind ein schrecklicher und barbarischer Akt. Sie sind auf das Schärfste zu verurteilen“, schrieb er auf Twitter. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) reagierte „tief erschüttert und besorgt“ auf die Angriffe. Auch FPÖ-Außenministerin Karin Kneissl zeigte sich auf Twitter „zutiefst“ betroffen.

Handlos (ORF) aus Sri Lanka

Brigitte Handlos, die Leiterin des ZIB-Chronikressorts, berichtet aus Sri Lanka über die Geschehnisse an Ort und Stelle.

US-Präsident Donald Trump sprach den Opfern sein Mitgefühl aus, der russische Präsident Wladimir Putin sprach von einem „grausamen und zynischen Verbrechen“. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan schrieb: „Das ist ein Angriff auf die gesamte Menschheit.“ EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker sprach den Familien der Opfer sein Beileid aus. Auch UNO-Generalsekretär Antonio Guterres reagierte bestürzt auf die Anschläge. Er hoffe, dass die Verantwortlichen schnell zur Rechenschaft gezogen werden. Der Papst erwähnte die Angriffe in seiner Osteransprache: Er bete für „alle Verletzten und diejenigen, die wegen des dramatischen Ereignisses leiden müssen.“

Sri Lankas lange Geschichte blutiger Gewalt

Der südasiatische Inselstaat ist ein beliebtes Touristenziel, auch für Gäste aus Europa. Nur etwa sieben Prozent der Bevölkerung sind Christen. Die Mehrheit sind Buddhisten, 12,6 Prozent sind Hindus. Der Islam stellt mit einem Anteil von 9,7 Prozent (Stand: 2012) eine weitere religiöse Minderheit in dem Land dar.

Sri Lanka hat eine lange Geschichte blutiger Gewalt gegen und zwischen Religionsgemeinschaften und ethnische Gruppen. Radikale buddhistische Mönche heizen seit Jahren Hass und Gewalt vor allem gegen die muslimische, aber auch christliche Minderheit an. Immer wieder kommt es zu antimuslimischen Gewaltexzessen wie im Mai 2018, als radikale Buddhisten in Kandy Moscheen verwüsteten, muslimische Geschäfte brandschatzten und mindestens drei Menschen umbrachten.

Sri Lankas Bürgerkrieg ging 2009 nach 26 Jahren zu Ende. Die Rebellengruppe Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE) hatte für einen unabhängigen tamilischen Staat im Norden des Landes gekämpft. Die Armee besiegte die Aufständischen schließlich mit aller Härte. Die UNO wirft beiden Seiten Kriegsverbrechen vor.

Sri Lanka ist aber immer noch gespalten zwischen der Politik, Wirtschaft und Militär dominierenden buddhistischen Mehrheit im Süden des Landes und den ärmeren Tamilen, von denen 80 Prozent Hindus, die anderen 20 Prozent Christen und Muslime sind. Weil die katholische Kirche immer wieder die Menschenrechtsverletzungen an den Tamilen angeprangert hat, gelten vor allem die Bischöfe im Norden bei Armee und Geheimdienst als Verräter und Terrorunterstützer.