CDU-Politiker üben scharfe Kritik an der Kanzlerin: Tag der Merkel-Abrechnung

„Partei destabilisiert und entkernt“

Neben Gesundheitsminister Jens Spahn (41, CDU, l.) und Friedrich Merz (65, CDU, r.) kritisierten Kanzlerin Angela Merkel (67, CDU, m.) beim „Deutschlandtag“ auch Vertreter der Jungen Union scharf

Neben Gesundheitsminister Jens Spahn (41, CDU, l.) und Friedrich Merz (65, CDU, r.) kritisierten Kanzlerin Angela Merkel (67, CDU, m.) beim „Deutschlandtag“ auch Vertreter der Jungen Union scharf

Foto: Fabian Matzerath, OZAN KOSE/AFP
Von: Filipp Piatov

Der „Deutschlandtag“ der Jungen Union (JU) wird zum Tag der Abrechnung mit der Ära Merkel!

Am Freitag begann der CDU/CSU-Nachwuchs in Münster mit der Aufarbeitung der historischen Wahlniederlage bei der Bundestagswahl. Im Leitantrag bekommen Kanzlerkandidat Armin Laschet („gegen Widerstand der Parteibasis gekürt“), die Parteizentrale („kreative Ideen erstickt“, „Überforderung“) und das Kommunikationsteam („nicht mehr als Worthülsen“) ihr Fett weg.

► Friedrich Merz (65, CDU) erklärte die Union gar zum „insolvenzgefährdeten, schweren Sanierungsfall“. JU-Chef Tilman Kuban (34, CDU) sprach Klartext: Die Lage der Union könne man „nicht anders als beschissen bezeichnen“.

Doch am Samstag machten Unions- und JU-Politiker klar: Die Gründe für den desaströsen Zustand von CDU/CSU liegen noch tiefer – und fordern eine parteiinterne Aufarbeitung der Merkel-Ära.

Spahn mit Seitenhieb gegen die Kanzlerin

►Den Anfang machte Gesundheitsminister Jens Spahn (41, CDU) mit einer emotionalen Rede. Der Parteivize erklärte Merkels Führungsstil der Partei für beendet. Den Satz „Das ist alternativlos“ wolle er „auf CDU-Parteitagen nie wieder hören“. Immer wieder hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (67, CDU) ihre Politik mit diesen Worten nach innen und außen gerechtfertigt.

Ein weiterer Spahn-Seitenhieb gegen die Ex-CDU-Chefin: Sofort nach einer Parteitagsdebatte im TV zu erklären, dass der Parteitag nichts zu entscheiden habe, dürfe nie wieder vorkommen. Genau das hatte Merkel 2016 getan, nachdem der CDU-Parteitag einen Beschluss zur doppelten Staatsbürgerschaft gefasst hatte – sie verkündete vor laufenden Kameras, den Beschluss nicht umzusetzen.

CDU-Chef sauerrLaschet erteilt Vorstand Handyverbot

Quelle: Reuters

► Auch Carsten Linnemann (44), Chef der einflussreichen Mittelstandsunion rechnete ab: „Wir haben in den letzten zehn Jahren verlernt zu diskutieren!“ Seine Kritik an der Merkel-CDU: „Wir haben Politik aus dem Kanzleramt gemacht! Wir in der Partei müssen die Politik machen, nicht das Kanzleramt!“

Merkel hat CDU „systematisch destabilisiert und entkernt“

Am deutlichsten wird Johannes Winkel (29), Chef der NRW-JU. Seine Knallhart-Analyse: Merkels Parteiführungsstil habe die CDU „systematisch destabilisiert und entkernt“. Der JU-Hoffnungsträger fordert „eine interne Aufarbeitung der letzten 16 Jahre“.

Der NRW-JU-Vorsitzende Johannes Winkel (r., hier mit dem Vorsitzenden der JU Tilman Kuban) übte beim „Deutschlandtag“ der Jungen Union in Münster deutlich Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel

Der NRW-JU-Vorsitzende Johannes Winkel (r., hier mit dem Vorsitzenden der JU Tilman Kuban) übte beim „Deutschlandtag“ der Jungen Union in Münster deutlich Kritik an Bundeskanzlerin Angela Merkel

Foto: Fabian Matzerath

Gegenüber BILD erklärt der JU-Hoffnungsträger: „Um den Politikstil der Union unter Angela Merkel zu beschreiben, haben Politikwissenschaftler den Begriff der ‚asymmetrischen Demobilisierung’ erfunden. Ich finde, dass er zutrifft. Um die Macht zu erhalten, wollte die Union niemandem auf die Füße treten. Unbequeme Themen wurden nicht angesprochen. Konflikte, die sich angedeutet haben, wurden mit viel Steuergeld zugeschüttet.“

Winkels größte Kritikpunkte: Merkels Migrations- und Energiepolitik!

Es gebe „bis heute kein Migrationskonzept“, so Winkel. „Wir haben das Thema nun fünf Jahre lang totgeschwiegen, während Griechenland und andere europäische Länder die Drecksarbeit für uns erledigt haben.“ Der JU-Mann fordert eine klare Positionierung der Union: „Ein klares Ja zur Einwanderung in den Arbeitsmarkt. Und gleichzeitig eine ganz klare Begrenzung der Migration in die Sozialsysteme.“

Zu Merkels plötzlichem Atomausstieg im Jahr 2011 erklärt Winkel: „Der Atomausstieg war keine rational begründete Entscheidung, sondern das Ergebnis einer aufgeregten Debatte.“ Der NRW-Chef der Partei-Jugend fordert eine neue Atom-Debatte: „Und zwar speziell darüber, ob wir nicht einige Jahre später aus der Kernenergie aussteigen sollten, um im Gegenzug die Kohleverstromung in Deutschland so schnell wie möglich zu beenden.“

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