Politik

Große Koalition ohne Netanjahu Gantz erklärt sich zum Wahlsieger in Israel

Er will Ministerpräsident werden: Ex-Armeechef Benny Gantz schlägt ein Treffen mit Amtsinhaber Netanjahu aus.

Er will Ministerpräsident werden: Ex-Armeechef Benny Gantz schlägt ein Treffen mit Amtsinhaber Netanjahu aus.

(Foto: REUTERS)

Die Luft wird dünn für Israels Langzeitregenten: Netanjahus Herausforderer erklärt sich zum Wahlsieger und beansprucht das Amt des Regierungschefs für sich. Mit seinem Bündnis Blau-Weiß will Gantz eine liberale "Einheitsregierung" bilden. Von einem Treffen mit Netanjahu will er nichts wissen.

Nach der Wahl in Israel hat Ex-Militärchef Benny Gantz vom oppositionellen Bündnis Blau-Weiß das Amt des Ministerpräsidenten für sich reklamiert. Er wolle eine "breite, liberale Einheitsregierung" anführen, sagte der 60-Jährige in Tel Aviv. Zuvor hatte ihn der  langjährige Regierungschef Benjamin Netanjahu eindringlich aufgefordert, sich einer großen Koalition seines Likuds mit rechten und religiösen Parteien anzuschließen. Gantz wertete diesen Vorstoß als Finte Netanjahus. "Blau-Weiß hat bei der Wahl gesiegt", sagte Gantz.

Nach der Auszählung von 97 Prozent der abgegebenen Stimmen kommt die Mitte-Rechts-Partei Blau-Weiß von Ex-Generalstabschef Gantz auf 33 Parlamentssitze, Netanjahus Likud nur auf 31. Allerdings haben weder das rechts-religiöse noch das Mitte-Links-Lager eine eigene Mehrheit. Dazu bräuchten sie 61 der 120 Sitze im Parlament. Präsident Reuven Rivlin will am Sonntag mit den Konsultationen zur Bildung der neuen Regierung beginnen.

"Ich werde diese Regierung bilden, mit mir an der Spitze", sagte Gantz vor einem Treffen mit der Parteiführung von Blau-Weiß. "Wir werden allen zuhören, aber wir lassen uns nichts vorschreiben." Rivlin wird ab Sonntag mit Vertretern der im Parlament vertretenen Parteien zusammenkommen. Das Präsidialamt teilte mit, er werde dann mit den Kandidaten sprechen, die von den Parteien für eine Regierungsbildung vorgeschlagen werden.

"Netanjahu nicht bereit, die Wahlergebnisse zu akzeptieren"

Netanjahu äußerte sich enttäuscht darüber, dass Gantz sein Angebot zu einem Treffen ausgeschlagen habe. Gantz' Parteifreund Jair Lapid sagte dazu: "Netanjahu ist offensichtlich nicht bereit, die Wahlergebnisse zu akzeptieren". Israel hat bereits zweimal binnen eines halben Jahres gewählt. Nach der Abstimmung im April war Netanjahu trotz einer Mehrheit im rechts-religiösen Lager bei der Regierungsbildung gescheitert.

In der Vergangenheit gab es in Israel bereits das Modell einer großen Koalition mit der Rotation zweier Regierungschefs. Dabei regierte jeder Ministerpräsident jeweils zwei Jahre. Gantz hatte schon vor der Wahl für eine säkulare Einheitsregierung geworben, aber stets betont, er werde keiner Regierung mit Netanjahu als Regierungschef zustimmen. Als Grund nannte er die Korruptionsvorwürfe gegen den langjährigen Ministerpräsidenten. Dieser muss sich in zwei Wochen einer Anhörung stellen, danach droht ihm eine Anklage in drei Fällen.

Drittstärkste Gruppe wird in der künftigen Knesset voraussichtlich die Vereinte Liste der arabischen Parteien, die auf 13 Mandate kommt. Im Falle einer Einheitsregierung von Likud und Blau-Weiß würde ihr Chef Aiman Odeh der erste arabische Oppositionsführer in der Knesset. Die laizistisch-nationalistische Partei Israel Beitenu (Unser Haus Israel) des Ex-Verteidigungsministers Avigdor Lieberman kann mit acht Mandaten rechnen.

Quelle: ntv.de, mau/dpa/AFP

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