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Steinbrücks Wildwest-Zitate Schweiz bestellt deutschen Botschafter ein

"Inakzeptabel, aggressiv, beleidigend": Finanzminister Steinbrück provoziert Protest der Schweizer Regierung. Weil er das Land im Steuerflucht-Streit mit von der Kavallerie aufgescheuchten Indianern verglichen haben soll, wurde jetzt der Botschafter einbestellt - zum zweiten Mal in einem halben Jahr.

Bern - Wut in der Schweizer Regierung: Axel Berg, deutscher Botschafter in Bern, wurde im Streit um eine Äußerung von Peer Steinbrück ins Außenministerium einbestellt. Grund für die Eskalation: Die Schweizer Regierung wirft dem deutschen Finanzminister im Zusammenhang mit der Diskussion um Steuerflüchtlinge aggressives und beleidigendes Verhalten vor.

Grund sind angebliche Äußerungen Steinbrücks beim Finanzministertreffen anlässlich der Vorbereitung des G-20-Gipfels am Wochenende, in denen er die Schweiz mit Indianern verglichen haben soll.

Der Korrespondent des Schweizer Fernsehens, Peter Balzli, hatte Steinbrück von einer Pressekonferenz mit den Worten zitiert: "Es hat nie eine schwarze Liste (von Steuerfluchtstaaten, d.Red.) gegeben. Es ist nur ein Instrument gewesen, um die Indianer in Angst und Schrecken zu versetzen." Auch andere Schweizer Medien berichteten danach über die Äußerungen. Sinngemäß habe der deutsche Minister gesagt: Man müsse die Kavallerie nicht ausreiten lassen; die Indianer müssten nur wissen, dass es die Kavallerie gibt.

Die führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) hatten gedroht, Staaten, die eine Zusammenarbeit im Kampf gegen länderübergreifende Steuerflucht verweigern, auf einer schwarzen Liste der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) an den Pranger zu stellen. Die Schweiz sagte kürzlich dann eine unter anderem von Steinbrück geforderte Lockerung ihres Bankgeheimnisses zur Enttarnung von Steuersündern zu.

Die Äußerungen Steinbrücks seien "inakzeptabel, aggressiv und beleidigend", sowohl von ihrer Form als auch von ihrem Inhalt her, sagte Außenministerin Micheline Calmy-Rey am Montag in der Fragestunde des Nationalrates, der Hauptkammer des Parlaments. Die Schweiz habe einen wichtigen Schritt zu einer besseren internationalen Zusammenarbeit im Steuerbereich gemacht. "Wir hätten uns eine andere Reaktion von Deutschland auf die Lockerung des Bankgeheimnisses erhofft" - seitens eines Landes, das von den Beziehungen zur Schweiz zum Beispiel bei Migrationsfragen, den Grenzgängern oder sogar der Handelsbilanz profitiere.

Zweiter Eklat binnen eines halben Jahres

Die Zeitung "Blick" betitelte eine Geschichte über die Äußerungen des Finanzministers mit "Steinbrück verspottete unsere Politiker". Die Schweizer Politiker seien im Steuerflucht-Streit "reingefallen", und Steinbrück freue "sich über den gelungenen Trick".

Steinbrücks Äußerungen provozieren erboste Reaktionen. In einem Leserbrief fordert ein Leser, man solle nun "endlich Maßnahmen gegen diese Steinbrück-Machenschaften starten und den feinen Herren in Berlin mal erklären, wie man mit den besten Kunden der Deutschen Industrie umgeht". Steinbrück sei offensichtlich nicht bewusst, wie viele "BMW, VW und Mercedes die Schweizer und Schweizerinnen fahren, beziehungsweise in der Vergangenheit (noch) kauften".

Es ist bereits das zweite Mal innerhalb eines halben Jahres, dass Botschafter Berg sich für Äußerungen des deutschen Finanzministers rechtfertigen muss. Bereits Ende Oktober war er einbestellt worden, nachdem Steinbrück gefordert hatte, dass die Schweiz auf die schwarze Liste der Steuerparadiese gesetzt werden solle und dass künftig nicht nur "das Zuckerbrot, sondern auch die Peitsche" eingesetzt werden müsse. Namentlich das Wort "Peitsche" hatte die Regierung in Bern empört.

fsc/dpa