Großbritannien:Unterhaus lässt Mensch-Tier-Chimären zu

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Das britische Parlament hat ein Gesetz gebilligt, nach dem Wissenschaftler Tier-Mensch-Embryonen und "Rettungsgeschwister" produzieren dürfen.

Es sind umstrittene Forschungsansätze, für die das britische Parlament nun ein Gesetz gebilligt hat: Wissenschaftler sollen Tier-Mensch-Embryonen - sogenannten Chimären - produzieren dürfen.

Und auch die Zeugung sogenannter Rettungsgeschwister wäre demnach erlaubt. Dabei handelt es sich um Kinder, die gezielt gezeugt werden, um dank des ähnlichen Erbmaterials einem kranken Bruder oder einer kranken Schwester zu helfen.

Die Entscheidung hat das britische Unterhaus nach einer monatelangen Debatte gefällt. 355 Abgeordnete votierten bei der Abstimmung am Mittwoch für den Text, 129 Abgeordnete stimmten dagegen. Wenn auch das Oberhaus dem Gesetz zustimmt, könnte das Gesetz schon im November in Kraft treten.

Bereits im Frühjahr hatten britische Wissenschaftler einen Embryo aus menschlichem Erbgut und Eizellen von Tieren geschaffen. Für das Exerpiment hatten die Forscher der Universität von Newcastle eine Sondergenehmigung der Human Fertilisation and Embryology Authority (HFEA) erhalten.

Bei der Bildung von Chimären setzen Forscher das Erbgut einer menschlichen Zelle in die entkernte Eizelle eines Tieres ein. Das Erbgut des entstehenden Embryos besteht zu 99,9 Prozent aus den Genen des Menschen. Doch die Eizelle der Tiere liefert diesem Embryo die Zellkraftwerke (Mitochondrien), die eigenes Erbgut besitzen.

Es sollen keine Babys heranwachsen

Die Experten wollen die Embryos nicht zu Babys heranwachsen lassen, sondern ihnen embryonale Stammzellen entnehmen und damit forschen. Auch die im Frühjahr bekannt gewordenen Embryos aus menschlicher DNA aus Hautzellen und Eizellen von Kühen waren nach drei Tagen zerstört worden. In den USA, in Südkorea und in China fanden entsprechende Versuche ebenfalls bereits statt.

Der Vorteil des Verfahrens ist, dass keine Eizellen von Frauen benötigt werden. Und Eizellen von Tieren sind in nahezu unbegrenzter Zahl aus Schlachthöfen zu bekommen. Der Nachteil: Aufgrund des tierischen Erbmaterials befürchten viele Forscher, dass die Stammzellen bei der Therapie vom Patienten abgestoßen werden.

Auch ein Rettungsgeschwister gibt es schon. In den USA wurde ein Kind gezeugt, um als Knochenmarkspender für ein an Krebs erkranktes Geschwister zu dienen.

In Deutschland sind beide Verfahren verboten. Gegner der Versuche fürchten einen Missbrauch, etwa die Züchtung von Zwitterwesen aus Menschen und Tieren.

Das vom britischen Unterhaus gebilligte Gesetz erleichtert Lesben und Single-Frauen auch den Zugang zur künstlichen Befruchtung. Gesundheitsministerin Dawn Primarolo sagte in der Parlamentsdebatte, das Gesetz könne vielen Paaren helfen, die für die Erfüllung ihres Kinderwunsches auf künstliche Befruchtung angewiesen seien.

Der britische Premierminister Gordon Brown ist ein entschiedener Befürworter des Gesetzes. Sein Sohn Fraser leidet unter Mukoviszidose, einer Krankheit, die eines Tages von der Embryonenforschung profitieren könnte.

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