Anti-Corona-Demos

"Das ist große Comedy"

06:46 Minuten
Demonstranten tragen ein weißes Stoffbanner, auf dem steht: "Merkel wir kommen - 1.8.20 Berlin - Ende des Covid-19-Terrors"
Das angebliche Ende der Pandemie kündigen Initiatoren der Demonstration für den 1. August an. So zumindest lautet das Motto. © imago/Ralph Peters
Friedrich Küppersbusch im Gespräch mit Korbinian Frenzel · 31.07.2020
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Am Wochenende wollen in Berlin Tausende gegen die Corona-Regeln demonstrieren. "Querbommelträger" könne man mit guten Argumenten nicht erreichen, sagt der Journalist Friedrich Küppersbusch. Politikern empfiehlt er eine "rohere Sprache".
Für eine der Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin sind am Samstag rund 10.000 Menschen angemeldet. Aufgerufen hat die Stuttgarter Initiative "Querdenken 711". Deren Motto in dieser Zeit steigender Infektionszahlen lautet: "Das Ende der Pandemie - der Tag der Freiheit".
Muss das erlaubt sein? "Ja, unbedingt,", sagt der Journalist und TV-Produzent Friedrich Küppersbusch. "Die Meinungsfreiheit, Demonstrations- und Versammlungsfreiheit zu leben, vor allem für Leute, die dann bei dieser Demonstration bestreiten, dass es eine Meinungs- und Versammlungsfreiheit gebe, das ist große Comedy. Das wollen wir sehen."
Friedrich Küppersbusch im Porträt
Der Journalist und TV-Produzent Friedrich Küppersbusch© imago / Horst Galuschka
Küppersbusch räumt allerdings ein, dass es ihm Angst mache, "dass mit vernünftigen, guten Argumenten da draußen eine Zielgruppe ist, die du nicht mehr erreichst". Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) habe bereits im März darauf hingewiesen, dass die Verfassungsorgane unter Corona-Bedingungen handlungsfähig bleiben müssten. Es habe auch Überlegungen über ein Notparlament gegeben, über virtuelle Bundestagssitzungen:
"Es erschüttert mich, dass aus dem parteipolitischen, parlamentspolitischen Raum die Vorlagen kommen, all diese Punkte zu diskutieren. Und wenn wir je eine Parallelgesellschaft hatten, dann die der Mühseligen und Beladenen und Querbommelträger da draußen, die das offenbar nicht mitkriegen, dass die Politik noch schneller selbstkritisch war und sagte: Hallo, hier unter Corona-Bedingungen könnte was schiefgehen."

Wo ist die Demonstration der alleinerziehenden Mütter?

Für nicht-radikale Skeptiker sieht Küppersbusch kein geeignetes Forum: "Wo ist die Demonstration der alleinerziehenden Mütter von Drei, die nicht sofort von Irren und Rechtsradikalen in einen Topf geworfen werden?" Ganz offenbar habe der wöchentliche Podcast von Kanzlerin Merkel, in dem sie den Mitbürgerinnen und Mitbürgern immer danke, "überhaupt keine Durchdringungskraft". Da gebe es ein "großes Potential an Unzufriedenheit".
Der Anfang der Pandemie sei eine Einladung gewesen, "Komparsen in einem dystopischen Science-Fiction-Film" zu sein, so Küppersbusch weiter. Doch das Neue und Aufregende sei nun weg und abgeschliffen:
"Es hängt einem zu Halse raus, das kann man auch verstehen. Vielleicht wäre das eine Einladung an die politischen Verantwortungsträger zu sagen: 'Wir verstehen, uns nervt es auch' – also da vielleicht zu einer etwas roheren Sprache zu finden. Das ist ja das, was Radikalinskis jederzeit gratis anbieten: rohe Sprache."
(bth)
Das gesamte Gespräch mit Friedrich Küppersbusch hören Sie hier:

Friedrich Küppersbusch, geboren 1961 in Velbert bei Düsseldorf, ist Journalist, Moderator und Produzent. Seit 1987 arbeitete er als Autor für die WDR-Politiksendung ZAK, die er später auch moderierte. Dafür erhielt er 1991 den Adolf-Grimme-Preis. Von 2000 bis 2006 produzierte Küppersbusch die n-tv-Sendung "Maischberger". Seit 2003 schreibt er die Interview-Kolumne "Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?" für die "taz".

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